Mrs. Greenbird - Mrs. Greenbird
Columbia / Sony
VÖ: 21.12.2012
Unsere Bewertung: 4/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Petra Pan
Die dritte Staffel von "X Factor", die Mrs. Greenbird da just gewonnen haben, war nun wirklich keine echte Herausforderung: Eindeutiger ging es nicht, selbst ein Bohlen hätte hier wohl kein böses Wort finden wollen. Dann noch diese bodenlos miesen Konkurrenten wie die Eskimo-Callboy-Coverband Rune, die doch allen Ernstes mit ihrer Melange aus Sozialdarwinisten-Metalcore und Lumpenproletariats-Dance den popkulturell erschreckend weltfremden Juroren H.P. Baxxter und Sandra Nasic vorgaukeln konnten, das wäre irgendwie originell oder am Ende sogar ... gut. Was soll's, dann schmusen sich Mrs. Greenbird eben wochenlang in einer quasigescripteten Show durch ihr eigenes, nettes Repertoire und zweckentfremden dabei einige Hits auf durchaus originelle Weise: also keine gequälte Gitarre mehr, die den Radiohead-Hit "Creep" so herrlich zersägt und, Gott sei Dank, kein Dilettantismus mehr in "Blitzkrieg bop", dem wohl meistüberschätzten Song der Musikgeschichte.
Tatsächlich, es bräuchte eine schier unmenschliche Disziplin oder ein kaltes Herz gestanzt vom EBM von DAF, um von dieser Harmonie und den verliebten Blicken zwischen Sarah Nücken und Steffen Brückner nicht bezaubert zu sein. Hach, sind die süß. Stellt sich dennoch die Frage, ob der naive Glaube an die Schöpfer auch dazu nötigt, das Geschöpfte wertzuschätzen. Und Liebe allein, das genügt wohl nur noch dieser Nena aus der anderen Castingshow. Kurzum, das Album "Mrs. Greenbird" ist sehr nett, sehr lieblich und sehr konfliktscheu geworden. Mit dieser Sorge, bloß keinem weh zu tun, indem man mehr Gefühlslagen auszuloten versuchte als Vanillaliebe und Peter-Pan-Melancholie, steht sich ihre Musik auf "Mrs. Greenbird" selbst im Weg. Fraglos, Mrs. Greenbird umschiffen allen existenziellen Ernst souverän mit ihrer Mischung aus Country, Pop und Folk. Sie wollen genau das, nur das und schaffen es, ihrem Debüt ihren Stempel aufzudrücken. Das ist nicht wenig für Casting-Gewinner.
Zur löblichen Eigenständigkeit trägt auch die manchmal schmerzhaft fragile Stimme von Sarah Nücken bei, der man fast zum Rauchen plus Whiskey raten will, so kindlich, so rosarot, so entrückt wirkt alles, was sie singt. Ihren Charme entfaltet sie in der Single "Shooting stars & fairy tales", die sich im Vergleich zum Rest an eine fast opulente Instrumentierung wagt. Auch das überrumpelnd putzige "Box of colors" lässt einem keine Wahl: Wer hier skippt, bringt auch Hundewelpen zum Schlachter. Steffen Brückner gab in einem Interview zu Protokoll, man hätte noch einige weitere Songs ausarbeiten wollen, aber das Album hätte schnell fertig werden müssen. Nun, das ist, wieder mal, sympathisch offen, aber noch keine Voraussetzung für ein Album mit Aura und Köpfchen. Und es ist, wie so oft: In einer deutschen Castingshow zu gewinnen, ist der musikalischen Qualität des folgenden Albums nicht zuträglich.
Highlights
- Shooting stars & fairy tales
- Box colors
Tracklist
- Come by
- Blitzkrieg Bop
- Shooting stars & fairy tales
- Box colors
- After all
- Let go
- One little heart
- It will never rain roses
- Love makes you free
- It's always you
- Creep
Gesamtspielzeit: 39:28 min.
Referenzen
Mobilée; Texas Lightning; Boy; Oh, Napoleon; Katzenjammer; Imaginary Cities; Of Monsters And Men; Bell, Book & Candle; The Corrs; Simon & Garfunkel; John Allen; Bob Dylan; Rebekka Bakken; Cat Stevens; Anna Ternheim; Don McLean; The Mamas & The Papas; The Beatles; John Lennon; Joni Mitchell; Mumford & Sons; John Denver; The Eagles; The Monkees; Lee Greenwood; Dolly Parton; Shania Twain; LeAnn Rimes; Taylor Swift; Melissa Heiduk; Nick Howard; Eva Croissant; Gil Ofarim; Rolf Zuckowski
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