Chad Valley - Young hunger
Cascine / Cooperative / Universal
VÖ: 23.11.2012
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
Retromanie
Wem der Name Simon Reynolds etwas sagt, der hat wahrscheinlich auch schon mal was von seinem aktuellen Buch "Retromania" gehört. Kennt man nicht? Auch egal. Wichtig ist nur, dass nach Reynolds' Ansicht die momentane populäre Musik vom Retro-Wahnsinn befallen ist und sich alles auf schon mal Dagewesenes besinnt. Spätestens wenn man die Platte von Chad Valley gehört hat, weiß man, was er damit meint. Chad Valley, der im normalen Leben eigentlich auf den Namen Hugo Manuel hört, sagt selbst von seinem Album "Young Hunger", dass es eine 80er-Platte sei. Und tatsächlich. So ein bisschen fühlt man sich beim Hören zurückversetzt in ein Jahrzehnt, in dem Schulterpolster modern waren und Dieter Bohlen es sich zur Aufgabe machte, zusammen mit Thomas Anders zahlreiche Ohren unschuldiger Hörer mit ihrer sogenannten Musik zu quälen. An den beiden hat sich Chad Valley glücklicherweise kein Beispiel genommen. Aber Valley ist ja auch nicht neu in der Musikwelt und weiß deshalb, worauf es ankommt. Einigen dürfte er als Sänger der Minimal-Pop-Band Jonquil bekannt sein, anderen vielleicht als stolzer Herausgeber auf Solopfaden von zwei EPs. Nach diesen hat er sich nun an elf Songs rangewagt, die er auf "Young hunger" veröffentlicht und die den Synthiepop nochmal aufleben lassen. Alles ein bisschen retro eben.
"Fall 4 you" und "I owe you all this" hätten in jeder Hinsicht vor 30 Jahren genauso in der Disco laufen können. Diese beiden Songs bilden mit "Tell all your friends" nicht nur die Einleitung in den Electric-Synthie-Pop-Dance-Mix, dem auch die anderen Lieder des Albums verfallen sind, sondern sind zugleich auch die stärksten auf dem ganzen Album, was nicht zwangsläufig bedeutet, dass die anderen schlecht sind. Beeindruckend ist in jeder Hinsicht die oft eingesetzte Kopfstimme Valleys, unter anderem zu hören bei "Evening surrender" und "Tell all your friends". Gerade letzteres ist ein Song, bei dem das Zuhören Spaß macht. Der immer mal wieder einsetzende Synthie-Sound und eingängige Claps im Hintergrund spornen den Kopf zum Nicken und die Füße zum Wackeln an. Da Chad Valley offensichtlich die Pop-Ekstase erlangt hat und, wie wir alle wissen, die Texte bei Popmusik oftmals zu kurz kommen, sind auch auf "Young hunger" die Lyrics eher schicht gehalten. So könnte "If you wanna be my girl you gotta get with my friends”, zu hören in "My girl", so in jedem beliebigen Popsong auftauchen. Allerdings ist es ein Unterschied, ob eine solche Textzeile von jemandem vorgetragen wird, der was von Musikmachen sowie -produzieren versteht - siehe Chad Valley - oder ob sie wahllos für irgendein Popsternchen geschrieben wurde - siehe Chartsmusik.
Wo es also vielleicht etwas am Text mangelt, fehlt es nicht an Gasmusikern. So hat sich Valley unter anderem Active Child, Jack Goldstein und Totally Enormous Extinct Dinosaurs als Arbeitsgehilfen an Bord geholt. Da sich der junge Herr aus Oxford mit Musik auszukennen scheint, hat er alles richtig gemacht und die heutige Popwelt, die mit so vielen schlechten Musikern bevölkert ist, ohne Frage bereichert. Wer sich beim ersten Mal Hören noch nicht so ganz anfreunden kann mit der Musik, die einem auf "Young hunger" präsentiert wird, sollte dem Album ruhig noch eine zweite Chance geben. Denn je mehr man hört, desto mehr Hunger bekommt man auf mehr von Valleys Musikkünsten.
Highlights
- I owe you all this
- Tell all your friends
- Fell 4 you
Tracklist
- I owe you all this(featuring Twin Shadow)
- Tell all your friends
- Fell 4 you (featuring Glasser)
- My girl (featuring Jack Goldstein)
- Evening surrender (featuring El Perro Del Mar)
- Interlude
- Up & down
- Young hunger
- Fathering mothering (featuring Anne Lise Frokedal)
- My life is complete (Totally Enormous Extinct Dinosaurs)
- Manimals (featuring Active Child)
Gesamtspielzeit: 42:44 min.
Referenzen
Jonquil; Active Child; Trophy Wife; Chromeo; Beat Connection; Erasure; Gary Numan; Pallers; Twin Shadow; George Michael; Blackbird Blackbird; I Break Horses; Eurythmics; Depeche Mode; Tear For Fears; Prince; Billy Ocean; Clock Opera; Prins Thomas; The New Division; Summer Heart; Million Young; The Temper Trap; Still Flyin'; Totally Enormous Extinct Dinosaurs; M83; Lindstrøm; Miike Snow; George Michael; Billy Ocean