Jason Collett - Reckon

Arts & Crafts / Rough Trade
VÖ: 09.11.2012
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10

Neunundneunzig Prozent
Ihr kennt das. Da macht man mal bei so einer Supergruppe mit, und jedes Mal, wenn man dann etwas Eigenes heraus bringt, nerven die Leute damit, dass die Supergruppe schon lange nichts mehr veröffentlicht hat. Der Fluch des Kollektivs. Jason Collett hat bestimmt in der Rezension zu "Rat a tat tat" gelesen, dass er eine der geschätzt siebenundneunzig Gitarren bei Broken Social Scene bedient und sich von einhundertvierundfünfzig anderen Mitstreitern bei seinen Soloalben helfen lassen hat. So schlimm kann das mit dem Kollektiv also auch nicht sein.
Schließlich ist Gemeinschaft ein Wert für sich. Es geht nämlich darum: wir da unten, die da oben. Stand neulich auf Twitter und im Beipackzettel Deiner Halloweenmaske. Collett ist natürlich einer von den Guten, einer von uns, einer von den 99 Prozent. Also ließ er sich von der Occupy-Bewegung nicht nur einen gehörigen Zorn aufschwatzen, sondern machte aus dem inneren Aufruhr gleich ein reichlich angefressenes Album draus. Der Trick dabei: "Reckon" klingt so dermaßen entspannt, als sei die Welt da draußen völlig in Ordnung. Was selbstredend völliger Quatsch ist.
Umso so unquatschiger ist die Musik auf "Reckon". Mit "Pacific blue" träumt sich Collett in einen Streicherhimmel. Danach lässt er für den satten Springsteen-Groove von "Jasper Johns flag" die Gitarren twangen und taumelt dann beseelt noch eben in einen kurzen Sechs-Achtel-Takt. "King James rag" wirft dann nur textlich die Perlen vor die Säue, weil hier herrlich verspielter Siebziger-Jahre-Pop balzt, wie ihn sonst nur noch Wilco so prima hinbekommen. "Lala lala / Lala lala." Nuff said.
Colletts Songs lassen sich keine Zeit. Die meisten formulieren ihre Idee in knapp zwei Minuten und haben dann schon fertig. So landet das ergreifende "Ask no questions" mit knorriger Leidenschaft mitten im Herz, und nur "When the war came" spielt mit beatleskem Hall und sufjanschem Klingeling auf Zeit. Obwohl die Vielzahl der 15 Songs grob als Americana durchgeht, wuppen das verstrahlte "You're not the one and only lonely one" oder der Kapitalismus-Reggae "I wanna rob a bank" munter vom Teller. "Even Jesus would say it's okay / To want to rob a bank." Und weil wir ja alle sowieso den Kollektivismus wollen, gibt's als Geschenk auf einem zweiten Tonträger noch elf handverlesene "Essential cuts" aus dem eigenen Schaffen dazu. Collett meinte, die Welt sollte Songs wie "We all lose one another" oder "Long may you love" noch mal hören. Recht hat er. Da gilt dann auf für uns nur noch eins: Occupy iTunes.
Highlights
- Ask no questions
- Where things go wrong
- Song of the silver haired hippy
- Don't let the truth get you
Tracklist
- CD 1
- Pacific blue
- Jasper Johns flag
- King James rag
- Sailor boy
- Ask no questions
- You're not the one and only lonely one
- Miss Canada
- Talk radio
- I wanna rob a bank
- Where things go wrong
- Song of the silver haired hippy
- Black diamond
- My daddy was a rocknroller
- Don't let the truth get you
- When the war came home
- CD 2
- Bitter beauty
- Blue sky
- We all lose one another
- Hangover days
- I'll bring the sun
- No redemption song
- Charlyn, angel of Kensington
- Brother
- Long may you love
- Love is a dirty word
- Every night
Gesamtspielzeit: 82:44 min.
Referenzen
Ryan Adams; John Vanderslice; Bob Dylan; Tom Petty & The Heartbreakers; Wilco; My Morning Jacket; Iron & Wine; Beck; Ken Stringfellow; R.E.M.; Calexico; Counting Crows; Toad The Wet Sprocket; World Leader Pretend; Ron Sexsmith; Michael Penn; Pete Yorn; Howie Day; Josh Ritter; Donavon Frankenreiter; Howie Beck; Josh Rouse; Jack Johnson; The Wallflowers; The Thorns; Ben Kweller; Gavin DeGraw; Nada Surf; Grandaddy; Jason Lytle; Electric Light Orchestra; Mott The Hoople; Bruce Springsteen & The E-Street Band John Lennon; The Beatles; Brendan Benson; The Raconteurs; Jack White; Brendan Canning; Kevin Drew; Broken Social Scene
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