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Corin Tucker Band - Kill my blues

Corin Tucker Band- Kill my blues

Kill Rock Stars / Cargo
VÖ: 02.11.2012

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 4/10

Einer mehr als keiner

Wie klingt die Stimme der einen ohne die der anderen? Nach dem vorläufigen Ende von Sleater-Kinney war das vielleicht nicht die zentrale, durchaus aber eine interessante Frage. Denn da sich Corin Tucker und Carrie Brownstein Zeit des Bestehens der Riot-Grrrl-Supergroup die Zeilen dermaßen widerborstig und dynamisch um die Ohren schlugen, lag die Vermutung nahe, dass auf getrennten Wegen etwas Wichtiges fehlen würde. Tucker oder Brownstein also? Nun, um die Sache abzukürzen: Spannungsgeladen, selbstbewusst, soeben noch betörend, jetzt schon kurz vor enervierend - stets war Tuckers Stimme Sleater-Kinneys prägnantestes Take-or-leave-it. Und deshalb war im Grunde nicht nur von vornherein klar, wer diesen Kampf gewinnt. Sondern auch, dass eben dieser von Anfang an ein ungleicher war.

Obwohl Brownstein mit Wild Flag gewiss ein respektables Debut hingelegt hat und zudem für eben dieses mit Ex-Sleater-Kinney-Kollegin Janet Weiss die wohl beste Schlagzeugerin (nicht nur) des Riot-Grrrl mit an Bord hatte, bannt "Kill my blues" den Beweis nun erstmals auch auch Tonträger. Denn Tucker kannte die Schwäche und baute vor: Seit dem Debüt der Corin Tucker Band "1,000 years" bedient Sara Lund für sie die Felle. Eben diese saß bereits tief in den 1990er Jahren für Unwound, Kill Rock Stars' Finest, hinter der Schießbude und versorgte sie mit ebenso viel Punch und Groove wie dem einen oder anderen verzickten Noise-Rock-Arrangement. Auf "Kill my blues" kann sie all das sehr gut gebrauchen. Was heißt: Das Zweitwerk der Corin Tucker Band ist unter anderem auch eine enorm groovende Angelegenheit.

Das zeigt sich bereits bei den eröffnenden "Groundhog day" und "Kill my blues". Beide Songs sind mit Riffs ausgestattet, die sowohl hüpfen als auch poschütteln können, und Tucker tirilliert sich dazu altbewährt durch Bridges und Refrains. Da vibrieren die Vokale teils wie Kolibri-Flügelschläge, und Mini-Kiekser zu jedem zweiten Zeilenende stellen klar, dass es so lange weiter geht, bis selbst die klirrende Disco-Punk-Gitarre von "Neskowin" mitgesungen ist. Unter all dem aber sitzt Lunds ebenso tight geschlagenes wie in allerlei Offbeats versenktes Schlagzeug. Es verleiht den Songs genau die Körperlichkeit, die Tuckers Stimme trotz ihrer Größe vielleicht ein wenig abgeht - kein Problem, wenn sie wie bei Sleater-Kinney Weiss oder heuer eben Lund im Rücken hat.

Doch auch sonst haben Tucker und Band aus "Kill my blues" einiges herausgeholt. Erstmals in der Nach-Sleater-Kinney-Ära rollt das hier wie selbstverständlich. "I don't wanna go" und "No bad news" machen ein wenig mehr Rabatz als die restlichen Kleinode in Indie-Rock plus Soul plus Funk und schließen zu Sleater-Kinneys noch deutlich punkiger geprägter mittlerer Phase auf. Passt, denn da Tucker ihren Joey-Ramone-Fetisch auch 17 Jahre nach "I wanna be your Joey Ramone" keineswegs überwunden hat, gibt es mit "Joey" eine weitere Hommage, allerdings ohne Standtom-Viertel oder Barreegriff. Stattdessen läutet der Song das letzte, ins untere Midtempo abgestufte Viertel des Albums ein.

"Outgoing message" und "Blood, stones, and sand" zeigen dabei, dass Tucker ihre Stimme nach wie vor balladesk entspannten kann, wenn die Klaviere und Melodien so schön perlen wie hier. Da das aber kein angemessenes letztes Wort für diese so frisch herausgespielte Platte ist, springt "Tiptoe" schlussendlich in einen verschleppten Dinosaur-Jr.-Kopfnicker, dem Tucker und Gitarren-Kollege Seth Lorinci anständig Solo-Backenfutter geben. Tucker vs. Brownstein vs. Weiss: Nicht nur stimmlich und musikalisch, sondern vor allem energetisch ist "Kill my blues" ein Triumph auf ganzer Linie. Besser geht das wahrlich nur zu dritt.

(Tobias Hinrichs)

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Highlights

  • Groundhog day
  • Kill my blues
  • No bad news tonight
  • Blood, bones, and sand
  • Tiptoe

Tracklist

  1. Groundhog day
  2. Kill my blues
  3. Neskowin
  4. I don't wanna go
  5. Constance
  6. No bad news tonight
  7. Summer jams
  8. None like you
  9. Joey
  10. Outgoing message
  11. Blood, bones, and sand
  12. Tiptoe

Gesamtspielzeit: 41:58 min.

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