Delilahs - Greetings from Gardentown

Jazzhaus / In-Akustik
VÖ: 12.10.2012
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10

Zug calling
Popmusik will manchmal nicht mehr sein als "Fun, fun, fun", siehe Noah And The Whales "5 years time", manchmal aber auch die Suggestion einer kleinen richtigen Oase im falschen großen Ganzen. Popmusik aus der Schweiz ist jetzt nicht dafür bekannt, dass sie irgendetwas will, doch zwei Frauen und zwei Männer aus dem Schweizer Kanton Zug haben alles daran gesetzt, mit melodischem Powerpop die Antinomie Pop und Schweiz zu überwinden und nannten sich The Delilahs. Und wer hat's erfunden? Na, das waren dann eher die Briten, denn viel hat dieser unbeschwert leichte, in den Rock übergehende Pop von fast vergessenen Britpop-Epigonen wie Sleeper oder Echobelly, die mit laszivem Frauengesang gefallen konnten und die britischen Single-Charts im Sturm eroberten. Hinzugefügt sei hier, dass der Vierer gendertechnisch ausgeglichen ist.
Die Delilahs haben irgendwann das "The" auf die Indie-Müllhalde geworfen und spielen nun auf ihrem zweiten Album "Greetings from Gardentown" schnörkellosen Pop. Das Video zur Vorabsingle "Melting gaze" ist ein nahezu lupenreines Bandvideo und zeigt Sängerin Muriel Rhyner an der Gitarre. Wenn momentan ein Desiderat der Popmusik existiert, dann ist es die Frau an der Gitarre. Die Delilahs spielen hier ihre Reize clever aus. Aber nicht nur die! Auch die 13 + 1 Songs erklingen in einem fabelhaften Sound. Diese bewegen sich zwar oftmals auf einem schmalen Grat zwischen Plagiat und triumphaler Selbsterfindung, können jedoch ausfalllos überzeugen und machen Spaß, Spaß, Spaß oder besser Freude, um nicht auf RTL2-Niveau abzusinken.
Man kann das ganze Treiben passend zur Herkunft als zugig bezeichnen. Das Tempo wird meist hoch-, die Gitarren knapp unter dem Anschlag gehalten. Dann kommt ab und an so etwas banal Skurriles wie "What should I wear? / The skirt, the skirt! / But heads will explode! / Overload, overload!" im "Skirt song" heraus. Die Dopplung, damit jeder mitbekommt, um was es hier geht, um was es hier geht! Die Delilahs bleiben jedoch stets auch dann überwältigend, wenn sie die Geschwindigkeit drosseln und auf normales Schweizer Tempo umschalten. "Mirrors" fährt sogar galant Streicher auf und überzeugt durch Melodieseligkeit, ohne in ein ausbordendes Pathos zu verfallen, wie es bei vielen Vorbildern der Fall war.
Ähnlich wie viele Britpop-Bands kreieren Delilahs mit dem Song "Long way to Gardentown" und dem gesamten Album "Greetings from Gardentown" eine Hommage an ihre Heimatstadt und errichten die eingangs erwähnte kleine Oase in der großen, weiten Welt. Am Ende bringen sie das Album mit "Bring me love back", das anfangs an The Cures "Inbetween days" erinnert und später in einem grandioses Finale mündet, zu einem perfekten Abschluss. Danach kommt nur noch der Bonustrack "Hell & back again". Wir sind hier zwar nicht in Manchester, Delilahs, doch Eure Grüße aus der Gartenstadt machen die Welt ein winziges Stück besser.
Highlights
- Melting gaze
- Mirrors
Tracklist
- Oh no, not again
- Hey lovers (It's time)
- Melting gaze
- Heroes in heels
- Ends
- Skirt song
- Mirrors
- Coma
- Hell & back
- Coming closer
- Follow the rain
- Long way to Gardentown
- Bring me love back
- Hell & back again (Bonus track)
Gesamtspielzeit: 51:11 min.
Referenzen
Echobelly; Sleeper; Elastica; Powder; The Long Blondes; Veronica Falls; Bis; The Kills; Yeah Yeah Yeahs; Kraków Loves Adana; Dubstar; Saint Etienne; The Slits; Pop Group; The Liverbirds; Catatonia; Blur; Gene; Kenickie; The Sugarcubes; Ladytron; Róisín Murphy; Moloko; Broadcast; Morcheeba; The Cardigans; A Camp; Vivian Girls; La Sera; Beach House; Sons & Daughters; WU LYF; Frankie Rose; Pulp; The Divine Comedy; Blondie
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- The Delilahs (14 Beiträge / Letzter am 11.02.2013 - 09:27 Uhr)