Daphni - Jiaolong
Jiaolong / Al!ve
VÖ: 12.10.2012
Unsere Bewertung: 8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Der perfekte Schaltkreis
Nach einem ausgedehnten Radiohead-Konzert ist die erste Anlaufstelle für die meisten Besucher wohl nicht gleich der Dancefloor. Da wollen erst einmal eine Menge Eindrücke verarbeitet, der Welt vom vergangenen musikalischen Großereignis berichtet und vielleicht auch die eine oder andere Träne verdrückt werden, bevor die Feierlaune wieder Überhand gewinnen kann. Insofern war es gut, dass Dan Snaith alias Caribou während der vergangenen Radiohead-Welttournee nicht nach, sondern vor Thom Yorke und Kollegen die Bühnen betreten hat - zumal ihm die Aufgabe des Stimmungsanheizers Freude bereitet haben dürfte. Und obwohl seine poppig-groovenden Elektronik-Gewächse auf den ersten Blick gar nicht wirklich ins Radiohead-Schema zu passen scheinen, war es genau diese Zeit, in der Snaith den Wunsch entwickelte, der Tanzfläche noch näher zu kommen - und das obwohl schon Caribous Alben bekanntlich die Schnellstraße in Richtung Tanzbein auswendig kennen. Snaith war sich sicher: sein Alter-Ego Daphni sollte aus den 2009 gestrickten Kinderschuhen gehoben werden und mit einem ersten Album noch tiefer in Club-Gefilde eindringen.
Und eins kann man dem Kanadier tatsächlich nicht vorwerfen: Der neue Name Daphni soll nicht einfach ein altes Produkt wieder schmackhaft machen. "Jiaolong" klingt entschieden anders als Caribou, trägt aber trotzdem den unverkennbaren Stempel von Dan Snaith. Was er als Daphni neu genießen möchte, ist die Faszination des DJ-Daseins mit all ihrer Freiheit und Spontaneität. Das drückt sich musikalisch vor allem in einer deutlichen Reduktion des Pop-Anteils aus, der zuletzt auf "Swim" noch ein Kernbestandteil war. Im Gegenzug lässt Snaith seine Liebe zur Weltmusik endlich allen Spielraum zur Entfaltung. So zum Beispiel gleich im Opener "Yes, I know", der Buddy Miles' "The segment" sampelt. Was Miles vor über 40 Jahren ersann, verwebt Daphni in ein wahnsinnig gutgelauntes Funk-House-Brett, das gleich zu Beginn jedem Körperklaus den berühmten Stock aus dem Allerwertesten zieht.
Weitergetanzt wird zu Afro-Beats in "Ne noya", bevor es schlagartig minimalistischer wird und das sehr stimmige "Ye ye" in spätnächtlicher Ekstase davonrauscht. In unendlicher Wiederholung rezitiert, treiben die Worte des Songtitels einen bunten House-Beat voran und durch die Clubs der Welt. Ganz anders, aber nicht minder fesselnd, geht "Ahora" über die Ohren direkt ins Blut und auch das wilde Sample-Gefrickel in "Springs" macht großen Spaß. Dass einige der Stücke dieser Kollektion schon längere Zeit durch die Plattenregale mancher Sammler geistern, stört nicht, weil Daphni sie hier alle zu einem äußerst runden Gesamtwerk zusammenfügt. Beeindruckend souverän hält der promovierte Mathematiker die Balance aus Minimalismus und Ideenreichtum und schafft es, auch mit Rückblick auf die beiden Caribou-Alben, bei aller Variabilität eine angenehme persönliche Note zu behalten. Mach' einfach genau so weiter, Dan, wir tanzen - nenn Dich, wie Du willst.
Highlights
- Yes, I know
- Ye ye
- Ahora
Tracklist
- Yes, I know
- Ne noya
- Ye ye
- Light
- Pairs
- Ahora
- Jiao
- Springs
- Long
Gesamtspielzeit: 47:53 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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gurkensalat |
2012-10-31 14:44:20 Uhr
daphnus |
SD |
2012-10-28 19:24:38 Uhr
Petr!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! Du lebst noch. |
Körperklaus |
2012-10-28 14:05:09 Uhr
deutlich im oberen drittel der neusten elektro-veröffentlichungen anzusiedeln. kommt aber an caribou nicht heran. nette platte, teilweise wirklich übertrieben genutze gesangssamples, abgefahrene ethno-einflüsse...8/10 geht in ordnung. |
petr |
2012-10-28 14:00:27 Uhr
ein wort: schrecklich |
Eletro Oscho |
2012-10-28 13:59:24 Uhr
Klingt ähh interessant. Stellenweise sind die eingestreuten "Gesangs"-Samples wie bei Ne Noya etwas penetrant und unnötig, aber sonst find ichs schon ziemlich gut. Vor allem Ye Ye fetzt voll ab. Yo Yo. |
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Referenzen
Caribou; Manitoba; Buddy Miles; Cos-Ber-Zam; Theo Parrish; Blawan; Four Tet; Mala; Juju & Jordash; Jam City; Nathan Fake; Holy Other; Teengirl Fantasy; Trentemøller; Matthew Dear; Trevino; Zenker Brothers; Bonobo; Matmos; Mouse On Mars; Pachanga Boys; Jon Convex; Levon Vincent; Floating Points; Bicep
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