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Bernadette La Hengst - Integrier mich, Baby

Bernadette La Hengst- Integrier mich, Baby

Trikont / Ritchie / Indigo
VÖ: 21.09.2012

Unsere Bewertung: 5/10

Eure Ø-Bewertung: 5/10

Tussi Riot

Okay, faulheitsmotiviert vorgeschobenes Hausfrauentum kann man ihr wirklich nicht vorwerfen, eine Frauenquote hat sie so nötig wie die Bundeskanzlerin finanzielle Geschlechtergleichstellung, und das Wort "Herdprämie" würde sie allerhöchstens als Lacher am Rande in ein Theaterstück einbauen. Nein, Bernadette Hengst ist keine Bilderbuchfrau, die täglich dreimal das Parkett schrubbt und dem Mann im Haus nach beendeter Büroschicht im allabendlichen Trott einen dampfenden Teller Fleisch mit Sauerkraut serviert, einfach weil es sich so gehört. Bernadette ist sich selbst Hengst genug um mehr in die Hand zu nehmen, als es sämtliche superergonomische Bürodrehstühle in den Manageretagen dieses Landes aushalten würden. Als ehemaliger Teil der im Jahr 2000 aufgelösten Band Die Braut Haut Ins Auge gilt sie als Mitbegründerin der Hamburger Schule, hat sich zwischenzeitlich mit Musikpromotion und Booking verdingt und wandelt seit 2002 auf Solopfaden durchs Musikgeschäft. Dass ihre Bewerbungen an Schauspielschulen im Teeniealter ohne Erfolg blieben, sieht sie heute positiv, die Begeisterung für die Bühne hat sie sich aber nicht nehmen lassen: Als Komponistin, Librettistin oder künstlerische Leiterin ließ sie mehrere Theater- und Opernproduktionen unter ihren Fittichen wachsen, und 2011 feierte "Integrier mich, Baby!" am Hamburger Thalia-Theater Premiere.

Das vom Ausrufezeichen abgesehen gleichnamige Album erscheint ein knappes Jahr später und schreibt, wie auch das Theaterstück, ein Thema besonders groß: Integration. La Hengst selbst liebt es, in der Gruppe zu arbeiten, anstatt sich als Einzelkämpferin zum Ziel durchzuschlagen. "Integrier mich, Baby" ist also zunächst die ernstgemeinte Aufforderung einer Powerfrau an ihr (Arbeits-)Umfeld, der Titelsong jedoch bezieht diese zumindest vordergründig ganz und gar auf die Liebe. Trotzdem steckt mehr dahinter: La Hengst hat im Gefängnis musiziert, mit jugendlichen Strafgefangenen im Theater inszeniert und einen Chor aus obdachlosen Menschen zum Singen gebracht. Sie hat eine ganz genaue Vorstellung davon, wie das mit der Integration ablaufen soll: Rollenmodelle und Stereotypen gehören vermieden oder parodiert, und eine gewisse Form von prekärem Leben sollte jeder Mal gespürt haben, La Hengst selbst kann das eine oder andere Lied davon singen. "Grundeinkommen Liebe" zum Beispiel, das gesanglich von Labelkollege Rocko Schamoni unterstützt wird, der sich im Theater ebenfalls gut auskennt. Das nächste La-Hengst-Bühnenstück ist nebenbei auch schon in Planung: "Bedingungsloses Grundeinsingen" soll es heißen.

Während die Theaterbühne in ihren Stücken häufig von Laiendarstellern bespielt wird, zeigt La Hengst sich selbst längst als Profi. Ihre Lieder - und dieses Wort passt hier so gut wie selten in dieser Welt aus Songs und Tracks - sind eine Mischung aus klassischem Songwriting Liedermachertum, Chanson und Elektropop und allesamt wohldurchdacht zwischen feministisch, politisch-rebellisch und naiv. Musikalisch allerdings zeigt sich "Integrier mich, Baby" überraschend unspektakulär. Alles ist irgendwie hübsch und nett gemacht, lässt sich gut durchhören, verzichtet aber auf Überraschungsmomente und kompositorische Glanzstücke. Dass La Hengst in "Schafft die Leidenschaft ab", einem der stärkeren Stücke der Platte, dazu aufruft, "mehr Langeweile an die Macht" kommen zu lassen, sollte wohl lieber nicht auf die musikalische Gestaltung ihres neuesten Werks bezogen werden - davon abgesehen überzeugt die Nummer aber ähnlich wie auch "Liebe im öffentlichen Raum" durch Wortwitz und Unaufgeregtheit. Generell sind es die Texte, die "Integrier mich, Baby" vor dem Scheitern bewahren. Gänzlich langweilige Stücke wie "Verhangen" oder "Happy End" haben es aber leider auch auf die Platte geschafft, an manchen Stellen ging es mit dem Integrationswillen wohl etwas zu weit. Inwieweit er "Integrier mich, Baby" in den heimischen Plattenschrank integrieren will, ist glücklicherweise jedem Hörer selbst überlassen. Und im Zweifelsfall heißt es dann: "Ich verstaube, Baby!"

(Konrad Spremberg)

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Highlights

  • Schafft die Leidenschaft ab
  • Liebe im öffentlichen Raum

Tracklist

  1. Deine eigene Art
  2. Integrier mich, Baby
  3. Ich bin drüber weg
  4. Haus im Ozean
  5. Das träge Glück
  6. Verhangen
  7. Grundeinkommen Liebe
  8. Schafft die Leidenschaft ab
  9. Transformacion
  10. Rolling role models
  11. Happy end
  12. C'est l'amitié
  13. Liebe im öffentlichen Raum
  14. Liebe teilen

Gesamtspielzeit: 50:09 min.

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