Deep Time - Deep Time
Hardly Art / Cargo
VÖ: 27.07.2012
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
Ein Fiebertraum
Kennt jemand zufällig eine Band namens Yellow Fever? Falls nicht, war es mehr oder weniger für die Katz, was Jennifer Moore und Adam Jones unlängst widerfuhr. Das Duo aus Austin führte nämlich genau diesen Namen, bevor es sich in Deep Time unbenennen musste. Vermutlich weil eine andere Gruppe ältere Rechte geltend machte - zumindest lässt das Label verlauten, das Ganze sei aufgrund von "legal issues" geschehen. Und so etwas kennt man ja spätestens, seit Santigold nicht mehr Santogold heißen darf, weil einem südamerikanischen Enthaarungsartisten - oder was der Mann auch immer Bedeutungsloses verzapft haben mag - ihr Alias nicht passte.
Moore und Adams machten das Beste draus: Sie nahmen unter neuem Namen ein Album auf und hüpften schon bald als vom Friedhof ausgebüchste Gespenter mit Betttüchern über dem Kopf durch ihr Video. Wie geistreich. Gleiches gilt für die knochentrockenen, aber überaus reizvollen Lieder ihres Debüts: Statt sich über die erlittene Unbill aufzuregen, bleiben Deep Time die Ruhe selbst, wenn sie ihr Instrumentarium aus knarzenden Gitarren, Dampforgel und klingelnden Percussions aufbauen. Dazu jubiliert Moore im Tonfall einer entgeisterten Sirene über aufregende Abenteuer mit Ritter Ivanhoe oder King Kong und halluziniert sich fröhlich ins Bermudadreieck oder auf Gilligans Insel.
Der rumpelig spröde Sound lässt dabei abwechselnd an Stereolab ohne ausladende Kraut-Ambitionen oder Prinzhorn Dance School im Schwitzstudio statt in einem unbeheizten Kellerloch denken. Nicht gerade die Voraussetzung für große Hymnen, doch Deep Time drehen sich ohnehin lieber wuselig um sich selbst, zersägen bei "Bermuda triangle" oder "Horse" knirschend die Saiten und legen in "Coleman" einen aufgekratzten Keyboard-Veitstanz auf engstem Raum hin. Und plötzlich sind dank verquerer Strukturen und übers Knie gelegter Harmonielehre auch notorische Pop-Deformatorinnen wie Micachu oder tUnE-yArDs nicht mehr weit.
Doch es geht auch anders: Der skelettierte Hit "Clouds" streicht die Anti-Rockismen aller No-Waver von The Velvet Underground bis Sonic Youth auf einem Bierdeckel zusammen, während sich Moore mittels widerstreitender vokaler Einsätze auf jedem Kanal in ständiger Links-rechts-Zwiesprache mit sich selbst befindet. Aber vielleicht erzählt sie sich gerade auch nur einen Witz, den sie noch nicht kannte. Und spätestens beim fiebrigen Klimpern des hyperaktiven Psych-Klopfers "Gold rush" erklärt sich auch die ursprüngliche Namensgebung von selbst. Hibbelig und tiefenentspannt zugleich - Deep Time sind groß im Dazwischen auf diesem kleinen, aber feinen Album.
Highlights
- Coleman
- Clouds
- Gold rush
Tracklist
- Bermuda triangle
- Sgt Sierra
- Coleman
- Clouds
- Homebody
- Gilligan
- Gold rush
- Marathon
- Horse
Gesamtspielzeit: 32:18 min.
Referenzen
Micachu & The Shapes; Cibo Matto; Prinzhorn Dance School; Young Marble Giants; Battant; Stereolab; Electrelane; Lower Dens; Friends; The Dø; The Fiery Furnaces; tUnE-yArDs; Kevin Blechdom; Pylon; St. Vincent; Tegan And Sara; Wild Flag; Marine Girls; Everything But The Girl; Brassy; Sleater-Kinney; Laika; Helium; Pram; Moonshake; Broadcast; Blonde Redhead; Sons And Daughters; Pretty Girls Make Graves; The Kills; Quix*o*tic; The Aislers Set; Experimental Dental School; Letting Up Despite Great Faults; Lali Puna; Deerhoof; The Mae Shi; Thao With The Get Down Stay Down; Donderevo; Islands; The Unicorns; Opossom; Bush Tetras; The Slits; Liliput; Girls At Our Best!; Lizzy Mercier Descloux; Braids; Monade; Au Revoir Simone; Chinawoman; Metallic Falcons; The Luyas; Dusted; Evangelicals; Ariel Pink’s Haunted Graffiti; Dean Blunt & Inga Copeland; Asobi Seksu; Pizzicato Five