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Haven - Between the senses

Haven- Between the senses

Virgin
VÖ: 22.04.2002

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Der sechste Sinn

Sehen, hören, schmecken, tasten, riechen. Augen, Ohren, Zunge, Finger, Nase. Hell, leise, süß, weich, frisch. Ist das wirklich alles? Alles, mit dem der Mensch seine Umwelt erfassen kann? Es scheint so. Und doch gibt es menschliche Fähigkeiten, die all denen überlegen sind. Die nicht die Umwelt wahrnehmen, sondern die Innenwelt. Das Herzstück, im wahrsten Sinne des Wortes.

Haven sind beileibe nicht die ersten, die ihre Musik diesem sechsten Sinn widmen, aber vielleicht die überzeugtesten. Kein unnötiges Flirren vernebelt die Seele, kein Elektrobeat bringt das Tanzbein in Bewegung, keine Metapher verleitet zum versehentlichen Denken. Haven sind Puristen. Sie sprechen nicht durch die Blume, sie mimen selbst eine. Und schälen sich Lage für Lage, wie frisch gepflückt. Sie liebt mich, sie liebt mich nicht. Sie liebt mich, sie liebt mich nicht. Sie liebt mich nicht.

Am Ende ist die Blüte gerupft, und der Stengel im gleichen Winkel geknickt wie die Köpfe der vier Briten, die als geborene Verlierer dastehen. Und statt ihrer Briefmarkensammlung führen sie in der ersten Single "Say something" dem Objekt der Begierde gleich eine ganz andere, eigenwilligere Kollektion vor: "I spent my time collecting all the scars" singt Gary Briggs und öffnet bereitwillig die Schatulle. "I won't say anything 'cause I don't mean it / Won't make a promise 'cause I won't keep it" klagt er, wenn er schon dabei ist, und suhlt sich im Selbstmitileid wie ein Ferkel nach der Schlammlieferung. So viel Aufrichtigkeit ist entwaffnend. So entwaffnend, daß die britische Presse den Song bereits im Februar voreilig als Schnulze des Jahres vorschlug. Voreilig deswegen, weil man die anderen Stücke auf "Between the senses" noch nicht gehört hatte.

Haven sind nicht nur unglaublich direkt, sondern dabei auch kitschig bis zur Penetranz. Sie erklimmen mit "Between the senses" nicht nur die nach oben offene Scott Stapp-Pathos-Skala, sondern auch andere Extreme: So viel stimmliche Akrobatik war in den letzten Jahren höchstens von Matthew Bellamy oder Jeff Buckley zu hören. So viele besorgniserregende Wasserstandsmeldungen übers eigene Seelenleben höchstens von Keith Caputo und Maximilian Hecker. So viele zartschmelzende Melodien höchstens von Coldplay oder Travis. Und so viel Herzschmerz? Von niemandem.

Im Nachhinein kann man kaum glauben, daß Haven mit der auch nicht gerade als Frohnatur bekannten Smiths-Legende Johnny Marr im Studio überhaupt zu produktivem Arbeiten gekommen sind. Aber Tatsache ist: In der Pause zwischen kollektivem Strickeknüpfen und Giftcocktailmischen, zwischen Jammern und Lamentieren, zwischen Altewundenlecken und Neuewundenaufreißen haben Haven ein außergewöhnliches Debüt aufgenommen. Und ganz nebenbei noch etwas gefunden: den Sinn des Lebens.

(Armin Linder)

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Highlights

  • Say something
  • Til the end

Tracklist

  1. Beautiful thing
  2. Where is the love
  3. Say something
  4. Out of reach
  5. Still tonight
  6. I need someone
  7. Til the end
  8. Lately
  9. Let it live
  10. Is this bliss
  11. Keep on giving in
  12. Holding on

Gesamtspielzeit: 55:44 min.

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