Blaudzun - Heavy flowers

V2 Benelux / Soulfood
VÖ: 24.08.2012
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

Ohne Schrecken
Neues aus der Kategorie "Was wurde noch nicht besungen?" und ihrer Untergruppierung "Tiere". Hat jemand, der nicht die Botanik sein Fachgebiet nennt oder der Zoologie zugewandt ist, schon mal was von Zikaden gehört? Nee? Ging dem Rezensenten auch so. Nach Studieren des Lexikons stellt sich heraus: Es sind Insekten, die gelegentlich mit Heuschrecken verwechselt werden, von denen es 40.000 Arten gibt und die an Pflanzen saugen. Möglicherweise ist es das Mode-Tier 2012 in den Niederlanden oder einfach Blaudzuns animalische Präferenz.
Der Niederländer, der eigentlich Johannes Sigmonds heißt und sich den Nachnamen eines dänischen Radfahrers als Pseudonym zu eigen gemacht hat, erwähnt die Zikaden im Titel des nur gut zweiminütigen Stücks "Le chant des cigales". Demnach klingt ihr Gesang nach Arcade Fire, zumindest setzt der Track dort musikalisch an. Erst auf den letzten Sekunden, nachdem der Song schon ausgeblendet wurde, zirpt es aus dem digitalen Gras.
Größte tierische Konkurrenten der kleinen Insekten auf Blaudzuns drittem Album "Heavy flowers" sind Rüsselträger: In "Elephants" geht es um ein Mädchen, das mit den Dickhäutern spricht. Der Track stapft auch gleich mit großen Schritten zu E-Gitarre, Cembalo, Bläsern und sägenden Streichern voran. Die spätere Bearbeitung "Elephants (Nocturne)" strahlt deutlich mehr Ruhe aus und erhält durch die Lap-Steel-Gitarre eine Country-Schlagseite.
"Flame on my head" baut zunächst mit Piano, Streicher und Rassel eine federleichte Spannung auf und stellt Sigmonds mantraartiger Bekundung "I wanna go" stete Handclaps zur Seite. Das schwermütige "Heavy flowers" bespielt eine angetäuschte Ennio Morricone-Kulisse mit Banjo und Bläsern: "Heavy flowers we become / These dying hours / Heavy flowers / Light my day, light my way." Das spielerische Pfeifen im Hintergrund versucht den Kraftakt zu kaschieren, aber "We both know" tankt mit jeder Sekunde neue Energie, damit der Antriebsmotor weiter hochtourig läuft.
Manchmal bleibt Blaudzun auch einfach Singer-Songwriter, und so glänzen "Solar" oder "Monday" als kleine intime Perlen. Andere Songs sollen ausbrechen, sich intern verbal-instrumental duellieren, vor Akkordeonklängen nicht zurückstecken und wie auch live im Oktett funktionieren. Dann spaziert "Heavy flowers" durch den Park voller Folk-Sträucher, Singer-Songwriterwiesen, pathetischen Popseen und leinenloser Indierockhunde, während Get Well Soon und Bart Constant Enten mit Brotkrumen füttern. Applaus der Zikaden: Sie können nun endlich raus aus dem Lexikon und wieder hinein ins Gebüsch.
Highlights
- Flame on my head
- Elephants
- Heavy flowers
- Le chant des cigales
- Another ghost rocket
Tracklist
- Flame on my head
- Elephants
- Heavy flowers
- Le chant des cigales
- We both know
- Solar
- Who took the wheel
- Monday
- Le chant des vagues
- Sunday punch
- Another ghost rocket
- Elephants (Nocturne)
Gesamtspielzeit: 40:34 min.
Referenzen
Get Well Soon; Bart Constant; Tim Migrant; Andrew Bird; Naked Lunch; The Acorn; Arcade Fire; Owen Pallett; Beirut; My Heart Belongs To Cecilia Winter; Alcoholic Faith Mission; Ryan Adams; We Invented Paris; We Are Trees; King Creosote; My Latest Novel; Damien Jurado; Dear Reader; Dan Mangan; The Dears; Slut; Fyfe Dangerfield; Fanfarlo; Patrick Wolf; Bright Eyes; The National; Tindersticks; Jens Lekman; Loch Lomond; Ennio Morricone; Bon Iver
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