Plan B - Ill Manors
Atlantic / Warner
VÖ: 17.08.2012
Unsere Bewertung: 8/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
Wo die Straßen einen Namen haben
Als am 6. August 2011 zahlreiche Autos brannten und die Medien die "London Riots" ausriefen, war klar, dass dies nachhaltigen Eindruck hinterlassen würde, auch auf das Bild des "Working Class Hero" der Briten. Zahlreiche Menschen hatten Verständnis für den Zorn und die Wut der Jungen. Weniger gut kam an, dass M.I.A. zwischenzeitlich twitterte, gerade Tee für die Randalierer aufgesetzt zu haben. Doch die künstlerische Aufarbeitung erschöpft sich zum Glück nicht nur in der Provokation. Schon Speech Debelle hat mit ihrer letzten Platte "Freedom of speech" die Thematik angesprochen. Und auch bei Plan B schlummert diese Geschichte unter "Ill Manors", das zugleich drittes Album als auch Soundtrack zum gleichnamigen Film ist, aber auch bestens ohne bewegte Bilder funktioniert.
Der Zynismus der ersten Zeilen des Titeltracks zeichnet sowieso die schärfste Komposition der Situation. Die Hook mit dem reichlich angepissten Benjamin Paul Ballance-Drew alias Plan B rollt über die Streicher, die einst Peter Fox' "Alles Neu" so kantig machten. Doch dazu rührt Plan B einen amtlichen und trockenen Beat an, der für Momente die Kraft zurückhalten kann, wenn seine Zeilen über die Takte gehen. Im Film selbst stehen die unterschiedlichen Tracks für verschiedene Geschichten, doch jedes der Stücke auf "Ill Manors" ist ein Teil dieses Panoramas, das sich in der Pfütze nahe des Bordsteins spiegelt. "Pity the plight" läuft an einem Piano vorbei, das sich in seiner sturen Melodie erschöpft, bevor ein Streit ausbricht. Dieses Sample führt einen bis aufs Unangenehmste an die Szene ran. Wenn die Stimme von John Cooper Clarke einsetzt, erscheinen seine Zeilen ein ganzes Stück auswegsloser, brutaler, ehrlicher. Dass Plan B für diese Aufnahme die Soul-Kiste auf ein paar Momente reduziert, ist nur die logische Konsequenz. Die Sprache aus diesen Gegenden kennt nur die Härte, die den Menschen jeden Tag selbst begegnet.
Es sind die Straßen, die einen Namen haben, die gemieden werden sollen, Geschwüre, die an den Städten hängen und als schlechtes Gewissen dort liegen. "There's no way back from here / On out / Only one place left to go." In "Deepest shame" lädt Plan B seine Stimme auf und das, was auf "The defamation of Strickland Banks" noch säuselnde Unterhaltung war, verkommt zu Hoffnungslosigkeit. Die Prinzessin von einst muss von ihrem Thron steigen und vergeht. Träume, Wünsche und Ideen zerschlagen sich beim Aufprall auf den Asphalt. Mit Glück kehrt die Reste jemand zusammen und entsorgt sie. Plan B findet genau dort seine Geschichten, die nicht gehört wurden. Vermischt mit Beats, Bandsounds und Samples hat er geschafft, woran so viele andere scheitern: Authentizität. Plan B ist eine Stimme, die sowohl leidet als auch anklagt. Die Türme aus Grau ziehen sich hoch und dazwischen läuft ein Rinnsal von Menschen, die nicht wissen, wohin sie sollen. Mantelkragen hochschlagen und die Beine in die Hand nehmen: Das ist mit "Ill Manors" nicht mehr. Und auch nie wieder.
Highlights
- Ill Manors
- Pity the plight (feat. John Cooper Clarke)
- Live one (feat. Kano)
Tracklist
- Ill manors
- I am the narrator
- Drug dealer (feat. Takura)
- Playing with fire (feat. Labrinth)
- Deepest shame
- Pity the plight (feat. John Cooper Clarke)
- Lost my way
- The runaway
- Great day for a murder
- Live one (feat. Kano)
- Falling down
Gesamtspielzeit: 46:05 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Demon Cleaner |
2012-08-22 09:30:00 Uhr
Ziemlich irritierend, das Quasi-Cover von Peter Fox am Anfang. Das Album ist aber schon gut, wenn auch bisher nicht ganz eine 8/10 für mich. |
humhumxx |
2012-08-22 01:06:49 Uhr
Gut, der Mann. Würde ihm ein bißchen mehr Publicity gönnen, bislang ist er bloß der Liebling der anglo-amerikanischen links-liberalen Feuilletons. "ill Manors" als Album der Woche hätte ein Anfang sein können.Unbedingt bitte sein (hier nicht rezensiertes) Debüt hören, "Who Needs Actions..." |
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Referenzen
Kano; The Streets; Akala; Professor Green; Wretch 32; Rizzle Kicks; Dizzee Rascal; Wiley; Roll Deep; Jamie T; Public Enemy; The Roots; Mos Def; Talib Kweli; Roots Manuva; Nneka; Ms Dynamite; Sway; Devlin; Lowkey; Giggs; Skepta; Brother Ali; Atmosphere; Sage Francis; B. Dolan; Jammer
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