Phillip Boa & The Voodooclub - Loyalty
Cargo
VÖ: 10.08.2012
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Der treue Freund
Westliches Westfalen und östliches Ruhrgebiet kommen aufs Gleiche hinaus. Ein Umstand, der Brian Viglione recht sein wird - Hauptsache, es gibt dort genug Leute, mit denen man etwas auf die Beine stellen kann. Etwa Paul Wallfisch, den musikalischen Leiter des Dortmunder Schauspiels, auf dessen Botanica-Album "What do you believe in" Viglione zuletzt zu hören war. Oder eben Phillip Boa, den missmutigen Indie-Veteran aus der Westfalenmetropole Dortmund, bei dem der Drummer der auf Eis liegenden Dresden Dolls nun als neuestes Voodooclub-Mitglied und Co-Produzent mitmischt. Wobei der Begriff Drummer an Understatement grenzt: Viglione spielt auf dem 17. Studioalbum der Rasselbande sämtliche Instrumente, die er in die Finger kriegen kann. Unter anderem auch Schlagzeug. Gar keine schlechte Idee.
Boas neuer Mitmusiker hat nämlich offenbar beträchtlichen Anteil daran, dass "Loyalty" ausgesprochen gut vom Start wegkommt: Sowohl im unbekümmerten Einstieg "Black symphony" als auch beim Titelstück sorgt flinkes, robustes Drumspiel für Dynamik, während der Clubchef zu Keyboard-Flankierung und sehnsuchtsvollen Streichern erstaunlich aufgeräumt singt statt grummelt, mit Adorno mauschelt und für seine Verhältnisse mit Engelszungen um Nibelungentreue wirbt. Theoretisch weiß Wikipedia zwar: "Problematisch wird Loyalität, wenn sie gefordert wird." Aber praktisch fällt es schwer, sich so einem prächtigen Song zu entziehen. Auch Ex-Gattin und Wieder-Bandkollegin Pia Lund war mit ihren himmlisch säuseligen Einlassungen als zweite Stimme selten wertvoller als hier. Keine Frage: Dies ist Pop und nicht etwa dunkler Zauber.
Natürlich kann man Phillip Boa & The Voodooclub einiges vorwerfen, wenn man will. Dass sie irgendwann Ende der Achtziger oder Anfang der Neunziger bei Robert Smiths Jubelarien "Just like Heaven" und "Friday I'm In love" hängengeblieben sind, dass der Frontmann sich auch nach über 25 Jahren weigert, seinen spröden deutschen Akzent abzustellen und mehr. Aber man will ja gar nicht. Nicht, wenn Boa und Lund zwischen bedröppeltem "And the words 'I love you' never crossed your lips" und liebestollem "Please be mine til the day we are both forgotten" sämtliche Aggregatzustände der Gefühle durchschreiten. Gerade letzterer Song ist symptomatisch für ein im Grunde überschaubares, aber herzerwärmendes kleines Album über Liebe, Verrat und zartbittere Gemütsregungen. Auch der treue Freund auf dem Cover guckt schon ganz sentimental.
Da wirkt es fast schon rührend, wie Boa dem störrischen "My name is Lemon" Modernität vorgaukelnden Synthie-Zuckerguss verpasst oder sich bei "Lobster in the fog" mit einem pseudo-hippen Feigenblatt aus Indie-Electro bedeckt - und dabei dank hochfahrendem Refrain und kleiner Voodoo-Einlage (aha!) an der Trommel trotzdem ganz der Alte bleibt. Und damit es nicht allzu verspielt wird, kickt der aggressive Hit "Under a Bombay moon soon" bald donnernd verbreakte Gitarren vor sich her und fasst sich bei "Dream on planet Cherry" schließlich der ganze Club zu rabiatem Fuzz und entfesseltem Melodiekrakeelen bei den Händen. Als würde Annie mit ihrem Love-Bomber ungespitzt in einem Container notlanden, wo schon ihr Traumprinz wartet. Mitten im westlichen Westfalen oder östlichen Ruhrgebiet. Was bekanntlich aufs Gleiche hinauskommt.
Highlights
- Loyalty
- Til the day we are both forgotten
- Under a Bombay moon soon
- Dream on planet Cherry
Tracklist
- Black symphony
- Want
- Ernest 2
- Loyalty
- Til the day we are both forgotten
- Sunny when it rains
- My name is Lemon
- Under a Bombay moon soon
- Lobster in the fog
- You are beautiful and strange
- Dream on planet Cherry
- When the wall of voodoo breaks
Gesamtspielzeit: 51:45 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
---|---|
Chef vom Dienst |
2012-08-21 13:17:09 Uhr
Die " Praktikanten " mögen bitte Fach 13der Albumcharts blitzblank putzen. Phillip Boa hat den höchsten Charteinstieg der Bandgeschichte mit Loyalty geschafft. ( Quelle: http://www.media-control.de/jennifer-rostock-erobern-platz-drei-der-album-charts.html " |
Infodienst |
2012-08-16 10:36:25 Uhr
Ernst Haft und Kopfnicker sind bereits seit Monaten aus diesem Forum verschwunden. Ihre witzigen Diskussionen werden uns aber allen im Gedächtnisbleiben. Die Postings über mir sind nur die jämmerlichen Versuche eines Trolls, den Kult wiederzubeleben. |
Holgi |
2012-08-15 13:21:33 Uhr
Mir ist es immer enorm wichtig, dass ein Album über die nötige Friache verfügt. Und das tut dieses Album. |
Telecaster |
2012-08-15 13:06:27 Uhr
Eher eine Parkband, auf der Rentner sitzen, oder eine Postbank, wo man stundenlang ansteht, weil sich die Angestellten hinten und vorne nicht auskennen? |
j-j-jenny |
2012-08-15 10:33:50 Uhr
hammer platte! von vorne bis hinten. und daß da auch noch der drummer der dresden dolls und der bassmann von how to loot brazil (zwei meiner absoluten all-time-fave kapellen) mitwerkeln, macht es umso aufregender. freu mich wie ein kind auf die tour, boa und band sind live eh ne bank. |
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Referenzen
Lundaland; Beangrowers; How To Loot Brazil; Monochrome; T.A.S.S.; Sankt Otten; The Robocop Kraus; The Cure; Television Personalities; David Bowie; Roxy Music; Escape With Romeo; Pink Turns Blue; Devo; The Fall; Gang Of Four; Public Image Ltd.; XTC; Talking Heads; Magazine; The Dresden Dolls; The Creepers; The Membranes; The Palookas; Jowe Head; Christian Hound; Multicoloured Shades; Voodoocult; Schwefel; Phantoms Of Future; Bobo In White Wooden Houses; Fenton Weills; The Truffauts; One Thousand Violins; M. Walking On The Water; Hangman’s Beautiful Daughters; The B-52s; Pop Will Eat Itself; Chrome; Joy Division; The Clash; The Stranglers; Art Brut; Jonathan Richman & The Modern Lovers; The Feelies; The Velvet Underground; Clap Your Hands Say Yeah; Hot Hot Heat; Pale; Pelzig; Urlaub In Polen; Enon; Pendikel
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