De/Vision - Rockets + swords
Popgefahr / Soulfood
VÖ: 24.08.2012
Unsere Bewertung: 5/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Gestreckte Waffen
Wenn das Dutzend Alben voll ist, gehören Musiker meist zum Establishment. Der Gedanke wird De/Vision vielleicht nicht gefallen, weil ihre Musik nicht nur aus der Zeit, sondern zum Teil auch aus dem Markt gefallen ist. Dabei müsste eine Band wie das Bensheimer Duo, das seine musikalische Ästhetik aus den Achtzigern herüber gerettet hat, prinzipiell vom auslaufenden Revival des Plastikjäckchen-Jahrzehnts profitiert haben. Doch der Erfolg war meist ähnlich halbherzig wie De/Visions musikalischer Retrofuturismus.
Diese Musik nannte man vor zehn Jahren zwischenzeitlich mal Future Pop, aber schon damals war das mindestens geflunkert. Heute möchten sich De/Vision gerne progressiv nennen, aber dafür reichen rhythmischer Minimalismus und ein paar schrille Klänge immer noch nicht. Und doch: Befreit von kommerziellen Ansprüchen gelingt De/Vision seit "Subkutan" ein okayes Album nach dem nächsten. So braucht es auch "Rockets + swords" nicht mit Neuerungen probieren, denn die Möglichkeiten dieser Musik bleiben begrenzt: Vor dem Überschwang steht immer noch die Melodie, und vor dem rhythmischen Aufbegehren der stoische Beat.
Weil sich das Synthpop-Duo längst mit seinem Nischendasein abgefunden hat, pumpt der Opener "Boy toy" lasziv um einen flackernden Electro-Beat herum. Statt mit einer aufdringlichen Hookline zu winken, lassen sie subtile Mikromelodien flirren. Der Groove pendelt sich entspannt im Stereosignal ein. Das ist angenehm mollig und drängt sich nicht auf. "Superhuman" ist da schon präsenter, weil es noch weiter in der Vergangenheit sucht. Die herrlich quäkenden Analogsynths verpassen Steffen Keths angeschmiegsamer Stimme ein paar angenehme Kratzer.
Es sind vor allem diese Details, die De/Vision gelingen. Anstatt mit Autotune-Effekten herumzualbern, konstruieren sie lieber angenehme Texturen und Abzählmelodien kurz vor der Grenze zur Beliebigkeit. Das funktioniert oft prächtig. Was die Bensheimer aber weiterhin vergeblich suchen, ist der große Songentwurf. Mit dem von Gitarren durchsetzten "Brotherhood of man" mögen sie wieder etwas näher herangekommen sein. Meist sind Songs wie "Beauty of decay" oder "Bipolar" aber nur charmantes Depeche-Mode-Recycling. Sei's drum: Wenn man heute noch Synthpop hören würde, bräuchte man ihn genau so.
Highlights
- Boy toy
- Beauty of decay
- Brotherhood of man
- Bipolar
Tracklist
- Boy toy
- Superhuman
- Beauty of decay
- Brotherhood of man
- Stargazer
- Binary soldier
- Want to believe
- Bipolar
- Mystified
- Running all night
Gesamtspielzeit: 54:25 min.
Referenzen
Camouflage; Mesh; Dave Gahan; Martin L. Gore; Depeche Mode; Zoot Woman; Cut Copy; The Presets; Erasure; Condition One; Beborn Beton; Silent Promises; Distain!; No Decay; And One; Melotron; Wolfsheim; Iris; Sea Of Sin; Cause & Effect; Red Flag; VNV Nation; Covenant; Neuroticfish; Apoptygma Berzerk; Syrian; T.O.Y.; Kiethevez; The Mobile Homes; The Northern Territories; Silke Bischoff; Project Pitchfork; Lunastoy; Orchestral Manœuvres In The Dark; The Human League; Kraftwerk; Boytronic; Green Court; Jam & Spoon; Schiller; Mike Oldfield; Real Life; Ultravox; Visage; Duran Duran; The Killers; The Bravery; Junior Boys; Hot Chip
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