Lawrence Arabia - The sparrow
Bella Union / Cooperative / Universal
VÖ: 20.07.2012
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
Der Paradiesvogel
Da nennt Lawrence Arabia, der gar nicht Lawrence Arabia, sondern James Milne heißt, und gar nicht aus Arabien, sondern aus Neuseeland kommt, da nennt also dieser grundsympathische Hochstapler sein drittes Album doch tatsächlich "The sparrow", "Der Spatz". Das alleine mag zunächst noch nicht sonderlich außergewöhnlich erscheinen. Aber in Kombination mit dem Umstand, dass die sicherlich tadellos sitzende Frisur des Singer-Songwriters auf dem Cover-Porträt von einem beherzt hineingemalten, prächtig ausgebildeten Gehirn überdeckt wird, ist das in all seiner Bilderrätselhaftigkeit schon bemerkenswert. Vielleicht auch bloß Understatement - schließlich kann bei Milnes cleveren Kammerpop-Kleinoden, allesamt im Stil der späten Sechziger und frühen Siebziger gehalten, von einem Spatzenhirn nun wirklich nicht die Rede sein.
Ein Singvogel ist der überzeugte Dandy, der als Tourmusiker bereits Feist und Okkervil River begleitete, hingegen schon und erweist sich zudem als Freund furchtlosen Falsettgesangs, selbstverständlich wohldosiert. Vor allem ist Milne aber ein hervorragender Melodienfinder, ein souveräner König der Harmonien, ein fabelhafter Arrangeur und nicht zuletzt ein höchst unterhaltsamer Geschichtenerzähler. Sein 2009 veröffentlichtes Zweitwerk "Chant darling" wurde von der Kritik hoch gelobt und, zumindest in Neuseeland, mit dem verdienten Erfolg belohnt. Auch "The sparrow" sollten, wenn alles mit rechten Dingen zugeht, die Lobeshymnen nur so zufliegen. Dabei setzt Milne ganz offensichtlich auf Qualität und nicht auf Quantität: Nur neun Lieder befinden sich auf dem Album, davon ist eines, "The Dessau rag", ein gerade zweieinhalbminütiges Instrumentalstück. Er sucht Größe nie in überladener Opulenz, sondern findet sie in Arrangements, die Raum lassen. Grazil pointierte, hin und wieder auch hemmungslos schwärmerische Streicherarrangements und eine zünftig groovende Rhythmusgruppe sind die Säulen dieser wunderbar nostalgisch anmutenden Kompositionen.
"Travelling shoes" oszilliert zwischen lieblichem Chamberpop und Sixties-Beat, "Lick your wounds" lässt Falsettgesang mit Schlagzeug und pulsierendem Bass engtanzen, bis ein brokatschweres Bläserensemble die Szene betritt und selbige mit Violinenunterstützung in eine Burt-Bacharach-Träumerei verwandelt. "The listening times" wendet sich honigsüßem Folk mit Harmoniegesang zu, während "Bicycle riding" mit seinem düster grollenden Klavier über den Drahtesel als Lastenträger sinniert. Es gibt viel zu entdecken auf "The sparrow": die unerwartete Wendung in "The 03", die außerordentlich insektenhaften Streicher im letzten Drittel von "Early kneecappings" oder auch die irrwitzige Story über "The bisexual". Das abschließende "Legends", eine luftige Pianopop-Nummer mit lieblich ausuferndem Streicherkommentar, ist dann nicht weniger als das beste Stück der Platte, wie könnte es bei diesem Songtitel auch anders sein. Und auch das Fazit liegt nahe: Lieber "The sparrow" in der Hand, als taub auf dem Dach.
Highlights
- Travelling shoes
- Lick your wounds
- The listening times
- Legends
Tracklist
- Travelling shoes
- Lick your wounds
- The listening times
- Bicycle riding
- The 03
- Early kneecappings
- The bisexual
- Dessau rag
- Legends
Gesamtspielzeit: 34:56 min.
Referenzen
Ed Harcourt; Gilbert O'Sullivan; The Leisure Society; Ferraby Lionheart; Richard Hawley; Jeremy Warmsley; Scott Walker; Serge Gainsbourg; The Zombies; The Kinks; The Byrds; The Beach Boys; John Lennon; The Beatles; Teitur; Andrew Bird; Richard Kapp & The Gowns; The Divine Comedy; Duke Special; Jens Lekman; Burt Bacharach; Roxy Music; Richard Swift; Ron Sexsmith; Sondre Lerche; Jon Brion; Harry Nilsson; Fyfe Dangerfield; Guillemots; Billy Joel; Rufus Wainwright; The Czars; John Grant; Babybird; Paul Simon; Ben Folds; Get Well Soon; Okkervil River; The Book Of Daniel; Feist