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Frank Ocean - Channel Orange

Frank Ocean- Channel Orange

Def Jam / Universal
VÖ: 20.07.2012

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Die Freiheit des Einzelnen

Wenn die Welt scheiße ist, dann ziehen sich die Menschen in ihre innere Isolation zurück. Und mal ehrlich: Sie ist ziemlich oft ziemlich scheiße. Die Freiheit des Einzelnen endet immer noch zielsicher da, wo die Gesellschaft ihre Norm abgesteckt hat. Und so sorgt es tatsächlich für Aufsehen, wenn ein amerikanischer Präsident die gleichgeschlechtliche Ehe befürwortet. Ein paar Wochen später und ein paar Wochen vor Veröffentlichung seiner ersten kommerziellen Platte gibt Frank Ocean auf seiner Homepage bekannt, dass er sich mal zu einem Mann hingezogen fühlte. Zweiminutenfünfundfünzig - mehr braucht es nicht, um die ganzen Gefühle, die Angst, die Scham, die Furcht zu kanalisieren, die kein Mensch empfinden sollte, wenn er verliebt ist. "Bad Religion" präsentierte Frank Ocean vor einem Millionenpublikum im amerikanischen Fernsehen bei Jimmy Fallon. Eine Orgel macht da ihre letzten Züge, ein junger Mann flüchtet sich in ein Taxi vor der Welt. Doch selbst dieser kleine Raum bietet keine Zuflucht, sondern nur die religiösen Ratschläge des Fahrers. Aber was ist ein Glaube, der einen auf die Knie zwingt? Selbst der orchestrale Refrain bringt keine Hoffnung: "I could never make him love me." Verstoßen - von Gott und der Gesellschaft. Wegen der normalsten Sache der Welt. Willkommen im liberalen und aufgeklärten Westen des 21. Jahrhunderts.

In solchen Momenten entfacht die Idee, dass Musik doch etwas ändern kann, etwas ändern muss, wenn in ihr so viel Gefühl steckt. Doch "Channel Orange" verlegt sich nicht nur auf dieses Thema. "Pyramids" verknüpft in fast zehn Minuten das Schicksal von Kleopatra, der Herrscherin, und Kleopatra, der Hure. Und jede Sekunde hat ihre Berechtigung in diesem Track. Der karge Bass unter den Strophen, die aufgepumpte Melodie unter der Hook, die Synthies, das Outro der Gitarre - das alles baut diesen Song, auf dem Ocean vom einstigen Stolz der Königin vom Nil singt. Dabei gehen einzelne Themen des Songs ineinander über. R&B der besten Sorte, schon seit Ewigkeiten fehlt eine Platte wie "Channel Orange". Zuletzt formte so öffentlichkeitswirksam nur "Voodoo" von D'Angelo vor mehr als zehn Jahren die afroamerikanische Popmusik. Das liegt vor allem an der Kompromisslosigkeit, die Ocean auf diesem Album zeigt. Es gibt keine offensichtlichen Hits, wie sie die oberen Etagen der Anzugträger so gerne sehen würden, keine Features, die zusätzliche Aufmerksamkeit bescheren. Earl Sweatshirt und André 3000 passen einfach aus künstlerischen Punkten perfekt auf diese Platte.

"Real love, I'm searching for a real love." Zeigten die bisherigen Alben aus dem Odd-Future-Kreis den ungebändigten jugendlichen Zorn auf diese Welt, so trägt "Channel Orange" vor allem die Zweifel vor. Frank Ocean ist dabei tatsächlich eine Stimme, die von Sexualität, Afrozentrismus und Ängsten singen kann, ohne ins Klischee zu verfallen. Aus dem Schmerz erwächst die ganze Schönheit dieser Platte. Ob in "Pilot Jones" oder "Super rich kids", Ocean weiß, wie er das anzustellen hat. Wie er den Hörer dazu bekommt, sich auf diesen Minimalismus in der Produktion einzulassen. Reduziert auf die wesentlichen Dinge, zeigt sich der wahre Kern. Und erst dann sitzen solche Dinge wie die Orgel in "Bad religion" genau da, wo sie wirken sollen - mit wenigen Tastengriffen direkt in den Eingeweiden des Hörers. Ocean sucht da so lange, bis er dort etwas findet, bei dem er einen packen kann. Schmerz und Zweifel der eigenen Geschichte holt er hervor. Und unsere Lebenslinien verschieben sich in die Songs, in die Themen von Oceans Texten. Die Suche nach der wahren Liebe treibt jeden Menschen an. Wir sind alle gleich. Für die nächsten Jahre dürfte keine andere Platte diesen Umstand so sehr auf den Punkt bringen.

(Björn Bischoff)

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Highlights

  • Super rich kids
  • Pyramids
  • Bad religion
  • Pink matter

Tracklist

  1. Start
  2. Thinkin bout you
  3. Fertilizer
  4. Sierra Leone
  5. Sweet life
  6. Not just money
  7. Super rich kids
  8. Pilot Jones
  9. Crack rock
  10. Pyramids
  11. Lost
  12. White
  13. Monks
  14. Bad religion
  15. Pink matter
  16. Forrest Gump
  17. End / Golden girl

Gesamtspielzeit: 55:38 min.

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User Beitrag

Affengitarre

User und News-Scout

Postings: 11293

Registriert seit 23.07.2014

2019-10-27 21:18:32 Uhr
Läuft gerade mal wieder, soo schön! Diese verträumte, gefühlvolle und auch melancholische Stimmung ist so klasse.

MopedTobias (Marvin)

Mitglied der Plattentests.de-Schlussredaktion

Postings: 20158

Registriert seit 10.09.2013

2018-04-28 11:42:58 Uhr
Finde das Skizzenhafte da eigentlich gerade sehr reizvoll. Die unfertig wirkenden, rohen Songs passen sehr gut zur unmittelbaren Emotionalität des Albums.

poser

Postings: 2334

Registriert seit 13.06.2013

2018-04-27 22:45:32 Uhr
channel Orange.

Finde Blonde gar nicht mal so stark. Viele Songs sind mir da zu unausgegoren, obwohl die Stimmung das Album schon etwas besser macht.

Mister X

Postings: 3401

Registriert seit 30.10.2013

2018-04-27 21:33:39 Uhr
bei rym hat blonde sogar die nase vorn

MopedTobias (Marvin)

Mitglied der Plattentests.de-Schlussredaktion

Postings: 20158

Registriert seit 10.09.2013

2018-04-26 07:18:03 Uhr
Orange, Blonde ist aber trotzdem ein fantastisches, umwerfend schönes und atmosphärisch ziemlich einzigartiges Album, das beim Großteil der aktuellen Genre-Kollegen das Karriere-Highlight gewesen wäre.
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