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Eleni Mandell - I can see the future

Eleni Mandell- I can see the future

Make My Day / Al!ve
VÖ: 06.07.2012

Unsere Bewertung: 3/10

Eure Ø-Bewertung: 9/10

Gepflegte Langeweile

Was die Musik-Polizei in Zeugenschutz nimmt, zählt und sollte außer Konkurrenz laufen. Beliebte Anwärter sind Singer-Songwriter, deren güldene Performance abgefeiert und, mit dem Etikett "besonders wertvoll" versehen, in den strahlenden Himmel des Hype empor gehoben wird. Egal, wie viel Mist dabei auch im Plattenspieler landet. Das widersinnige Abfeiern von Nullnummern, die unantastbar im Diskurs der Journaille geadelt werden, ist nicht seit gestern ein Politikum. Eleni Mandell lief bislang unter dem Radar. An der Grand Dame der mit Prestige überhäuften Gitarrenbardinnen auf Barhockern, mit einem Hang zum Rührseligen, herrschte Kritik-Embargo. Nicht zuletzt dank Werken wie "Wishbone" und "Snakebite", die sich nicht hinter der Grandezza einer PJ Harvey zu verstecken brauchen. Sind starke Platte alleine schon Grund für Undifferenziertheit? Dies dürfte sich eh mit ihrem mittlerweile achten Studio-Album ändern, stellt es sich als Casting-Show für das langweiligste Lied des Jahres 2012 heraus. Als Anwärter stehen davon 13 an der Zahl zur Verfügung, die an die Spitze wollen.

Auf den ersten Blick scheint Mandell alles richtig zu machen. Mit Produzent Joe Chiccarelli sitzt ein kompetenter Mann an den Reglern, der schon Größen wie The Strokes, The White Stripes oder The Shins unter seiner Fuchtel zu einem passenden Soundgewand verhalf. Und Joey Waronker an der Schießbude konnte bereits für Beck und R.E.M. mit dezenten Drum-Rhythmen gute Dienste tätigen. Woran scheitert Mandells achtes Machwerk dann so kolossal? An guten Liedern. Da hilft auch die filigrane Produktion und der latent unterforderte Waronker nicht weiter. Die Songs von "I can see the future" sind seichter als eine ausgetrocknete Pfütze in der hochsommerlichen Mittagshitze, in der nicht einmal ein Fruchtfliege ertrinken könnte. Wo "Artificial fire" gelegentlich mit einer sinnentleerten Anhäufung von belanglosen musikalischen Ideen die Nerven strapazierte, überzieht Mandell ihre neuen Songs schlicht mit einer solchen ungebändigten Inspirationslosigkeit, dass keines ihrer 13 Songs auch nur im Ansatz überzeugen kann. Für die meisten wäre das Etikett Muzak sogar noch eine Ehrung.

Zudem krankt das ganze Album an seiner Überlänge. Für knapp 50 Minuten Spielzeit ist die schiere Masse an unausgegorenen Songfragmenten, die sich hier als vollwertige Komposition druchzumogeln gedenken, eindeutig zu lang und unaufgeregt. Der emotionale Pegel schlägt nicht aus. Vielmehr wird ohne Rücksicht auf den Hörer vor sich hingedudelt, ohne dass etwas wie Ergriffenheit sich auch nur im Ansatz einstellen kann. Die Songs, die noch als die "besten" heraus stechen, könnten als hervorragende Untermalung einer Ü-60-Kochsendung im Nachmittagsprogramm der Öffentlich-Rechtlichen dienen. Bei "Magic summertime" ist in seinem Dahingedümpel noch ein schlichter Beat erkennbar, ansonsten gehört die Nummer auf das "Traumschiff" neben Udo Jürgens. Gleiches gilt für "I'm lucky", das von "Magic summertime" nur dadurch unterscheidbar wird, weil das Display sich von Nummer zwei zu Nummer vier vorgequält hat und irgendwann dumpfe Trompeten das langsame Vorangleiten des Schiffes in die Havarie andröhnen. Wenn Mandell bescheinigt, dass sie sich glücklich fühlt, ist es ihr gewiss zu gönnen. Gleiches lässt sich von dem Hörer nicht sagen. Mit "Crooked man" wird noch ein leicht countryesker "Höhepunkt" erreicht, der klingt, als sei er aus dem 1970er Oevre der Flippers geklaut.

Kollege Wollmann sollte mit dem Schlusssatz seiner Rezension zum durchaus gelungenen "Artificial fire" Recht behalten: "Ein viertes Mal machen wir eine 7/10 jedenfalls nicht mehr mit." Für die Musik, wie sie Mandell auf "I can see the future" liefert, kann es nur noch mit Wohlwollen und drei Gläser Hochprozentigen zu viel im Blut gerade 3/10 geben. "I can see the future" ist nicht nur ein Scheitern, es ist zudem herzlich egal. Wir warten wieder auf das nächste Mal.

(Peter Somogyi)

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Highlights

  • Magic summertime
  • Desert song
  • Crooked man

Tracklist

  1. The future
  2. Magic summertime
  3. Now we're strangers
  4. I'm lucky
  5. Desert song
  6. Who you gonna dance with
  7. Never have to fall in love again
  8. Crooked man
  9. Bun in the oven
  10. So easy
  11. Looking to look for
  12. Don't say no
  13. A possibility

Gesamtspielzeit: 48:34 min.

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