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Oomph! - Des Wahnsinns fette Beute

Oomph!- Des Wahnsinns fette Beute

Columbia / Sony
VÖ: 18.05.2012

Unsere Bewertung: 4/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Schnelle Einseiftruppe

Gruselige Versteckspiele, "GlaubeLiebeTod", "Monster" unterm Bett - mit Oomph! war noch nie gut Kirschen essen. Vermutlich erst recht nicht, als Der Graf den Wolfsburgern zuletzt die Charts-Vormachtstellung in Sachen nicht mehr ganz so Neue Deutsche Härte streitig machte und auch Eisbrecher eher klotzten, statt zu kleckern. Es musste also etwas passieren. Nicht bloß eine neue Platte, sondern ein zumindest partieller Imagewechsel. Und da die Herren Dero, Flux und Crap humorbegabte Zeitgenossen sind, präsentiert sich das Trio auf dem Cover seines zwölften Albums als schnelle Eingreiftruppe im Action-Nahkampf - mit einem Design, das sich ganz offensichtlich an die alten Europa-Hörspielkassetten anlehnt. Wenigstens Heikedine Körting gefällt das - und wenn nicht, ist sie, na ja, "Des Wahnsinns fette Beute". Oomph! auch?

Sicher war ihre donnernde Kraftbrühe an der Schittstelle von Metal und EBM schon immer arg grob gestrickt, aber oft wirkungsvoll und allemal mit Beimengungen von Sinn versehen. Und nun nehmen sich Oomph! auf der Vorabauskopplung "Zwei Schritte vor" mit schunkelnder Sixties-Grundierung gar vollends selbst auf den Arm und werfen nebenbei ihre fünf Cent in den Opferstock der Finanzkrise. Bläsersätze, lockere Gitarrenschläge, Ohrwurmgefahr - das funktioniert doch schon ganz gut. Große Teile von "Des Wahnsinns fette Beute" hätte sich allerdings auch die Firma Deutschrock Merchandising beim Friseur ausdenken können. Entsprechend schwarzbunt geht es hier zu: von allem ein bisschen und für jeden etwas. Und anfangs mag man nicht einmal recht etwas dagegen sagen.

Der kraftvolle, wiewohl etwas tumbe Rocker "Unzerstörbar" eröffnet tosend, die erwähnte Single wackelt launig mit dem Popo, und auch "Such mich find mich" bringt dank flinker Trance-Sequenz und Dynamik im Refrain die eine oder andere Erleuchtung. Anders als die ein wenig härter gekochten, aber dennoch unguten Unheilig-Implantate "Bis der Spiegel zerbricht" und "Die Geister die ich rief". Doch fehlt nicht noch irgendetwas? Humor etwa? Aber da übt schon "Bonobo" Zivilisationskritik im Dschungelcamp am Beispiel von Affenbanden, die ihre Konflikte durch Kopulation lösen, statt sich wie menschliche Primaten zu bekriegen - und hat dabei zu Rap-Passagen und Breakbeats einige amüsant alberne Reime auf Lager. Doch bis hierhin und nicht weiter: Ab der Hälfte reihen sich mehrheitlich plakative, allenfalls unerträglich witzige Anzüglichkeiten aneinander.

Schlimm ist die zynisch "Junge" von den Ärzten wiederkäuende Onanie-Predigt "Deine Eltern" und verstümmelnd die deutschsprachige Bronski-Beat-Coverversion "Kleinstadtboy", die Homophobie zwar lächerlich machen will, aber genauso tief ins Klo greift wie "Seemannsrose", ein Balkan-Shanty, das von unanständigen Dingen mit den Dresden Dolls nur träumen kann. Und spätestens beim "Ein bisschen bi schadet nie"-Refrain von "Aus meiner Haut" bückt man sich lieber nicht mehr nach der Seife. Haarsträubende Momente eines Albums, das im Grunde gar nicht so viel falsch macht, wie es zunächst den Anschein hat - sich aber an seinen Fehlern so ausgiebig weidet, dass auch ernstzunehmende Songs wie die bittere Suizidklage "Unendlich" letztlich wenig ins Gewicht fallen. Der Wahnsinn schnappt nach Oomph! jedenfalls nicht. Eher die Selbstüberschätzung.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights

  • Zwei Schritte vor
  • Such mich find mich
  • Bonobo

Tracklist

  1. Unzerstörbar
  2. Zwei Schritte vor
  3. Such mich find mich
  4. Bis der Spiegel zerbricht
  5. Die Geister die ich rief
  6. Bonobo
  7. Deine Eltern
  8. Kleinstadtboy
  9. Regen
  10. Kosmonaut
  11. Komm zurück
  12. Aus meiner Haut
  13. Seemannsrose
  14. Unendlich

Gesamtspielzeit: 53:05 min.

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