Me And My Drummer - The hawk, the beak, the prey
Sinnbus / Rough Trade
VÖ: 11.05.2012
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Schwermutstropfen
Sie waren die heimlichen Gewinner. Als Einar Stray auf Tour ging, um sein tolles Album "Chiaroscuro" vorzustellen, stand für den Rezensenten am Ende des Konzertes weniger die schüchterne Nüchternheit des Norwegers im Fokus als vielmehr die Neugier auf das, was da in ein paar Monaten wohl kommen würde. Denn mit spartanischer Minimalbesetzung verstanden es Me And My Drummer aus Berlin als Vorgruppe in einer Bochumer Kirche schon drei Monate vor der Veröffentlichung ihres Debüts, genauso hinreißend wie mitreißend zu sein - auch über die bekannte Single "You're a runner" hinaus.
Jener Song appelliert an Gefährdete, von Selbstmordgedanken abzulassen. "Don't confuse your speed with the turning of the Earth", singt Charlotte Brandi im zunächst düster wabernden und sich dann über den Offbeat immer weiter steigernden Track. Als Schlusselement von "The hawk, the beak, the prey" kommt der Runner zurück, und das Duo nutzt die suggerierte Einfallslosigkeit einer Reprise schamlos aus. Mit unterdrückter Sakralität bekommen die Orgelklänge eine Decke übergeworfen, und dank dreier übereinandergestapelter Tonlagen von Brandis Stimme ist "Runner (Reprise)" doch sehr viel mehr als bloß eine abgespeckte Version der Single.
Brandi ist ohne Frage das Herz von Me And My Drummer, das allerdings ohne Schrittmacher und Schlagzeuger Matze Prölloch sicherlich unregelmäßiger schlüge. Die Sängerin zeichnet für Harmonien, Melodien und Texte verantwortlich und jongliert mit ihrer Stimme, als ging es darum, lediglich einen Apfel in der Hand auf- und abhüpfen zu lassen. Sie wird zur Denunziantin im theatralischen "Down my couch", übt Zurückhaltung in "Don't be so hot" und stemmt sich selbstaufmunternd und beklemmend-apathisch zugleich gegen den bedrückenden, aus allen Ecken mahnenden Chor in "The wings": "Words are weird / So let us just read our minds."
Um eine Floskel aus dem Showgeschäft längst vergangener Tage hervorzukramen: Der Name ist Programm. Me And My Drummer toben sich in ihrem eigenen Mikrokosmos aus, der außer Drums und Gesang nur Piano und Keyboards zulässt. Dass man in "Phobia" noch einen Ping-Pong-Ball auf der Tischtennisplatte und ein xylophonartiges Geklöppel hört, ist Korinthenkackerei. Me And My Drummer gelingen schwelgerische und schwere Popstücke, die jede stimmungsschwankende Bodenwelle spürbar machen. Und so spiegelt auch das Cover irgendwie "The hawk, the beak, the prey" wieder: Fingermalen, Blutvergießen und strahlende Schwermut.
Highlights
- Rain kids
- You're a runner
- The wings
- Down my couch
- Heavy weight
Tracklist
- Phobia
- Rain kids
- You're a runner
- Mother shell
- Don't be so hot
- The wings
- Down my couch
- Heavy weight
- So foreign
- Runner (Reprise)
Gesamtspielzeit: 40:24 min.
Referenzen
Bat For Lashes; Kraków Loves Adana; Fever Ray; Kate Bush; Sóley; Soap & Skin; Florence & The Machine; JJ; Lykke Li; Fiona Apple; Nite Jewel; Warpaint; Dear Reader; The xx; Tunng; Hundreds; Beach House; Grimes; Nico; Goldfrapp; Portishead; Tori Amos; Mazzy Star; Fallulah; Chairlift; The Dø; Sophie Hunger; Julia Marcell; PJ Harvey; Regina Spektor; Schmidt; Super700; Brian Eno
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