Blockhead - Interludes after midnight
Ninja Tune / Rough Trade
VÖ: 27.04.2012
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Panorama mit Rülps
Auch wenn die blaue Stunde bei Fotografen so gut ankommt wie die blaue Banane bei unverstandenen und einsamen Ehemännern, die guten Geschichten passieren doch so gut wie alle nach Mitternacht. Das wissen Horrorfilm-Regisseure und Diskotheken-Betreiber gleichermaßen. Und auch DJ Shadow wusste das wohl seinerzeits, als er mit "Midnight in a perfect world" einen der besten Songs des Meisterwerks "Endtroducing" einspielte. Ob Blockhead da ansetzte, als es um den Titel für sein fünftes Album ging - keine Ahnung. Es würde auf jeden Fall zu gut passen, denn auch Anthony Simon befindet sich in dem gleichen Dilemma wie DJ Shadow: Mit "Music by cavelight" veröffentlichte er einen Wahnsinn von Debüt, an dem sich bisher alle seine weitere Platten messen lassen mussten. Und im direkten Vergleich oft verloren. Oder irgendwer krähte, dass seine Arbeiten nur auf Aesop Rock-Alben wirklich bombten.
Doch dieses Mal nicht, denn "Interludes after midnight" besitzt eine komplett andere Stimmung, eine andere Farbe - ohne den Urspung oder die Einzigartigkeit von Blockhead zu verlieren. Wenn das Piano in "Midnight blue" auf ein Sample tropft, während sich der Rhythmus vorsichtig in Richtung Vordergrund schiebt, dann löst das in der Tat ein dunkleres Gefühl aus als noch weite Strecken von Blockheads Debüt. Die Räume sind weiter gefasst, viele Momente bewegen sich mehr, bekommen durch Samples ganz neue Anstöße. "Smoke signals" rotiert um eine alte verzerrte Soul-Stimme und setzt den Ansatz im Beat mit fast jeder Wiederholung neu an. Blockhead hält auf der gesamten Platte seinen eigenen Stil hoch. Auch wenn für den Moment in der Szene vieles bis alles glitcht, gibt es auf "Interludes to midnight" mehr als eine Stunde klassische Schule. Dabei geht Blockhead seinen Weg, die Nummer ist nie angestaubt oder altmodisch. Sie fällt nur raus aus dem aktuellen "State Of The Art"-Ding, bleibt oft neben dem TripHop hängen.
Und gerade das macht den Reiz von "Interludes after midnight" aus. Während zahlreiche Künstler im instrumentalen HipHop sich mehr und mehr in den Weiten ihres Sounds verlieren, bleibt Blockhead geerdet, konzentriert und offen. Die Platte ist zugänglich, muss sich nicht erarbeitet werden. Blockhead liefert mit diesen zwölf Tracks zahlreiche Geschichten, die gut und dunkel sind. Es braucht dafür keinen Erzähler - die einzelnen Stimmen reichen, um dieses Panorama zu zeigen. Eine Gefahr geht davon nicht aus, sondern eine versoffene Melancholie, die am Tresen beginnt und mit dem Kopf auf der Tischkante endet. Dazwischen spielen sich die kleinen Dramen ab, die der Morgen der Großstadt fortwischt. Die blaue Stunde legt sich in die Ritzen der Straßen. Doch lange dauert es nicht, und wie ein unterdrückter Rülps strömt der moderige Geruch der Mitternacht erneut über den Asphalt. Es beginnt eben von vorne. Immer wieder. Blockhead weiß das.
Highlights
- Never forget your token
- Tools of the industry
Tracklist
- Never forget your token
- Creeps crouchin'
- Panic in funkytown
- Hungover like whoa
- Meet you at tower records
- Escape the meadow
- Smoke signals
- Tools of the industry
- Midnight blue
- Snapping point
- Beyond reach (feat. Baby Dayliner)
- The Robin Byrd era
Gesamtspielzeit: 62:56 min.
Referenzen
DJ Shadow; RJD2; Nujabes; Quantic; Amon Tobin; Kid Koala; DJ Food; UNKLE; Blue Sky Black Death; El-P; Yppah; Mr. Scruff; DJ Vadim; The Bug; Massive Attack; Portishead; Daedelus; Rob Swift; DJ Babu; Dilla; Tricky; The Avalanches; Sneaker Pimps; Kid Loco; MF Doom; Aesop Rock
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