Mother Tongue - Streetlight

Signs Of Life / Nois-O-Lution / Indigo
VÖ: 02.04.2002
Unsere Bewertung: 8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

I put a spell on you
Was so mancher ersehnt hat, was aber die meisten nicht mehr zu hoffen wagten, ist endlich Wirklichkeit geworden: Acht Jahre nach ihrem Debüt steht das zweite reguläre Mother Tongue-Album in den Regalen der Plattenhändler. 1994 erschien mit "Mother Tongue" ein grandioses Stück Musik, voller Herzblut und voll von übersprühendem Talent. "Psycho-Blues" nannten es die einen, "unbeschreiblich" die anderen. Die Plattenfirma nannte es wegen der fehlenden Käufer "unrentabel" und droppte die Band. Nach zwei Jahren ohne Deal lösten sich Mother Tongue auf, und so trauerte eine kleine Gemeinde Eingeweihter um ihren Geheimtip, der augenscheinlich zu geheim geblieben war.
Wenn man jetzt den unverhofften Nachfolger hört, wird schnell klar: Diese Platte mußte es einfach geben. Bei "Streetlight" ist soviel Magie im Spiel, daß nichts von dieser Welt ihr Entstehen hätte verhindern können. Die Songs von Mother Tongue sind zwingend. Es scheint vollkommen unmöglich, daß ein Stück eine andere Wendung nimmt als die, die die Band ihm gibt. Klingt das so, als ob die Songs vorhersehbar seien? Weit gefehlt. Magie wie wie auf "Streetlight" läßt sich nicht so einfach erklären. Und auch wenn man die Zwangsläufigkeit des Albums erkannt hat, hat man sie und es noch lange nicht verstanden.
Ein flirrendes Intro eröffnet "Streetlight", verhallte Arpeggien streuen Sternenstaub in die Ohren. Dann erhebt sich ein Orkan und verwirbelt alles zu einer gewaltigen Supernova. Schon nach "CRMBL" ist man dem neuen Werk restlos verfallen. Wo andere glücklich sind, wenn sie den Takt halten und "die Eins treffen", groovt diese Band mit einer traumwandlerischen Sicherheit durch den eigenen Kosmos. Immer wieder gaukeln sanft einlullende Passagen eine Sicherheit vor, die vom nächsten Fieberschub zerfetzt wird. Nach dem Interlude "Nightbirds" sinkt die Köpertemperatur etwas. Einen klaren Gedanken kann man trotzdem nicht fassen. Man liegt nach wie vor im Zauberbann gefangen.
Neben dem Blues nehmen Psychedelic-Einflüsse einerseits und eine kräftige Portion Soul andererseits mehr Raum ein. Der Versuch, die Musik des neuen Kleinods zu beschreiben, führt fast zwangsläufig zu massivem Namedropping. Assoziationen zu anderen Bands quer durch die Popgeschichte drängen sich beim Hören immer wieder auf. Für einen kurzen Moment nur bleibt ein solcher Gedanke beim Hörer hängen, dann verlangt schon der nächste unsere Aufmerksamkeit. Der Zauber dieser Musik hält mühelos Melodien zusammen, die das analysierende Ohr in kurzer Folge an so verschiedene Größen wie James Brown, Captain Beefheart, Pink Floyd und Crosby, Stills & Nash erinnern.
Diese Achterbahnfahrt der Stile wird begleitet von einer unglaublichen Dynamik, die "Streetlight" durchzieht. Weitgezogene Spannungsbögen werden von harschen Laut-Leise-, Langsam-Schnell- und Harmonie-Krach-Wechseln gebrochen und anschließend wieder aufgenommen. Wo eben noch leise gepickte Gitarren zerbrechliche Harmonien gestreut hatten, rollt im nächsten Augenblick eine Dampfwalze mit Vollgas daher. Der Staub legt sich und gibt den Blick auf das unversehrt umherliegende Porzellan frei. Nicht eine Scherbe! Das geht doch nicht mit rechten Dingen zu, das ist doch Hexerei. Aber das wurde ja bereits erwähnt.
Highlights
- Future
- Trouble came
- Tides
- Casper
Tracklist
- Streetlight
- CRMBL
- He's the man
- Future
- Nightbirds
- Trouble came
- Tides
- Modern man
- Casper
- Greed
- F.T.W.
- Nightmare
- Stars
Gesamtspielzeit: 38:54 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Dan Postings: 349 Registriert seit 12.09.2013 |
2022-05-11 14:06:18 Uhr
Ja, dito. Tolle Zeit damals gewesen. ;) |
VelvetCell Postings: 5556 Registriert seit 14.06.2013 |
2022-05-08 20:03:34 Uhr
Zu Mother Tongue habe ich auch wirklich eine ganz innige Beziehung. Nie war ich näher dran, einer Band nachgereist zu sein. Ich habe mit den Jungs gequatscht. Wir haben zusammen Fotos gemacht. Tolle Zeit! |
Dan Postings: 349 Registriert seit 12.09.2013 |
2022-05-07 22:06:59 Uhr
Das stimmt, ich versteh's auch nicht. Die "Ghost Note" war ja damals noch um einiges zugänglicher für meinen Geschmack als das Album hier und im Fahrwasser von, sagen wir Bands wie QOTSA, da hätte mehr gehen können, vor allem in den USA. Und die Bandmitglieder selbst sind ja allesamt wirklich Gold wert. |
Felix H Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion Postings: 8776 Registriert seit 26.02.2016 |
2022-05-03 13:58:09 Uhr
Die Band ist die beste, die die Visions je gepusht hat. Wirklich unverständlich, dass sie so klein geblieben sind. Alle Alben sind top und es ist eine der besten Livebands, die ich kenne. |
fuzzmyass Postings: 12022 Registriert seit 21.08.2019 |
2022-05-03 13:56:13 Uhr
Ja, das ist traurig... dabei sind die auch in Musikerkreisen nicht so unbekannt... letztens ein relativ neues Interview mit beiden Blind Melon Gitarristen gesehen und die haben in Bezug auf alte Stories Mother Tongue erwähnt, weiß gar nicht mehr genau in welchem Zusammenhang... merkwürdig, dass sie nicht mehr Erfolg hatten, aber immerhin konnte die Karriere durch die Visions und die deutschen Fans ein wenig wiederbelebt werden, was ja erst noch Paar tolle Alben ermöglicht hat |
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Referenzen
Phish; Masters Of Reality; Oysterhead; Primus; Captain Beefheart; Pink Floyd; Jimi Hendrix; Blind Melon; Ben Harper; Keziah Jones; Dave Matthews Band; The Grateful Dead; Crosby, Stills & Nash; The Band; Mother Superior; Eleven; Ultrasound; Red Hot Chili Peppers; Spin Doctors
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