Olli Schulz - SOS - Save Olli Schulz
Trocadero / Indigo
VÖ: 16.03.2012
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Mission: Impossible 5
Der gute Mann macht sich selber das Leben ganz schön schwer. Live legt Olli Schulz die Latte so hoch, dass bis heute seine Studioalben dagegen vergleichsweise abstinken. Was wahrscheinlich damit zusammenhängt, dass man Schulz auf Platte beim Singen leider nicht sieht. Nicht sein ständiges Lächeln, weil ihm schon wieder irgendein Quatsch eingefallen ist, der nächste hyperaktive Redeschwall bereits im Gebälk des Sängers herumschwirrt und versucht, sich zu ordnen. Auf Platte fehlt dem Geschichtenerzähler der Raum, um seinem Schabernack ein Gesicht zu verleihen. Auf der Bühne ist das etwas ganz Anderes, da greift diese seltsame Mischung aus Gisbert zu Knyphausen und Otto auf seltsame Weise ganz hervorragend. Das weiß Schulz auch, weswegen auf seinem zweiten mehr oder weniger Soloalbum das Live-Gefühl besser eingefangen werden sollte, spontaner und rauer eben. Wenn es danach geht, dann ist unser Sympath-Mann Schulz zum mittlerweile fünften Mal an seinen eigenen Bühnenqualitäten gescheitert. "SOS - Save Olli Schulz" ist natürlich trotzdem wie gewohnt eine gute Platte geworden.
Der hamburgische Wahlberliner ist musikalisch immer noch auf der Suche nach dem einen Mädchen, nach dem einen perfekten Moment, in dem alles zusammenkommt. Doch "Irgendwas fehlt" weiterhin, auch "Wenn es gut ist", denn die Sehnsucht lässt Olli einfach nicht los. Schulz ist wie immer positiv, dass diese "Schrecklich schöne Welt" offen für alles ist und auch der größte Wunsch doch irgendwie erfüllbar scheint. Aus den bisher bekannten schulzschen Themenkomplexen heraus ragen vor allem der mit hinreißend miesem Stimmenpitching und von Hip Hop inspirierte Vitamin-B-Track "Ich kenn' da ein" sowie "H.D.F.K.K." heraus, dass kurz, knapp und auf den Punkt mit den nervigen Depri-Kindern dieser Welt abrechnet. Und sonst? Besingt Schulz die Iris', Maikes und Mandys, ihres Zeichens Spielerfrauen. Gibt es kurze, quatschige Zwischenspiele wie "Crew", "Vorspiel" oder "Briefmarke", die in ihrer blödsinnigen Gnadenlosigkeit ein wenig an den wunderbaren Helge Schneider erinnern. Und melancholische Rückblicke wie das tiefgehende "Old dirty man" oder auch "Koks & Nutten".
Ganz alleine muss sich Schulz durch das erneut von Moses Schneider produzierte "SOS - Save Olli Schulz" dennoch nicht schlawinern. Der Hund Marie ist zwar weiterhin abkömmlich, doch Ben Lauber am Schlagzeug und Gäste wie Gisbert zu Knyphausen oder auch Walter Schreifels drücken dem Album hier und dort mit etwas Gesang, Gitarre oder Klavier einen ganz kleinen Stempel auf. Letztlich bleibt aber Olli Schulz auch auf diesem fünften Album Olli Schulz, wie er singt und lacht und viele Faxen macht. Das reimt sich, und was sich reimt ist gut. Das wusste bereits Pumuckl, und Schulz scheint sich diese Weisheit zu Herzen genommen zu haben. Denn so viel wie dieser Mann reimt, muss "SOS - Save Olli Schulz" einfach passen. Allerdings bleibt, dass wer Schulzens Latte sehen will, auf ein Konzert gehen muss. Bitte eine Kerze für die Kathedrale des Herzens anzünden.
Highlights
- Old dirty man
- Ich kenn' da ein
- H.D.F.K.K.
Tracklist
- Wenn es gut ist
- Irgendwas fehlt
- Ich kenn' da Ein
- Ich dachte, Du bist es
- Old dirty man
- Crew
- Schrecklich schöne Welt
- Vorspiel
- Spielerfrau
- H.D.F.K.K.
- Alles richtig
- Koks & Nutten
- Briefmarke
- Der kleine Bär
- Phosphormann
- Verliebt in 2 Mädchen
- Danke an alle
Gesamtspielzeit: 41:23 min.
Referenzen
Der Hund Marie; Home Of The Lame; Niels Frevert; Gisbert Zu Knyphausen; Jochen Distelmeyer; Fink; I Am Kloot; Eels; Wilco; Califone; Bernd Begemann & Die Befreiung; Justin Balk; Stoppok; Tom Liwa; Blumfeld; Studio Grande; Dziuks Küche; Tilman Rossmy; Funny Van Dannen; ClickClickDecker; Götz Widmann; Rocko Schamoni; Pohlmann; Jona; Kettcar; Tomte; Die Aeronauten; Space Kelly; Element Of Crime; Rio Reiser; Der Junge Mit Der Gitarre; For Stars; Shearwater; Ween; dEUS; The Weakerthans; The Shins; The Good Life; Elliott Smith; Skagen; Athlete; Beck; Gomez; Swell; Pajo; Lou Barlow; Evan Dando; Elvis Costello; Tom Petty; Bob Dylan; Bibi McBenson; Otto; Jürgen von der Lippe; Mike Krüger
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