Sleigh Bells - Reign of terror

Mom + Pop / Sony
VÖ: 17.02.2012
Unsere Bewertung: 5/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10

Sektion Stadionverbot
Stadionrock ist mittlerweile ein beliebtes Schimpfwort. Enttäuschte Indie-Hörer bezeichnen so die Musik ihrer ehemaligen Lieblingsband, deren Konzerte längst an Orten stattfinden, wo sonst Millionäre Jagd aufs runde Leder machen. Die Zeit, als der Sound zur Halbzeitunterhaltung statt aus hochsensiblem High-End-Equipment noch aus sympathisch quäkenden Lautsprechern kam und an eine Punkband beim Katerfrühstück erinnerte, ist ohnehin vorbei. Doch wenigstens Sleigh Bells aus Brooklyn gehen nach wie vor auf die Kuhhaut keines Klangästheten. Auch wenn sie auf dem Opener von "Reign of terror" Publikumsgejohle einspielen und so zumindest imaginär an den Toren der Arenen rütteln. Liebenswerte Selbstironie? Tolldreiste Selbstüberschätzung? Alles auf einmal?
Selbstbeschränkung ist die Sache von Sängerin Alexis Krauss und Instrumentalist Derek Miller hier jedenfalls ebenso wenig wie auf ihrem Debüt "Treats" - zwischen übersteuertem Distorto-Lärm aus der Gitarre und ungeschlachter Metal-Ästhetik bleibt eben wenig Platz für Subtilitäten. Und wer zu den Songs mit den großkarierten Titeln einen Veitstanz wagt, wird schnell feststellen, dass das Cover nicht zufällig blutrote Treter zeigt. Dazu bekämpfen sich rotierende Beatboxen, breitbeiniges Riffing und teils entfesselter, teils lieblicher Helium-Gesang zuweilen bis aufs Messer - man glaubt stellenweise förmlich vor sich zu sehen, wie Krauss und Miller im Studio die Zähne fletschen. Ein Spannungsverhältnis, das auf Dauer aber nicht über das häufige Fehlen guter Songs hinwegtäuschen kann.
Mal einfaches, mal verwirrend komplexes Konserven-Geboller, das von rücksichtslosem Saitengeschredder zerteilt und von außerirdischen Keyboards mit Laserstrahlen beschossen wird, garantiert auf "Reign of terror" zwar für hochgeputschte Soundekstase, wirkt aber oft wie Queens "We will rock you" auf unsauberem Speed. Immerhin ziehen Sleigh Bells ihr grimmiges Handwerk mit solch bohrender Konsequenz durch, dass man es ihnen schwerlich zum Vorwurf machen kann. Was an ihren fiesen kleinen Noise-Rock-Knallfröschen nun Pop sein soll, bleibt jedoch unklar - und nein, ein Songtitel wie "Leader of the pack" allein tut es nicht. Aber zugegeben: In den angepissten Momenten des Lebens hat das nahezu körperlich spürbare Getöse dieses Albums durchaus eine coole Note.
Dann kann man zum stoischen Krawall von "Crush" vorzüglich mit klobig gestiefeltem Fuß aufstampfen, seine "Demons" mittels Lautstärke austreiben oder ein angewidertes "Go to hell" zwischen den Zähnen hervorpressen. Akzentuierte Abmischung und Power in geregelteren Bahnen würden da nur störend wirken. Statt der großen Mehrzweckschüsseln sind Sleigh Bells aber gut beraten, für Auftritte lieber die Presseräume von Piepenbrock-Arena oder Playmobil-Stadion zu buchen. Zwei Sportstätten zudem, die nach Sponsorenwechsel inzwischen längst andere Namen tragen. Vielleicht denken auch Krauss und Miller einmal über einen anderen Förderer nach - idealerweise über einen, der ihnen beim nächsten Mal einen Produzenten finanziert. Es wäre nicht der schlechteste Schritt.
Highlights
- Crush
- Demons
- Road to hell
Tracklist
- True shred guitar
- Born to lose
- Crush
- End of the line
- Leader of the pack
- Comeback kid
- Demons
- Road to hell
- You lost me
- Never say die
- D.O.A.
Gesamtspielzeit: 36:31 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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e.coli |
2012-02-14 16:28:41 Uhr
Vielleicht ist es einfach nicht mehr mein Ding, aber es fehlt mir die Abwechslung - besonders was den Gitarrensound angeht. Aber zahm? Da empfand ich "Treats" als zahmer, auch wenn die Produktion dreckiger war. Wo sind all die Melodien geblieben?! |
HV |
2012-02-14 16:24:51 Uhr
find's ganz okay, auch wenn es mich nicht total umhaut, ist irgendwie ein bisschen zu zahm geworden. |
e.coli |
2012-02-14 16:18:42 Uhr
Nach einem Streamdurchgang: Bis auf "Born to Lose", wenn ich nett bin vielleicht noch "Never Say Die" und "D.O.A.", scheint das alles extrem schlecht und verbraucht. |
HV |
2012-02-14 16:03:09 Uhr
ist ja mittlerweile geleakt bzw. wird schon gestreamt.meinungen? |
basddsa |
2012-01-17 13:17:18 Uhr
Wow, die neue Single ist ja genauso geil. |
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Referenzen
Cults; Cloud Nothings; The Go! Team; Big Stick; Crystal Castles; Blood Red Shoes; Best Coast; Surfer Blood; Howler; M.I.A.; Ebony Bones!; Santigold; Stiffed; Vivian Girls; Wavves; Times New Viking; Royal Trux; Black Bananas; Ducktails; Gauntlet Hair; Real Estate; Happy Birthday; Beach Fossils; My Bloody Valentine; Ganglians; Thee Oh Sees; Japandroids; No Age; Male Bonding; HEALTH; Fang Island; Eat Skull; Navvy; Blonde Redhead; Phantogram; The Kills; The White Stripes; Prinzhorn Dance School; Moon Duo; Grimes; CSS; Purity; Grouplove; No Joy; Girls; The Joy Formidable; The Raveonettes; Dum Dum Girls; Wild Flag; Le Tigre; Bikini Kill; Sleater-Kinney; Bratmobile; Boomkat; Poison The Well; Rubyblue; Queen
Surftipps
- http://www.infinitybells.com/
- http://www.reignofterror.tv
- http://www.momandpopmusic.com/artists#sleigh
- http://neetrecordings.com/sleighbells/sleighbells.html
- http://www.sonymusic.de/Sleigh-Bells
- http://www.myspace.com/sleighbellsmusic
- http://en.wikipedia.org/wiki/Sleigh_Bells
- http://indiepedia.de/index.php?title=Sleigh_Bells
- http://www.last.fm/music/SLEIGH+BELLS
- http://www.discogs.com/artist/Sleigh+Bells
- http://www.digitalspy.co.uk/music/interviews/a363090/sleigh- bells-interview-success-means-more-lights-and-volume.html
- http://www.gq.com/style/wear-it-now/201202/sleigh-bells-dere k-e-miller-alexis-krauss-interview-reign-of-terror-treats
- http://pop-break.com/2011/05/11/interview-sleigh-bells
- http://www.state.ie/26546-features/interview-with-sleigh-bel ls-the-sound-should-be-so-loud-that-it-just-bludgeons-you
- http://www.thevine.com.au/music/interviews/sleigh-bells-_-in terview20101015.aspx
- http://www.pagesdigital.com/interview-sleigh-bells-2
- http://www.facebook.com/sleighbells
- http://twitter.com/#!/sleighbells
- http://www.laut.de/Sleigh-Bells
- http://sleigh_bells.motor.de
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