Field Music - Plumb

Memphis Industries / Indigo
VÖ: 17.02.2012
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10

Hektisch übern Ecktisch
Ob nun Benny Hill, Otto Waalkes oder Speedy Gonzales: Irgendwann ist er da, jener Moment, in dem erfrischende Unrast von albernem Irrsinn nicht mehr wirklich unterschieden werden kann. Die Gebrüder Brewis waren in diesem Sinne schon immer gefährdet. Einer von ihnen reichte stets aus, um den Indie-Pop-Grundschullehrern ihres Misstrauens ordentlich die Pullunder zu zerzausen. Waren sie jedoch gar als Zwillingspärchen mit Field Music unterwegs, so verdampfte die Rauchwolke der Eltern noch vor dem Abschiedsschmatzer am Horizont. Auf bereits drei Alben machten Field Music zu diesen Grundkonstanten heitere Grimassen zum brillanten Spiel. Nicht Zerstörung, sondern wilde Sublimierung, so könnte man sagen. "Plumb" überspannt nun leider den Bogen - ein Indie-Pop-Grundschullehrer, wer Zerzaustes dabei denkt.
So beherrschen "Plumb" unter anderem psychedelische Beatles-Chorgesänge, die allerdings gleich bei "Start the day right" im Regen stehen gelassen werden - beziehungsweise in schillernden Wolkenbrüchen aus Klavierauftakten, Jazz-Pop-Gitarrenläufen und allsekündlichem Lustwandel auf der rhythmischen Borderline absaufen. Auch folgend produzieren Field Music derart begossene Pudel en masse. Halt- und zügellos geben sich Artrock-Rock- und Britpop-Miniaturen die Klinke in die Hand - meist in ein und demselben Song. Dabei vergessen Field Music allerdings, ihre Songs irgendwo oder durch irgendwas zu erden. Was eben schon immer der Ansatz ihrer Genialität war, in dieser Konsequenz aber nicht immer hinhaut.
"A new town" verdichtet sich schließlich doch noch ganz wunderbar zu einem Schmeißfliegenschwarm in Hochkultur-Rock, doch gleich das folgende "Choosing side" weiß mit seinem ins Synthie-Honken stolpernden Rhythmus nicht wirklich was anzufangen - außer eben so lange als klatschnasses Indie-Schleuderprogramm aus der Wäsche zu gucken, bis ein Offbeat-Groove doch noch Stabilität andeutet, um circa 30 Sekunden später auch schon wieder vorbei zu sein. Auch "Guillotine" kriegt sich irgendwann ein, nur kurz darauf aber Fracksausen vor so viel Geradeaus. Und das leider erneut, bevor Field Music das volle Potenzial daraus schöpfen können oder wollen.
"So long then" und "From hide and seek to heartache" hingegen haben große Melodien zwischen Melancholie und Queen-Hysterie im Angebot - Momente also, bei denen es sich unbedingt lohnt, sie einmal durch den Kakao zu ziehen, dabei aber hell erstrahlen zu lassen. Und "Like everyone else" bekommt es ganz zum Schluss noch einmal hin, aus seinem erfrischend stoischen Beat den perfekten Teppich für das abschließende, konsistente "(I keep thinking about) a new thing" auszurollen. Das Holzauge schaut auf die Songtitel und ist wachsam - weil es nach all dem Gewusel ohnehin nicht mehr pofen kann. Sprich: Mit "Plumb" befinden sich Field Music erstmals gar über der Dekonstruktion. Hielten sie bisher einerseits jene Augenblicke fest, in denen ein Umkippen angedeutet wurde, spielten sie andererseits aber stets genau das, was notwendig wurde, um wieder zurückzukehren. "Plumb" hingegen ist ein selbstreferentieller Setzkasten, dem man trotz allen Trubels noch nicht einmal unbändige Spielfreude unterstellen möchte. Analyse schlägt also Kreation: Bitte setzen und noch mal drüber nachdenken - würde man sagen, wenn die Gebrüder Brewis nicht längst nebenan das Schul-Frettchen durch die Gänge jagen würden. Burnout, wir kommen.
Highlights
- A new town
- So long then
- From hide and seek to heartache
- (I keep thinking about) a new thing
Tracklist
- Start the day right
- It's okay to change
- Sorry again, mate
- A new town
- Choosing sides
- A prelude to Pligrim Street
- Guillotine
- Who'll pay the bills?
- So long then
- Is this the picture?
- From hide and seek to heartache
- How many more times?
- Ce soir
- Just like everyone else
- (I keep thinking about) a new thing
Gesamtspielzeit: 35:40 min.
Referenzen
School Of Language; The Week That Was; Benji Hughes; The Soundtrack Of Our Lives; Beck; Badly Drawn Boy; Ben Kweller; The Flaming Lips; Ween; The Sea And Cake; Yamon Yamon; Minus The Bear; Karate; Motorpsycho; Tapes 'N Tapes; 764-Hero; Built To Spill; Modest Mouse; The Delgados; Bound Stems; Rosa Mota; The Kingdom; Destroyer; Pavement; The Breeders; Sonic Youth; Yo La Tengo; Frightened Rabbit; Maritime; Jimmy Eat World; SJ Esau; Neutral Milk Hotel; Guided By Voices; The Folk Implosion; Pixies; Cursive; The Futureheads; Bloc Party; Queen; XTC; Peter Gabriel; The Police; The Beatles; Paul McCartney; The Wings; The Small Faces; The Who; The Beach Boys; The Animals; Fleetwood Mac; Neil Young
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