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Guided By Voices - Let's go eat the factory

Guided By Voices- Let's go eat the factory

Fire / Cargo
VÖ: 20.01.2012

Unsere Bewertung: 6/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Schnapsideen

Der Einfluss der US-amerikanischen Indie-Institution Guided By Voices auf die moderne Rockmusik war selten so offensichtlich wie in den letzten drei, vier Jahren. Indie-Rock durfte wieder beherzt knarzen und sich ungelenkig bewegen, mit ungewaschenen Haaren und Löchern in den alten Jeans. Eine Vielzahl an Newcomer-Bands hatte damit großen Erfolg, es entstanden tolle Alben, mit rotzig-trotzigem Charme. Man denke nur an Smith Westerns, Japandroids oder Yuck, die den Spirit der Neunziger inhalierten und daraus feiste Platten schufen. Doch die Gruppe, die schlampigen LoFi-Rock erst so richtig salonfähig machte, lag genau zu der Zeit auf Eis, als gefühlt jede neue Rumpelrock-Combo Bestwertungen abstaubte. Pünktlich zum gefühlten Abebben des Hypes melden sich nun Guided By Voices konsequenterweise zurück - und zwar in Urbesetzung, mit gewohnt kurzen, teils skizzenhaften Stücken. 21 Lieder fanden den Weg auf "Let's go eat the factory", wobei die Herren von der Aufnahme-Session noch so viele Stücke über haben, dass im Frühjahr mit "Class clown spots a UFO" gleich der nächste Streich folgen wird.

Bei der hohen Quantität an Titeln ist die exorbitante, stilistische Vielfalt die logische Konsequenz, was im Kosmos von Robert Pollard und Tobin Sprout per se nicht weiter überrascht: Nervös zuckender Post-Punk, düsterer Wave-Rock und Proto-Indie wechseln sich auf dem nunmehr sechzehnten Album der Band im munteren 90-Sekunden-Takt ab. Oftmals klingen die Stücke wie flüchtig hingeworfene Ideen, die es nicht ganz zu einem ausgewachsenen Song geschafft haben. Sicher, dieser Minimalismus ist keine Neuigkeit, sondern vielmehr ein absolut stilprägendes Merkmal, das bereits die Meisterwerke "Bee thousand" und "Alien lanes" auszeichnete. "Let's go eat the factory" wirkt dennoch weitaus weniger dynamisch, weniger kohärent, an manchen Stellen klingen Guided By Voices gar etwas bärbeißig. Wenig inspirierte Skizzen wie "How I met my mother" oder "God loves us" verflüchtigen sich im Nu, haben kaum Charme oder Esprit, wirken wie Rosinen, die eigentlich niemand pickt.

Dennoch ist "Let's go eat the factory" kein schlechtes Album. Überhaupt nicht. Das poppige "Doughnut for a snowman" könnte kaum schöner klingen, "The unsinkable Fats Domino" ist ein ziemlich smarter Slacker und "Old bones" eine schluffige Variation des Themas von "Auld lang syne". Guided By Voices bleiben, trotz kleiner Ausreißer nach unten, Meister ihres Faches, sie kreieren einen bunten Gemischtwarenladen voller Schnapsideen und lassen Konventionen endgültig Konventionen sein. Die große Leistung der Gruppe ist das Kultivieren einer ernstgemeinten und wenig polierten LoFi-Mentalität, nach der alles möglich ist. Nichts wird beschönigt, nichts gerade gerückt, alles erscheint in natürlichem Licht. Taufrisch ist das nicht, schließlich sind die Männer schon in einem stattliches Alter. Doch dafür haben sie sich hörbar gut gehalten. Besser als so manch hochgelobte Hypeband, die schon längst über den Jordan gegangen ist.

(Kevin Holtmann)

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Highlights

  • Doughnut for a snowman
  • The unsinkable Fats Domino
  • My Europa

Tracklist

  1. Laundry & lasers
  2. The head
  3. Doughnut for a snowman
  4. Spiderfighter
  5. Hang Mr. Kite
  6. God loves us
  7. The unsinkable Fats Domino
  8. Who invented the sun
  9. The big hat and toy show
  10. Imperial racehorsing
  11. How I met my mother
  12. Waves
  13. My Europa
  14. Chocolate boy
  15. The thing that never need
  16. Either Nelson
  17. Cyclone utilities (Remember your birthday)
  18. Old bones
  19. Go rolling home
  20. The room taking shape
  21. We won't apologize for the human race

Gesamtspielzeit: 41:44 min.

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