Various Artists - Johnny Boy would love this ... a tribute to John Martyn

V2 / Soulfood
VÖ: 16.09.2011
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10

Haben die Ehre
Wenn schon, denn schon. Dachten sich John Martyns Nachlassverwalter und versammelten gleich 30 Musiker zum Gedenken an den Songwriter und Gitarristen. Verdient hat er es: Auch wenn dem Briten zeitlebens nicht gerade Weltruhm vergönnt war, hat er seine Spuren hinterlassen. Er machte in der Folkmusik Delay-Effekte, Tapeloops und perkussives Saitenspiel populär, beeinflusste Eric Clapton, spielte mit Phil Collins und widmete dem befreundeten Nick Drake einen Song nach dessen Tod. Zwar finden sich auch Alkoholmissbrauch und Drogensucht in seiner Vita - 2003 musste ihm sogar ein Unterschenkel amputiert werden. Martyn aber musizierte bis zu seinem Tode Anfang 2009 tapfer weiter. Ob er nun alle diese 30 Versionen seiner Songs geliebt hätte, sei dahingestellt - gefallen hätte ihm als Wanderer zwischen den Welten von Folk, Rock, Blues und Jazz aber zweifelsohne die stilistische Bandbreite der Beteiligten.
Die reicht nämlich von Beth Ortons und Vashti Bunyans Torch Songs über zeitgenössischen Folk von The Swell Season und Vetiver und die durch Snow Patrol und Bombay Bicycle Club vertretene Indie-Fraktion bis hin zu Groovigem von Morcheeba nebst Sängerin Skye - von Blues, Gospel und Swamp-Rock ganz zu schweigen. Selbst Beck und Robert Smith erweisen ihre Referenz. David Grays großartige Interpretation von "Let the good things come" fasst diese Compilation zu Anfang trefflich zusammen: viel Gutes, einiges Verzichtbares. Dabei legen die Mitwirkenden auf die eher matten Momente von Martyns Diskografie wenig Augenmerk, so dass Mainstream-orientierte Alben wie "Piece by piece" oder "Sapphire" kaum Beachtung finden und sogar der schunkelige Achtziger-Radiostandard "Lonely love" draußen bleiben muss. Immerhin "John Wayne" erlangt in der rüpeligen Indie-Rock-Behandlung von Oh My God neue Relevanz.
Erstaunlich ist hingegen, was mit dem Material geschieht, das Martyn in den Siebzigern aufnahm: Bei Robert Smith wird aus "Small hours" länglich schwurbelnder Dream-Pop in Heimarbeit, Skyes Version des Nick Drake gewidmeten "Solid air" ist ein traumhaftes Stück gebrochener Reverb-Blues, das klarstellt, warum Martyn einmal kurz als Pate des TripHop galt - so könnten auch Portishead ohne maschinelle Agonie zu Werke gehen. Dass einige Bands die Kirche im Dorf lassen, lässt sich auf die massive Spielzeit gesehen allerdings nicht vermeiden. Bombay Bicycle Club machen im akustischen Zupfgewand zwar einen genauso soliden Eindruck wie Snow Patrol mit einer Kuschelfassung von "May you never" oder Paolo Nutinis schwermütiges "One world" - besonderes Aufhorchen verdanken diese Versionen aber vornehmlich ihren prominenten Urhebern.
Doch meist geht es anders - das beweisen nicht zuletzt The Swell Season beim jubilierenden "I don't want to know" und Morcheeba, die "Run honey run" zu einem infektiös rollenden Groove-Karton umarbeiten. Irgendwie folgerichtig, dass Martyn zuletzt eine Kooperation mit den TripHoppern angedacht hatte, zu der es dann leider nicht mehr kommen sollte. Der Schlussakkord gehört Phil Collins, der seinen alten Weggefährten zuletzt ein ums andere Mal aus dem kreativen Loch holte - und dem man für sein versöhnlich Soul-poppendes "Tearing and breaking" nun wirklich nicht böse sein kann. Ehrensache, dass Collins auch auf der beiliegenden DVD zu Wort kommt, sofern man sich für die limitierte Version entschieden hat - andernfalls verpasst man zudem das letzte Interview, das Martyn je gab. Gute Nacht, John Boy.
Highlights
- Let the good things come (David Gray)
- Small hours (Robert Smith)
- I don't want to know (The Swell Season)
- Solid air (Skye)
- Run honey run (Morcheeba)
- John Wayne (Oh My God)
Tracklist
- CD 1
- Let the good things come (David Gray)
- Glorious fool (Clarence Fountain & Sam Butler)
- Small hours (Robert Smith)
- Stormbringer (Beck)
- Over the hill (Ted Barnes)
- I don't want to know (The Swell Season)
- Bless the weather (Emperors Of Wyoming)
- Couldn't love you more (Lisa Hannigan)
- Go easy (Vetiver)
- Solid air (Skye)
- You can discover (Cheryl Wilson)
- The easy blues (Joe Bonamassa)
- Dancing (Sonia Dada)
- Certain surprise (Sabrina Dinan)
- One world (Paolo Nutini)
- CD 2
- May you never (Snow Patrol)
- Go down easy (Beth Orton)
- Fairy tale lullaby (Bombay Bicycle Club)
- Fine lines (Syd Kitchen)
- Head & heart (Vashti Bunyan)
- Run honey run (Morcheeba)
- Angelina (Nicholas Barron)
- Walk to the water (Jon Smith)
- Hurt in your heart (Judie Tzuke)
- Road to ruin (Jim Tullio)
- John Wayne (Oh My God)
- Rope soul'd (The Black Ships)
- Back to stay (Ultan Conlon)
- Anna (Brendan Campbell)
- Tearing and breaking (Phil Collins)
Gesamtspielzeit: 133:00 min.