Rotor - Festsaal Kreuzberg
Elektrohasch / Sonic Rendezvous
VÖ: 28.10.2011
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
Auf der Walz
"Auf's Maul?" Gerne, es tut auch so gut wie gar nicht weh. "Hart am Wind"? Allerdings - von Rotor kann sich auch die eine oder andere Viking-Metal-Band in puncto Härte eine Scheibe abschneiden. "Klar Schiff"? Herrscht zweifelsohne in den Gehörgängen, wenn das Trio sie einem erst einmal mit brachialen Donnerriffs freigepustet hat. Auch der Rezensent von Plattentests.de ließ sich seinerzeit von "3" so gerne das Haupthaar durchfönen, dass ein "Album der Woche"-Titel herausplumpste. Unter anderem, weil Rotor ob der zu latenter Grenzdebilität neigenden Songbenennung das einzig Richtige tun: Sie halten die Klappe, statt ihre tieffrequenzig wühlenden Breitseiten aus Stoner Rock und Bolzenschneider-Metal mit sinnfreien Textdichtungen zu verschandeln. Allzu viel geändert hat sich bei den Berlinern also nicht - doch was bei anderen Bands ein kreativer Offenbarungseid wäre, steht bei Rotor für die Kontinuität, mit der sie standhaft das Banner "Instrumental rock music since 1998" hochhalten.
Auch live hängen Gitarre und Bass tief, etwas weiter heruntergestimmt geht es immer noch, und die Musiker denken vermutlich nicht im Traum daran, ihre verspiegelten Sonnenbrillen auch nur eine Sekunde abzunehmen. Malmende Riffs verschieben sich knirschend gegen frenetische Leads, Tempowechsel schießen ins Kraut, entspannte Solo-Passagen sind lediglich ein Luftholen vor dem nächsten Schlag ins Kontor herkömmlicher metallischer Hörgewohnheiten. "Drehmoment" legt mit potenzierter Monotonie die Messlatte hoch, der wütende Doppelpack "Karacho/Heizer" packt noch eine Schippe glühender Kohlen in die schwer atmende Maschine. Selbst der harmonische Melodiebogen von "Transporter" kühlt das überschäumende Mütchen nur vorübergehend, bis bei "Derwisch" der ganze Saal in die Luft zu fliegen droht. Doch bevor es zum Schlimmsten kommt, bremsen Rotor fürs Finale rechtzeitig ab und haben doch die Nase vorn. Wer hier nicht mosht, ist tot.
Man kann nun argwöhnen, ein Livealbum sei für diesen dröhnenden Frontalangriff auf die Sinne womöglich nicht die geeignetste Darreichungsform - und hat damit vielleicht gar nicht einmal Unrecht. Gut möglich, dass diese Musik tatsächlich dann am besten funktioniert, wenn man sich mit ihr im selben Raum befindet und dort den Boden unter den Füßen verliert oder es zumindest mit den Grenzen der eigenen Wahrnehmung zu tun bekommt. Ganz hartgesottene Pessimisten könnten sogar bemängeln, dass "Festsaal Kreuzberg" ausschließlich Material aus den beiden letzten Studioalben versammelt und so lediglich einen bedingten Einblick in Rotors Gesamtwerk gewährt. Zwei berechtigte Einwände, die aber überhaupt nichts zur Sache tun angesichts eines unaufhaltsam mahlenden akustischen Schaufelbaggers wie diesem. Einstimmiges Urteil beim Verlassen der Halle: "And the band played niederwalzing Mathilda." Oder auch, einmal mehr: Schweres Gerät - leichteste Übung.
Highlights
- Drehmoment
- Karacho/Heizer
- Derwisch
Tracklist
- Drehmoment
- Hart am Wind
- 3
- AN3R4
- Karacho/Heizer
- Transporter
- Klar Schiff
- Derwisch
- Die weiße Angst
Gesamtspielzeit: 45:16 min.
Referenzen
Colour Haze; Am Yeto; Gore; 35007; Sungrazer; Karma To Burn; Melvins; The Obsessed; Baroness; Shrinebuilder; Neurosis; Kyuss; Bison B.C.; Dozer; Kevlar; Pelican; Kylesa; Red Sparowes; Priestess; SunnO))); Boris; Earth; Isis; Mono; O.L.D.; Sleep; DŸSE; Qa’a; Cult Of Luna; The Jesus Lizard; Brant Bjork; Fu Manchu; Clutch; Spiritual Beggars; Truckfighters; Smoke Blow; Monster Magnet; Mastodon; Dead Meadow; Black Mountain; The Atomic Bitchwax; Queens Of The Stone Age; Desert Sessions; Russian Circles; Quest For Fire; El Caco; Mustasch; Chuck Norris Experiment; Bulbul; Årabrot; Earthless; Collapse Under The Empire; The Hirsch Effekt; Flugschädel; Bocksch; Our Lives Without Us; Explosions In The Sky
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