Haujobb - New world march
Zweieck / Soulfood
VÖ: 25.11.2011
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
Nicht ganz
Es gibt Musiker, bei denen angesichts zahlreicher eigener Bands, Projekte oder sonstiger Spielwiesen durchaus die Frage gestattet ist, wie denn die Herrschaften bitte sehr den Überblick zu wahren gedenken. Dass Daniel Myer allerdings vor einigen Jahren ausgerechnet seine Hauptband Haujobb auf Eis legte, um sich seinen gefühlt 124 anderen Betätigungsfeldern zu widmen, allen voran den schwedischen Future-Poppern Covenant, überraschte dann doch. Zumal sich das Duo dank höchst intensiver Live-Shows einen durchaus respektablen Ruf in der Szene erarbeitet hatte.
Langeweile kann also nicht Myers Motiv zur Wiederbelebung Haujobbs gewesen sein, eher schon das Drängeln von Bandgenosse Dejan Samardzic, der bereits in vorauseilendem Gehorsam die ersten Songfragmente geschrieben hatte. Aufgestaute Kreativität trifft es schon besser, nahm doch die bereits vorab veröffentlichte Single "Dead market", das erste auf Tonträger verewigte Lebenszeichen nach acht Jahren, die einschlägigen Charts im Handstreich. Anders als bei diesem räudigen Bastard aus frühen Skinny Puppy und höchst tanzbarem Elektrorock wird auf der Langstrecke allerdings mehr Sitzfleisch erwartet, denn "Control" lässt zunächst noch einen gewissen Spannungsbogen vermissen.
Danach allerdings zeigen die minimalistisch-kalten "Crossfire" und "Let's drop bombs", dass beide Protagonisten von der Auszeit profitiert haben - Myer nicht zuletzt von der Zusammenarbeit mit dem ehemaligen Depeche-Mode-Recken Alan Wilder, Samardzic von der schöpferischen Pause. Dass dabei der Grat zwischen der reduzierten Endzeitstimmung ähnlich früher Front 242 bei "Machine drum" und den pappigen Achtziger-Synthies von "More than us" überschritten wird, ist daher durchaus bedauerlich. Etwaige Missstimmung darüber wird dem Hörer allerdings mittels des wütenden "Soul reader" und dem scheinbar vom "Blade Runner"-Soundtrack stammenden Titeltrack schnell ausgetrieben.
Was für "New world march" sowohl als Auszeichnung als auch als leises Manko verstanden werden kann, ist also eine gewisse "Nicht ganz"-Haltung. Nicht ganz die absurden Klangwelten von Skinny Puppy. Nicht ganz die apokalyptische Endzeitstimmung von Front Line Assembly oder Project Pitchfork. Nicht ganz bedingungslose Rückschau auf alte Wave- und EBM-Gassenhauer. Aber aus diesen Versatzstücken verstehen es Haujobb so gut wie selten in ihrer Karriere, eine atmosphärische Dichte zu erzeugen, die sie auf Augenhöhe mit besagten Genregrößen bringt. Nicht ganz schlecht, sozusagen.
Highlights
- Machine drum
- Dead market
- Soul reader
- New world march
Tracklist
- Control
- Crossfire
- Let's drop bombs
- More than us
- Machine drum
- Dead market
- Lost
- Soul reader
- Little world
- Membrane
- New world march
- Echo
Gesamtspielzeit: 53:53 min.
Referenzen
Cleen; Liquid Divine; Clear Vision; Covenant; Front 242; Nitzer Ebb; Front Line Assembly; X-Marks The Pedwalk; Funker Vogt; Cabaret Voltaire; Architect; Psyche; Destroid; Human Decay; Headscan; Dark Illumination; Skinny Puppy; ohGr; Nine Inch Nails; False Icons; Torul; Acretongue; Mind.In.A.Box; Imperative Reaction; Cobalt 60; Leæther Strip; Apoptygma Berzerk; Numb; :wumpscut:; VNV Nation; The Klinik; 32Crash; Noise Unit; A Split Second; Clock DVA; Revolting Cocks; Lead Into Gold; KMFDM; And One; Recoil; Depeche Mode