Astronautalis - This is our science
Fake Four Inc. / Cargo
VÖ: 23.09.2011
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Vorzüge eines Nachtylers
Manche Menschen lassen sich nur schwer zusammenbringen. Die Vorstellung etwa, Tegan & Sara zusammen mit Tyler, The Creator bei einem Öko-Tee in einem dieser Lokale sitzen zu sehen, in denen Gemälde von lokalen Künstlern hängen und den ganzen Abend Dylan-Platten laufen, ist nach dem muffeligen Brief der beiden Damen an Tyler über Homophobie und dessen "charmanter" Antwort undenkbar. Daher bekam den Slot im Vorprogramm ihrer Tour auch ein gewisser Andy Bothwell, der sich Astronautalis nennt und schon mit P.O.S. und Sole zusammengearbeitet hat. Seine Texte sind von Form über Inhalt anständig und auch die Beats werden von Drums, Gitarre und handgespielten Instrumenten unterstützt. Ein Fest für Freunde, die sonst ja keinen HipHop hören, weil genau der auf "This is our science" nicht mehr als eine Statistenrolle bekommt.
Denn Bothwell hat eine Platte gemacht, die Rap benutzt, aber mit HipHop nichts am Hut hat. "Measure the globe" umarmt mit seinem Klavier eher den Indie-Rock. Der schlagende Haken von "The river, the woods" läuft am Ende ebenfalls in einen organischen Sound. Klar, der Rhythmus bleibt erste Hausnummer, aber trotzdem insertieren "Thomas Jefferson" und "Midday moon" ganz bewusst Melodien. Elektronika und Indie bleiben als Werkzeug in greifbarer Nähe. Die Spannungsbögen bauen sich dann auch eher darüber auf, als über Bothwells Fähigkeiten mit Worten umzugehen. Er nutzt kaum Metaphern, Wendungen oder andere Mittel, um seine Lyrics an den Mann zu bringen. Stattdessen bleiben die Dinge klar und werden wie in "Midday moon" beim Namen genannt: "I've been told that when we die / and we pass to the other side / there is no bright light." Bothwell legt sich die verschiedenen Identitäten wie Kettenhemden an und zieht das Rollenspiel ohne Bruch auf. Da ist dann auch Rap über den Erfinder des periodischen Systems drin.
Das mutet vom Inhalt alles streberhaft an, aber Bothwell hat trotzdem einen unglaublichen Zug für seine Lyrics - selbst wenn "Secrets on our lips" seinen dicken Refrain ausfährt. Bothwell ist damit nah beim aktuellen Indie-Rap-Geschehen und doch wieder nicht. Wo sonst Sozialkritik oder Familiendramen ums Fernsehprogramm thematisiert werden, bringt er ohne Kompromisse sein Wissen und die Vergangenheit ins Spiel. Dass sich Astronautalis damit auch ein wenig selbst aus dem Spiel nimmt und seinen eigenen Film schiebt, verwundert kaum noch. Und dass er damit nirgends aneckt, ebenso wenig. Ein Teil kann diese Platte feiern, weil da jemand Rap macht, der politisch korrekt ist und ohne böse Worte auskommt. Der Rest bekommt ein gutes Album zu hören, das gegen Tyler allerdings den Kürzeren zieht. Auch wenn der Bio-Tee noch so gut dazu schmeckt.
Highlights
- The river, the woods
- Secrets on our lips
Tracklist
- The river, the woods
- This is our science
- Thomas Jefferson (feat.Sims & Mike Wiebe)
- Measure the globe
- Dimitri Mendeleev
- Midday moon
- Contralis (feat. Tegan Quinn)
- Holy water
- Secrets on our lips
- Lift the curse
- One for the money
Gesamtspielzeit: 37:41 min.
Referenzen
P.O.S.; Eyedea; Sound Of Rum; Why?; Sole; The Four Fists; Beck; Buck65; Alias; Sage Francis; B. Dolan; Akala; Doomtree; Aesop Rock; Tom Waits; Atmosphere; Evidence; Speech Debelle; Beastie Boys; Themselves; Busdriver; cLOUDDEAD; Hymie's Basement; Non-Prophets
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- Astronautalis (7 Beiträge / Letzter am 07.08.2017 - 10:27 Uhr)