Poems For Laila - On a Wednesday
Vielklang / EFA
VÖ: 01.03.2002
Unsere Bewertung: 5/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
An der Wurzel
Der Berliner Schmelztiegel diente vor Jahr und Tag einer bunt gemischten Horde von Romantikern mit dem Namen Poems For Laila als Heimstatt. Ihr Vordenker Nikolai Tomás versuchte sich an "Poems for the 20th century" und gab dem Weltschmerz eine Chance, während sich der Rest der multikulturellen Truppe daran begab, dem osteuropäisch angehauchtem Folkrock Beine zu machen. Doch ihr Exotenbonus war bald verpufft, und die Suche nach Veränderung mündete schließlich nach eher unentschlossenen Rettungsversuchen in der zwischenzeitlichen Auflösung der Band.
Nachdem Tomás eine Zeitlang mit Beats und Loops herumgemacht hatte und letztlich auf der kommerziellen Nase gelandet war, fiel ihm bald wieder ein, welcher Sound seine romantikgetränkten Songs noch am besten transportiert hatte. So scharte er einen runderneuerten Haufen Gleichgesinnter wie Ex-Lemonbaby Julia Goldlust um sich und startete einen neuen Versuch. Eine aus dem Stand ausverkaufte Tour war im vergangenen Jahr Argument genug, auf der Spur des "Russian Billy" weitere Geschichten von Fernweh und anderen Sehnsüchten zu erzählen.
Wurde vor acht Jahren das letzte Studioalbum noch von einer Größe wie Phil Manzarena (Roxy Music) produziert, machte sich nun Tomás selber mit dem Bassisten Jean-Marie Gilles am Mischpult breit. So fütterte er den heimischen Rechner mit hemdsärmeligen Rock, bei dem die Akustische schrammelt und klebrige Streicher aus dem Keyboard jegliche Atmosphäre vertreiben. Songs wie "Let me think" und "Letter from far away" wirken dabei schablonenhaft zusammengeschustert und haben die Handbremse schon gleich im Kopf. Fast begrüßenswert erscheint da der hüftsteife Versuch, mit ein paar pumpenden Beats in "Morning sun" für Abwechslung zu sorgen.
Dabei geht es doch auch anders. Mit dem augenzwinkernden "Linda loves me" und dem flotten "T-shirt song" gelingen denn auch wieder Songs zum fröhlichen Mitwippen. In "White lane" sorgt ein schwüler Groove für Nackenkräuseln, und in "Time comes again" seufzt Tomás beseelt zum Abschied von den Lieben. "Take care of your asses until I am back". Dazu läßt man die Säge singen und die Geigen weinen, das Klavier flüstern und die Gitarren twangen. Doch leider hat sich der östliche Flair, der die mitunter dicht an der Grenze zum Kitsch herum stolzierenden Lieder früher belebte, allzu sehr verzogen. "I don't like Americans" singt Tomás. Warum versucht er dann trotzdem, sie zu kopieren, anstatt sich auf die eigenen Wurzeln zu besinnen? So wirkt "On a Wednesday" über weite Strecken wie das Brot vom vergangenen Mittwoch. Sonntagsbrötchen schmecken anders.
Highlights
- Linda loves me
- T-shirt song
Tracklist
- Let me think
- I was walking
- White lane (with Twin)
- Don't ask me questions
- Linda loves me
- Time comes again
- Americans
- Morning sun
- The story of Jane
- When I die
- Letter from far away
- T-shirt song
- Last cigarette (with Judith Hermann)
Gesamtspielzeit: 47:36 min.
Referenzen
Nikolai Tomás; The Walkabouts; The Ukrainans; Oysterband; The Klezmatics; Nick Cave & The Bad Seeds; Scott Walker; Leonard Cohen; The Church; The Fat Lady Sings; The Levellers; Element Of Crime
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