Ane Brun - It all starts with one

Balloon Ranger / Cargo
VÖ: 16.09.2011
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

Winter vorm Balkon
Im Nachhinein kann man sagen, dass auf "Changing of the seasons" schon der Grundstein gelegt wurde, für das, was drei Jahre später - also jetzt - folgen sollte: Ein Album, dessen erste Singleauskopplung mit ihrem ungestümen Tribal-Drumming alle Herbstblätter von den Bäumen fegt, während Ane Bruns Stimme mit erhabener Geste Drachen steigen lässt und die süßen Schwestern von First Aid Kit leise im Hintergrund, wie eine dunkle, aber stetig präsente Erinnerung, "Do you remember?" tirilieren. Und dann ist Winter. Die Bäume sind kahl geworden und auch die Instrumentierung auf "It all starts with one" erinnert an die spartanische Klarheit einer Schneelandschaft. Eine Szene ohne Requisiten, aber mit viel Atmosphäre. Bruns Stimme ist die Protagonistin, stärker und eindringlicher denn je. Man glaubt es sofort, dass vor dem Betreten des Studios nur Texte und Melodien existierten und alles andere in Zusammenarbeit mit den Musikern direkt vor Ort entstanden ist.
Diese zehn Songs offenbaren in luftiger Höhe schwebende, weitläufige Kulissen, die gleichzeitig eine bemerkenswerte Tiefe besitzen, aber immer Bruns Stimme den nötigen Raum gewähren - und davon braucht sie reichlich. Alles ist um ihren ätherischen Gesang herum arrangiert, jede Note bietet edelmütig ihre Unterstützung an, zeigt sich jedoch niemals aufdringlich. Das selbstlose Dasein der Instrumente hat beinahe etwas von Heiligenverehrung - passenderweise wird der Opener "These days" dann auch auf einen sanften Orgel-Teppich gebettet, geknüpft von Martin Hederos (The Soundtrack Of Our Lives). Es wird das einzige Stück bleiben, das sich auch einen Bass leistet. Die pulsierende Percussion von Per Eklund (Lykke Li, Miike Snow) und Ola Hultgren (Loney, Dear) bahnt sich allerdings häufiger den Weg in die Kompositionen auf Bruns viertem Studioalbum. Man könnte beinahe vermuten, dass ihre gemeinsame Tour mit Peter Gabriel ein paar weltmusikalische Spuren hinterlassen hat.
Die sehr frei angelegten Arrangements sind manchmal allerdings auch von Nachteil: Songs wie "What's happening with you and him" oder "The light from one" scheinen etwas auf der Stelle zu treten und sich zu sehr auf das schwelgende Aquarellieren zu konzentrieren, anstatt sich um etwas mehr Form, Farbe und Struktur zu bemühen. Bei "Words" hingegen stört diese emotionale Landschaftsmalerei überhaupt nicht, ganz im Gegenteil: Besonders die Streicher illuminieren herrlich und diese unglaubliche Ruhe, mit der Brun das Stück darbietet, wirkt außerordentlich entspannend. Dasselbe gilt für "Worship", ein ebenfalls sehr zurückhaltendes, fast mantra-artiges Kleinod, mit José Gonzáles als Gastsänger. Die schönste Melodie hat jedoch das zusammen mit Wendy McNeill geschriebene "Lifeline", begleitet von sachten Klampfentönen und einem Hauch von Vibraphon.
Bei der Liebesbeteuerung "Oh love" ist dann auch endlich mal die Akustikgitarre auf Augenhöhe und nicht bloß Beiwerk. Da kann man über das bisschen honigsüßen Kitsch, der in Zeilen wie "A neverending moment of a whisper / From your mouth through mine / Of those words that gently filled my lungs" liegt, durchaus hinweghören. Denn was auch immer Brun zum klingen bringt: Man nimmt es ihr ohne den geringsten Zweifel ab. Ihre Musik entwickelt diesen ganz speziellen Sog, dem man sich nur schwer entziehen kann. Da ist es nur konsequent, dass das epische letzte Lied dann auch "Undertow" heißt, mit einem einsam leuchtenden Klavier beginnt und sich schließlich wie eine Naturgewalt ausbreitet. Der nächste Frühling liegt schon in der Luft.
Highlights
- Do you remember
- Lifeline
- Oh love
- Undertow
Tracklist
- These days
- Words
- Worship (feat. José Gonzáles)
- Do you remember
- What's happening with you and him
- Lifeline
- One
- The light from one
- Oh love
- Undertow
Gesamtspielzeit: 45:24 min.
Album/Rezension im Forum kommentieren (auch ohne Anmeldung möglich)
Teile uns Deine E-Mail-Adresse mit, damit wir Dich über neue Posts in diesem Thread benachrichtigen können.
(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
---|---|
nachfrage |
2011-11-02 13:43:42 Uhr
was outest du dich als Depp, wenn du diese Art Musik nicht magst? |
skandinavische einschlafhilfe |
2011-11-02 11:57:22 Uhr
wird die hier immer noch gehyped? unglaublich. |
bee |
2011-11-02 10:04:20 Uhr
dieser Platte eine 6/10 zu geben ist ein Witz - sie ist annähernd ein Meisterwerk. |
Konsum |
2011-09-07 17:29:51 Uhr
Na, ich hoffe doch, dass der rest wie imemr ist. Die neue Single gefällt mir nämlich nicht. |
ciné |
2011-09-07 17:19:19 Uhr
ist aber auch der einzige lebhafte song auf dem album. sonst einschläfernd und spröde wie immer. |
Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.
Referenzen
Emiliana Torrini; Nina Kinert; A Camp; El Perro Del Mar; The Tiny; Feist; Lykke Li; Susanne Sundfør; Anna Ternheim; Maria Solheim; Frida Hyvönen; First Aid Kit; Teitur; Nick Drake; Hilde Louise Asbjørnsen; Britta Persson; Sophie Zelmani; Rebekka Karijord; Martha Wainwright; Tristan Brusch; Ani DiFranco; CocoRosie; Wendy McNeill; Tobias Fröberg; Thomas Dybdahl; Syd Matters; José Gonzáles; Ron Sexsmith; M.Ward; Jolie Holland; Keren Ann; Fiona Apple; Aimee Mann; Scott Matthews; Jens Lekman; Vashti Bunyan; The Cardigans; Damien Rice; Dear Euphoria; Bat For Lashes; St. Vincent; Joni Mitchell
Bestellen bei Amazon
Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv

Threads im Plattentests.de-Forum
- Ane Brun - How beauty holds the hand of sorrow (3 Beiträge / Letzter am 04.12.2020 - 11:20 Uhr)
- Ane Brun - After the great storm (1 Beiträge / Letzter am 28.10.2020 - 22:16 Uhr)
- Ane Brun - It All Starts With One (6 Beiträge / Letzter am 02.11.2011 - 13:43 Uhr)
- Ane Brun - Changing of the seasons (22 Beiträge / Letzter am 30.05.2009 - 20:01 Uhr)
- Ane Brun - A temporary dive (9 Beiträge / Letzter am 13.03.2006 - 11:09 Uhr)