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Idaho - You were a dick

Idaho- You were a dick

Idahomusic / Talitres / Rough Trade
VÖ: 23.09.2011

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Kopfmusik

Kennzeichen, vielleicht sogar Fetisch des Slowcore war eigentlich immer schon der bange Blick zurück auf die amerikanische Kleinstadt in uns allen. Hierbei stets ein absolutes Muss: süßlich-schwermütige Melodien, Orgel- und Klaviertupfer als Regenmuster auf der Fensterscheibe der Seele, tropfend gepickte oder aber scharf resonierende Gitarren. Sprich, in Stimme, Instrumentierung und Harmonien eine einzige sehnsüchtige Mittzwanziger-Phantasie. Auch Jeff Martin, Mastermind von Idaho und seit kurzem deren Alleinunterhalter, hängt seinen Kopf jetzt schon so lange in die Vergangenheit, dass man meinen könnte, er sei bereits in Grüblerpose auf die Welt gekommen.

Dabei beherrschten Idaho ihr Genre immer mal wieder bis zur Perfektion, zeigten sich dann aber wieder wie von sich selbst ein wenig gelangweilt. Stets eine Band der großen Chancen, die sich jedoch selbst nicht trauten und deshalb in den ewigen 2 Minuten 30 besser mal gar nichts sagten, sinnierten sie sich auch in diesem Sinne ein im Grunde perfektes Coming of age. Noch nie aber herrschte vor allem melodisch eine derartige Präsenz und Präzision wie auf ihrem mittlerweile achten Album "You were a dick". Dessen Songs halten das altbewährte Zeitmaß zwar ein, stecken dabei jedoch voller Energie, Wehmut und, eben, Melodien.

Selbst Idahos größte Schwäche, nämlich die Stiefmütterlichkeit, mit der sie gelegentlich ihre Arrangements behandelten, passt hier erstmals sowohl thematisch als auch musikalisch perfekt. So entwirft etwa das Dreigestirn "A million reasons", "The setting sun" und "Flames" ein derart entzückendes Protokoll der eigenen Vergangenheitsbewältigung, dass selbst der stoischste Betonkopf dem suggestiven Sog dieser Songs kaum widerstehen dürfte. Auch "Someone to relate to" gibt sich nicht zufrieden, bis aus den zunächst leicht dahingeschleuderten Klavierdreiklängen ein schwelgerischer Refrain aufersteht. An genau dieser Stelle hätten es Idaho früher gut sein lassen. Heute aber befinden sie sich erstmals auf Augenhöhe mit Aushängeschildern wie Sun Kil Moon. Was weiterhin heißt: immer noch mit dem Kopf in der Vergangenheit, dabei jedoch in allerbester Gesellschaft.

Wobei "You were a dick" auch die weiteren Back-to-the-future-Genres mit einarbeitet: "Weigh it down" und "The happiest girl" lassen die Gitarren und Orgeln perlen wie die Indietronics von The Album Leaf, der leicht angekratzte Midtempo-Gitarren-Pop von "The space between" und "Up the hill" kullert wahlweise mit Hayden, Death Cab For Cutie oder schnuckeligen Bläsersätzen über das frisch gemähte Gras vor der Sommerferien-Veranda. Dazu schwingen Martins Stimmbänder immer noch so verträumt-wuschig vor sich hin, als seien sie der Schwippschwager von Zach Braffs Frisur: "I can't help but wonder why." Schon klar, J.D. Sprich: Dieses Gefühl des eigenen Fehl-am-Platze zeigt sich nie als wirklich depressives Leiden am Zustand des Jetzt oder gar im Kleid nostalgischer Idyllenmalerei. Eher schon als das zwar sehnsüchtige, doch auch gelassene Herummelancholieren an den Gespensterstimmen im eigenen Kopf. Wo auch immer der gerade wieder herumhängt. Auf den Knien, in der Vergangenheit, vermutlich.

(Tobias Hinrichs)

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Highlights

  • Weigh it down
  • Structure
  • The space between
  • Someone to relate to
  • Up the hill
  • The setting sun

Tracklist

  1. You were a dick
  2. Weigh it down
  3. Reminder
  4. Impaler
  5. Structure
  6. The serpent & the shadow
  7. The happiest girl
  8. The space between
  9. Someone to relate to
  10. Up the hill
  11. A million reasons
  12. The setting sun
  13. Flames
  14. What was that?

Gesamtspielzeit: 37:08 min.

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