Shimmering Stars - Violent hearts
Almost Musique / Al!ve
VÖ: 16.09.2011
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
Summer of 62
"Früher war mehr Lametta", monierte der unlängst verstorbene, große Loriot einst in seiner Rolle als knorriger Opa Hoppenstedt. Nun zeigt der dazugehörige Sketch jedes Weihnachten aufs Neue, dass die musikalischen Vorlieben des rüstigen Ruheständlers eher im Blechblas-Bereich liegen ("Ufftata! Ufftata!"), doch was die Nostalgie selbst betrifft, wäre er sich mit Shimmering Stars schnell einig. Auch das junge Trio aus Vancouver feiert das goldene Gestern, landet dabei allerdings in deutlich jüngerer Vergangenheit, nämlich im Kalifornien der Sechziger Jahre. Verwirrung beim Hörer ist damit vorprogrammiert. Aber keine Sorge: Hier hat niemand im Plattenladen versehentlich den in der Vorwoche erschienenen Zweitling "Portamento" von The Drums eingepackt - die fabrizieren im Vergleich zu Shimmering Stars genau genommen sogar geradezu neumodischen Kram. "Violent hearts" ist ein Album, wie der junge Brian Wilson es produzieren würde, schlösse man ihn in eine Garage mit billigem Equipment ein.
Sonnige Vokal-Arrangements huldigen den Beach Boys und den Everly Brothers, dahinter setzen einfachste Grundzutaten sich zu einer knappen halben Stunde Pop-Essenz zusammen: Kein Lied überschreitet die Drei-Minuten-Grenze, keines braucht mehr als eine Handvoll Akkorde. Die Rhythmus-Gitarre schrubbt sich mit konsequentem Vintage-Hall durch die Anschlagmuster von Tremeloes, Searchers und Co. und verschmilzt mit sehnsüchtig-zeitlosen Gesangsmelodien zu dem, was Phil Spector mit seinen Girlgroups gern als "Little teenage symphonies" anpries. "We were so young", seufzt Sänger Rory McClure ungeachtet der eigenen Jugend und besingt einen Kosmos aus Mädchen, Meer und Sonne. "Ich glaube nicht, dass Musik besser werden kann als bei den Everly Brothers", lässt er in Interviews verlauten. Durchaus diskutabel, aber ein Stück wie "Dancing to music I hate" mit seinem Zwei-Akkord-Riff lässt kaum leugnen: Wenn man es richtig anstellt, braucht ein guter Popsong auch heute nicht zwangsläufig mehr als damals - und ein gutes Pop-Album nicht mehr als ein Dutzend davon, so sehr sie sich in Struktur und Sound auch ähneln mögen.
Nun sind Nostagie und Schlichtheit an sich keine Qualitätskriterien, und all das könnte auch gewaltig in die Hose gehen - tut es aber nicht, für dreißig Minuten machen Shimmering Stars mit ihrem naiven Anachronismus wunschlos glücklich. Dass dieser Spiegel des damaligen Zeitgeschmacks zu glatt gerät, verhindern gerade auf der zweiten Albumhälfte ein paar beiläufige Klang-Kratzer auf dem Retro-Mobiliar, wie sie schon bei den Feelies ihre Wirkung nicht verfehlten - das absaufende Riff von "I don't wanna know", das Hintergrundrauschen, das "Other girls" begleitet. Trivial? Und ob! Altmodisch? Auch, klar. Und gerade deshalb mindestens so zeitlos wie Familie Hoppenstedt.
Highlights
- I'm gonna try
- Dancing to music I hate
- I don't wanna know
Tracklist
- Believe
- I'm gonna try
- No one
- East van girls
- Into the sea
- Nervous breakdown
- Privilege
- Sun's going down
- Sabians
- Dancing to music I hate
- I don't wanna know
- Other girls
- Did I lose you
- Walk away
Gesamtspielzeit: 29:32 min.
Referenzen
The Beach Boys; The Drums; The Bishops; The Everly Brothers; Jan & Dean; Del Shannon; Sagittarius; Surfer Blood; Mystery Jets; The Feelies; The La's; Weezer; Big Star; The Monkees; The Searchers; The Tremeloes; The Troggs; The Hollies; The Ronettes; The Crystals; The Supremes; Bo Diddley; Teenage Fanclub; The Pipettes; The Feeling; The Beatles; Supergrass; The Turtles; Buddy Holly; Roy Orbison; The Honeys; Harpers Bizarre; Herman's Hermits; The Righteous Brothers; The Free Design; The Vaccines; Beach Fossils; Best Coast; Wavves; Cajun Dance Party; Yuck; Good Shoes; Beach House; Dion; Gerry & The Pacemakers; The Temptations; The Shirelles; The Flamingos; The Cyrkle; Yo La Tengo; Throw Me The Statue; The Bees; The Beta Band; The Dodos