Wu Lyf - Go tell fire to the mountain

Lyf / PIAS / Rough Trade
VÖ: 10.06.2011
Unsere Bewertung: 8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

Mehr Licht!
Wu Lyf bedienen sich beliebtester Guerilla-Mittel - Masken und Verhüllung sind ein immer wiederkehrendes Element, doch Street-Art-Techniken lösen die wohlgehütete Anonymität periodisch wieder auf. So in der Möglichkeit, einem Internet-Clan beizutreten und hier am geheimen Kosmos der Band teilzuhaben - das Prinzip der elitär eingeweihten Gruppe in einer antianonymisierten Welt. Gegenüber Isolation und Gleichförmigkeit generieren Wu Lyf mit dem Gestus der Abgrenzung und des Mysteriums Aufmerksamkeit, indem sie sich der Mittel totaler Transparenz und Schrankenlosigkeit in vollem Maße bedienen. Doch schon bald wird all das wieder als fingiert entlarvt - was die bereits gefangenen Ratten selbstverständlich nicht davon abhält, sehnsüchtig auf mehr zu warten.
Möglicherweise am Reißbrett von Warren Bramley entworfen, wollen Wu Lyf auf diese Weise Kunst und Musik vermischen und den Anspruch eines avantgardistischen Projekts geltend machen. Da ist einerseits diese offensichtliche Maschinerie aus arty designter Oberfläche mit pointiert kryptischem Weirdo-Kontext, inklusive kühler Achtziger-Verehrung zu modernstem Werbe-Hedonismus. Andererseits wird die Konzepthaftigkeit so eindeutig vorgetragen und nimmt den technokratischen Zeitgeist so nahe an, dass es fast perfide überzeugend wirken würde, wäre man einem solchen Versprechen nicht schon unzählige Male anheim gefallen. Und dann kommt das Album "Go tell fire to the mountain" daher, soll Licht bringen, das erhellen und zerstören kann. Der ständige Wechsel, die Differenz als Zone des ewigen Reizes, deren Zustand der Taumel und der Rausch sind. Mit dem Aufruf zur kindlichen Naivität rufen Wu Lyf inhaltlich und technisch einen riesigen romantischen Kosmos aus und versuchen der berechneten Marketing-Oberfläche zu entfliehen.
Das Eintreten in "Go tell fire to the mountain" kommt dem hallenden Schritt in die Manchester St. Peters’ Church gleich, die sich die vier Mancunians als Ort für ihre dreiwöchigen, live eingespielten Aufnahmen aussuchten: Chöre und eine göttlich warme Orgel bitten den riesigen Raum, andächtig zu genießen. Wenn Modest Mouse nicht demnächst Tom Waits' "Blue Valentine" neu interpretieren, macht es wahrscheinlich bald Sänger Ellery Roberts. Er muss nicht verstanden werden. Man spürt, wie sehr er kämpft, sich windet und fleht. Während durch das gesamte Album (fast) keine einzige Textzeile zu entziffern ist, schlägt einführend "L Y F" die bandeigene Bibel auf und definiert den Grundsatz der folgenden fünfundvierzig Minuten: "I love you forever", heißt es da, als lichter Anker zwischen episch vorgetragenem Donner.
"Such a sad puppy dog" führt das Prinzip der anwachsenden Dynamik perfekt weiter, das Spencer Krug (Wolf Parade) unzählige Male vorgemacht hat. Aber selbst Krugs grandioses "Same ghost every night" lässt die Gitarren nicht so klar und schimmernd in ihrer Melodie fliegen wie hier. Man begreift erst mit Wu Lyf, wie sehr die Garage schaden kann, wenn man mit seiner Komposition eigentlich den Himmel umarmen möchte. "We bros" bremst sich anfangs selbst und wirkt geschlossen, bis es in einen Vampire-Weekend-Groove ohne Polohemd abhebt - nur um sich noch weiter, fast tropisch perlend gen Abendsonne zu öffnen.
Immer wieder ist es dieser bestechend große Raum, die Kuppel, in welcher Wu Lyf ihre Epik vortragen, die den Unterschied zu allen möglichen Vergleichen macht. Jedes Element hat die Freiheit, sich durch schiere Größe in den Vordergrund zu drängen, dabei immer glitzernd, klar und warm zu klingen, ohne dass ein Detail untergehen könnte. Mag man die große Geste, kann man sich den Song-Kathedralen von "Go tell fire to the mountain" ausgezeichnet hingeben, Referenzwut und Medienhype leicht vergessen - und das Album mit all seiner Schönheit und Wärme in sein Herz schlagen lassen.
Highlights
- L Y F
- Such a sad puppy dog
- We bros
Tracklist
- L Y F
- Cave song
- Such a puppy dog
- Summas bliss
- We bros
- Spitting blood
- Dirt
- Concrete gold
- 14 crowns for me & your friends
- Heavy pop
Gesamtspielzeit: 45:00 min.
Referenzen
Wolf Parade; Sunset Rubdown; Future Islands; Modest Mouse; Jónsi; Tom Waits; Band Of Horses; The Walkmen; White Rabbits; Frightened Rabbit; The National; TV On The Radio; Like Pioneers; Bound Stems; Wild Beasts; Interpol; Vampire Weekend; Pure X; The Antlers; Happy Mondays; Ugly Casanova; Built To Spill; Editors; Death Cab for Cutie; Handsome Furs; Swan Lake; Tapes 'N Tapes; Menomena; Broken Social Scene; Spoon; Explosions In The Sky
Surftipps
- http://www.wulyf.org/
- http://www.pias.com/de/wu-lyf/
- http://www.rough-trade.net/2011/06/30/wu-lyf-go-tell-fire-to -the-mountain-2/
- http://www.myspace.com/trubluloveyu
- http://www.facebook.com/WULYF
- http://www.worldunite.org/
- http://www.youtube.com/user/trubluloveu
- http://vimeo.com/user2932218
- http://de.wikipedia.org/wiki/WU_LYF
- http://en.wikipedia.org/wiki/WU_LYF
- http://byte.fm/magazin/blog/2010/06/07/wu-lyf/
- http://blogs.taz.de/popblog/2010/07/30/believe_the_hype_wu_l yf/
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