John Maus - We must become the pitiless censors of ourselves

Upset The Rhythm / Cargo
VÖ: 24.06.2011
Unsere Bewertung: 8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

Scheues Reh mit Klappmesser
John Maus, das ist vertonter Weltschmerz, gecroont in bestickte Stofftaschentücher mit schwarzen Hirschkäfern drauf. Das ist experimenteller und doch vertrauter Synthiepop mit fahrigen Lyrics in Endlosschleifen. John Maus, ein Glühwürmchen, das gegen das drohende Gewitter blinkt und seinem Tod durch Regentropfen im Zweifel nichts hinzuzusetzen hat. Ein Mann - Philosophiedozent und Politikdoktorand der University of Hawaii. Ein Tier - zerrissene Hemden und Blutergüsse auf der Bühne. Sensibler Intellektueller und "Cop killer", Liebesschmonzette und dystopischer Katastrophenthriller mit Eyelinereinsatz. Vertrauter des Weird-America-Ariel-Pink und Tourkeyboarder von Animal Collective.
Zehn kurze Momentaufnahmen, allesamt getragen durch sanfte, omnipräsente Bässe, melancholisch-verspielte Synthesizer und einen tiefen Unterwasser-Hall-Bariton. "Streetlight" schimmert wie eine glitzernde Showtreppe hinab in den pechschwarzen Raum, in welchem Maus die folgenden dreißig Minuten toben, heulen, töten und lieben wird. Angekommen auf dem polierten Lackboden, setzt er sofort an zum Sprung - "Quantum leap", zackig-aggressiv, düster und sehnsüchtig mit messerscharfen Slaps und ausladenden Flächen ins Nichts. "Heart to heart, mind to mind, we are the ones who seem to travel through time" klingt es wie ein Mantra, bevor Maus im Bühneneingang verschwindet, oder besser - süß dahin fadet. Danach wird eine Packung Puderzucker geöffnet, sodass dieser als feinster Staub zu "And the rain" und "Hey moon" durch die Zuschauerreihen fliegen kann. Das Duett "Hey moon", performt mit Molly Nilsson, ist ein wunderbares Stück Kitsch, "Believer" hymnenhaft ausklingend, Lichtjahre entfernt von der Realität.
Mit "We must become the pitiless censors of ourselves" legt Maus sein nunmehr drittes Werk vor. Und im Gegensatz zu den Vorgängern "Songs" und "Love is real" verliert er sich nicht in den Introvertiertheiten und Gängelungen der Gegenwart, sondern blickt, wenn auch mit pessimistischer Schieflage, in die Zukunft. Science-Fiction-Stimmung, unheimliche Schraffuren, bedingungslose Selbstzensur - aber auch einsamer Leuchtturm inmitten rauer See; romantische Motive, zerschlagen und herbeigesehnt. Das Gefühl: Zärtlicher Nackenkuss trifft bitterkalte Brutalität. Beides kommt nicht von außen, sondern droht aus dem Inneren. Gelüste drängen laut Songtext zu Gewalt und sexuelle Triebkraft zur Wiederholung der Zeilen "Pussy is not the matter of fact". Es sind diese Extrovertiertheiten, die John Maus zu einem Künstler machen, der näher am Jetzt ist, als es zunächst scheint. Der mit seinem Nostalgie-Instrumentarium echter agiert, als alle anderen 80er-Synthie-Kopien. Dieses Album ist die vertonte Absurdität.
Highlights
- Quantum leap
- And the rain
- Hey moon
Tracklist
- Streetlight
- Quantum leap
- And the rain
- Hey moon
- Keep pushing on
- The crucifix
- Head for the country
- Cop killer
- Matter of fact
- We can breakthrough
- Believer
Gesamtspielzeit: 32:00 min.
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Nur zur Info Postings: 1067 Registriert seit 13.06.2013 |
2021-01-07 21:27:43 Uhr
John Maus ist ein Trumpist. |
Insider |
2013-07-17 11:00:54 Uhr
J.Maus erinnert mich eher an Aphrodites child. Kennt die noch einer? |
7 m Spitze |
2013-07-14 14:47:15 Uhr
Twin Shadow > John MausBeim besten Willen nicht. |
saihttam Postings: 2593 Registriert seit 15.06.2013 |
2013-07-14 14:31:45 Uhr
die Raritätensammlung ist ja auch ganz gut. Aber schon sehr crankes Zeug, was der da so raushaut. würd ich gern mal live sehen, den Typen. |
leuchtturm auf dem cover |
2012-11-25 17:28:49 Uhr
"believer" = if i was a soldier (midge ure)? |
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Referenzen
Ariel Pink's Haunted Graffiti; Geneva Jacuzzi; Suicide; Hype Williams; Modern Talking; Holy Shit; Tickley Feather; Coil; James Ferraro; Maria Minerva; Jeans Wilder; Peaking Lights; New Order; Depeche Mode; Editors; Visage; Spandau Ballet; Joy Division; OMD; ABC; XTC; Panda Bear; The Janitors; R. Stevie Moore; Talk Talk; Cabaret Voltaire; Gary War
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