Casper - XOXO

Four / Sony
VÖ: 08.07.2011
Unsere Bewertung: 8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

Der Rapper im Roggen
Da ist das Ding. Und Casper machte, dass es gut ist. Dabei wuchsen die Erwartungen an "XOXO" im Vorfeld mehr und mehr, nur nicht dem 28-jährigen Benjamin Griffey über den Kopf. Seine zweite Platte ist das Ergebnis eines langen Prozesses, in dem Ideen immer wieder verworfen wurden, in dem er mit den passenden Leuten am richtigen Sound gearbeitet hat. Da brummt der Hype. Das Feuilleton und die Fachpresse feiern Casper wie auf einem Kindergeburtstag. Am Kern der Sache geht das manchmal vorbei. Denn "XOXO" ist HipHop und nicht das Überschwimmen des Sprechgesangs in den Indie-Pop. Nur gibt es eben keinen Funk und Soul als Samples. Instrumente schieben sich auf "XOXO" nach vorne, und auch Shoegaze und Post-Rock sind nur eine Spuckweite entfernt.
Die Rückwand von "Alaska" baut sich vor einem Beat auf, bevor Gitarre und Drums von der Lawine ergriffen werden. Die Produktion fügt Dinge so nicht bloß zusammen. "XOXO" ist ein komplett eigener Sound, den Casper im Studio entwickelt hat. Stille und Klimax greifen ineinander. "Der Trick ist immer die Balance zwischen Nehmen und Geben", heißt es in "Das Grizzly Lied" sinnbildlich. Casper bedient sich für "Auf und davon" bei How To Dress Well und baut aus der Chillwave von Tom Krell eine tonnenschwere Welle. Dringlichkeit besteht hier immer. Selbst in den schmerzlichsten Momenten wie in "Michael X" ist da dieser Druck, diese Kraft, die sich kanalisiert. Vielleicht bleibt wenig anderes übrig, als sich in die naiven Ideen vom Titeltrack zu flüchten, um mit dieser Welt fertig zu werden. "Wir glauben an ein Licht, das niemals erlischt", singt Thees Uhlmann. Die Fackel trug er ja schon mit Tomte in die Nacht. Doch die Sache hier ist beweglicher. Die Single "So perfekt" haut etwa einen dicken Elektrostampfer als Hook raus, und "Blut sehen" baut auf einem unglaublichen Beat von Dexter auf. In jugendliche Rebellion stürzt sich "Die letzte Gang der Stadt" und konstatiert: "Lieber Anti-Alles. Für jetzt und immer."
Doch zwischen der aufflammenden Wut brennen die offenen Wunden mit jeder Sekunde von "XOXO" mehr. Die eigenen Erinnerungen, die sich in den Lyrics wiederfinden - ist das Coming Of Age? Vielleicht ein wenig zu spät dafür. Aber gerade deshalb so bittersüß. "Das Grizzly Lied" findet die klaren Worte, die Griffeys Vater ihm mit auf den Weg gab. Wer da mit Emo um die Ecke kommt, hat es nicht verstanden. Sämtliche Linien laufen in "Kontrolle / Schlaf" zusammen. Alle Vorsätze sind wieder zerschlagen, und der Zweifel bleibt zurück. "Vielleicht lag der Sieg darin, einfach aufzugeben." Die Texte sind zerrissen von den unendlichen Möglichkeiten, der Unentschlossenheit, den Tragödien und der Angst. Damit sagt Casper mehr über eine ganze Generation als über sich selbst. "XOXO" weist schon mit seiner verkümmerten Liebkosung als Titel über sich hinaus. Gefühle sind zum Kürzel verkommen und verpönt. Doch solche Fassaden halten die Wucht dieser Platte nicht aus. Casper bricht den Damm und kehrt das Innere nach Außen. Und da steckt bekanntlich die wahre Schönheit.
Highlights
- Blut sehen (Die Vergessenen Pt. II)
- XOXO feat. Thees Uhlmann
- Michael X
- Das Grizzly Lied
Tracklist
- Der Druck steigt (Die Vergessenen Pt. I)
- Blut sehen (Die Vergessenen Pt. II)
- Auf und davon
- XOXO feat. Thees Uhlmann
- Michael X
- Alaska
- Das Grizzly Lied
- So perfekt feat. Marteria
- Die letzte Gang der Stadt
- 230409
- Lilablau
- Arlen Griffey (Prelude)
- Kontrolle / Schlaf
Gesamtspielzeit: 49:31 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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ichreitepferd Postings: 1095 Registriert seit 22.04.2021 |
2024-11-18 20:26:07 Uhr
Letzte gute Album von ihm. |
Rhyton Postings: 1283 Registriert seit 26.09.2024 |
2024-11-18 20:11:25 Uhr
Es setzt sich fort, klingt matschig und zu wenig druckvoll und präzise, vielleicht hätte er das nicht Hip Hop Produzenten produzieren lassen sollen.Tracks aber erstaunlich gut gealtert, starke Energie bei den Raps und die Songs sind gut geschrieben. |
Rhyton Postings: 1283 Registriert seit 26.09.2024 |
2024-11-18 20:01:25 Uhr
So, ich geb mir die mal wieder. Bin gespannt wieviele Songs ich durchhalte.Erster Eindruck, gar nicht mal so gut produziert, richtig blechern und undifferenziert. |
metalnerd |
2013-06-05 17:41:29 Uhr
die platte ist oberhammeraffengeil |
Jim |
2013-06-05 17:34:55 Uhr
@Kasperle: Wie kann man denn bitteschön OBJEKTIV sagen, dass dies das beste deutschsprachige Album aller Zeiten sei? Objektiv gesehen, ist das ein durchgestyltes Medienprodukt, was sich an massig Fakten klar benennen lässt. - Verwendung von Internetsprache ("Xoxo") - Liebkosung mit dem Indiegenre (schön nen Wolf aufs Cover und schwuppdiwupp ist es Indie) - Zwiespältigkeit ohne Ende: Einerseits einen auf Revolution der Arbeiterklasse machen, dann rennen aber alle Videodarsteller schön gestylt in Hipsterklamotten ala "American Apparel" durch die Straßen etc. rum; das sind dann die "Vergessenen" (laut Tracktitel), dass ich nicht lache; Nüchtern und objektiv betrachtet, hat das Album musikalisch wenig und textlich mittelmäßige Qualität. |
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Referenzen
Maeckes; Marteria; Curse; Akala; Ghostpoet; DELS; Sound Of Rum; P.O.S.; Beastie Boys; Die Orsons; Tua; Caspian; Kraftklub; Mopz Wanted; Prinz Pi; Kinder des Zorns; F.R.; K.I.Z.; ; Explosions In The Sky; Jamie Lidell; Shiml; Favorite; Kollegah; Olson Rough; Mogwai; Godspeed You! Black Emperor; Samy Deluxe; Kool Savas; Suff Daddy; Aphroe; Marsimoto; Rasul; Gerard MC; Rockstah; Ahzumjot; Retrogott; Huss & Hodn; JAW; Olli Banjo; Blumio; The Streets; Dynamite Deluxe; Jan Delay; Absolute Beginner
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