Maritime - Human hearts

Grand Hotel van Cleef / Indigo
VÖ: 08.04.2011
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

Anders schön
Der klingt ja gar nicht mehr wie Davey von Bohlen, hieß es in den Foren nach den ersten Eindrücken. Das stimmt zwar nicht ganz, verrät aber auch schon ein wenig darüber, was Maritime und ihr Frontmann mit ihrem vierten Studioalbum vorhaben. Natürlich erkennt jeder, der sich etwas mit Maritime oder The Promise Ring beschäftigt hat, sofort dieses fragile Stimmchen, das in seinen besten Momenten die vielleicht melancholischsten und mitleidserheischendsten, aber eben auch schönsten Lyrics säuseln konnte. Für Irritationen sorgt dann auch nicht der etwas weiter in den Hintergrund gemischte und trotzdem kraftvoller wirkende Gesang von Bohlens. Es ist vielmehr die Tatsache, dass dieses Album viel weniger nach Maritime klingt, als ihre bisherigen Veröffentlichungen. Die Band aus Milwaukee scheint ihre größen Trümpfe gar nicht richtig ausspielen zu wollen.
Hier und dort verströmt "Human hearts" nämlich das Gefühl, dass von Bohlen und Kollegen das Händchen für die schönen Melodien, die sie sonst ganz nonchalant aus dem Ärmel schütteln konnten, abhanden gekommen ist. "Black bones" und "Out numbering" wirken zum Beispiel etwas verloren auf ihrer unbedingten Suche nach dem richtigen Dreh, nach dem gewissen Etwas. Darüber hinaus schlägt "Human hearts" über die gesamte Distanz ein ähnliches Tempo an, was mit der Zeit mitunter eintönig wirkt. Manchmal ist es im ersten Moment gar nicht so leicht zu erraten, welcher Song da jetzt eigentlich läuft, so sehr geizen Maritime mit ihren bisherigen Stärken Melodie und Melancholie. Gleichwohl sind auch diese Stücke immer noch nett anzuhören. Die Abkehr von ihren bisherigen Trademarks ist dann auch nicht radikal genug, als dass eine neue Richtung dieser Band erkennbar ist. Es fehlt manchmal ganz einfach irgendetwas Unbestimmtes, eben jene speziellen von-Bohlen-Momente, die einem ein kleines Lächeln ins Gesicht zaubern, und die damals bei The Promise Ring noch intensiver waren.
Trotz allem gibt es sie natürlich auch auf "Human hearts" wieder, diese Songs, die sich direkt und tief ins Herz bohren. Maritime haben ja nicht einfach alles verlernt, was sie in den letzten Jahren so oft richtig gemacht haben. Vorneweg marschiert "Air Arizona", das so luftig-leicht und gleichermaßen druckvoll daherkommt, dass es heimlich zum Hit des Albums avanciert. Drei Minuten hinreißender Gitarrenpop ganz ohne zwingenden Refrain, aber trotzdem toll. So wollen wir Maritime doch gerne haben. Auch "Annihilation eyes" und die erste Single "Paraphernalia" sind freudig umarmender Sommerpop, der nach frisch gemähtem Gras riecht, der förmlich nach Grill und Strand ruft. Diesem Album hätten mehr solcher Momente sehr gut getan. Doch womöglich braucht "Human hearts" nur etwas mehr Aufmerksamkeit als seine Vorgänger, etwas mehr Geduld, weil die Momente, in denen man Davey von Bohlen einfach mal ganz doll in den Arm nehmen möchte, gründlicher versteckt sind. Dieses vierte Studioalbum ist letztendlich nicht das erhoffte Frühlingsalbum geworden. Bis auf Weiteres bleibt auch "Human hearts" trotzdem überdurchschnittlich und zumindest wie von Maritime gewohnt: schön.
Highlights
- Paraphernalia
- Air Arizona
- Annihilation eyes
Tracklist
- It's casual
- Paraphernalia
- Black bones
- Peopling of London
- Air Arizona
- Faint of hearts
- Annihilation eyes
- Out numbering
- C'mon sense
- Apple of my irony
Gesamtspielzeit: 35:39 min.
Album/Rezension im Forum kommentieren (auch ohne Anmeldung möglich)
Teile uns Deine E-Mail-Adresse mit, damit wir Dich über neue Posts in diesem Thread benachrichtigen können.
(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
---|---|
fakeboy Postings: 5666 Registriert seit 21.08.2019 |
2024-02-06 13:25:38 Uhr
Nach Glass Floor hab ich die Band aus den Ohren verloren. Nun mal hier reingehört - ist das überhaupt noch Davey Van Bohlen der hier singt? Warum klingt der so anders? Zuweilen hab ich das Gefühl, er versucht James Mercer zu imitieren. Dabei hatte er doch eine so wunderbare, eigene Art zu singen. Komisch… |
Andi |
2011-05-01 18:31:00 Uhr
Die erste Albumhälfte ist schon saustark, insbesondere Paraphernilia ist ein süchtig machender Ohrwurm! Wirklich eine sehr schöne Sommerplatte! |
bee |
2011-03-22 18:03:41 Uhr
so ganz überzeugt bin ich von der Platte nicht. Es fehlen wirkliche Übersongs wie auf den letzten Platten - am besten gefällt noch Air Arizona ... |
Obrac |
2011-03-16 19:46:56 Uhr
@jo: Ja, kann gut sein ;) Bin mit der zweiten auch nie warm geworden.Die Neue finde ich auch um einiges besser, wenn auch in der Maritime-Diskografie nur am drittbesten hinter dem Debut und der letzten. |
jo |
2011-03-14 21:26:14 Uhr
@Obrac:Das dürfte, wenn ich es noch richtig im Kopf habe, dem ziemlich ähnlich sein, was du damals bei "We, the Vehicles" geschrieben hattest (keine Balladen, wenig Variation im Tempo). Bin gespannt... |
Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.
Referenzen
The Promise Ring; The Bluetones; Nada Surf; Youth Group; Death Cab For Cutie; I Am Kloot; Badly Drawn Boy; Athlete; Alfie; The Diggs; Downpilot; Pedro The Lion; The Get Up Kids; Snow Patrol; Iain Archer; Last Days Of April; The Weakerthans; Owen; Leiah; Karl Larsson; Saint Thomas; Gus Black; Ben Lee; Figurines; Built To Spill; Grandaddy; Eels; Gomez; Neutral Milk Hotel; The Lemonheads; Dinosaur Jr.; R.E.M.
Bestellen bei Amazon
Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv


Threads im Plattentests.de-Forum
- Maritime - Human hearts (16 Beiträge / Letzter am 06.02.2024 - 13:25 Uhr)
- Maritime - Glass floor (88 Beiträge / Letzter am 22.10.2020 - 15:43 Uhr)
- Maritime - Magnetic bodies / Maps of bones (49 Beiträge / Letzter am 15.11.2015 - 17:27 Uhr)
- Maritime - We, the vehicles (71 Beiträge / Letzter am 17.11.2010 - 13:50 Uhr)
- Maritime - Heresy and the Hotel Choir (54 Beiträge / Letzter am 14.01.2009 - 19:49 Uhr)