Thursday - No devolución
Epitaph / Indigo
VÖ: 08.04.2011
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Was übrig blieb
Wer hätte gedacht, dass Thursday nach "Common existence" noch einmal einen Sprung wie diesen hier hinbekommen? Das Vorgängeralbum von "No devolución" wirkte wie eine kleine Werkschau und ein Ritt durch die Bandgeschichte. Das wenige Überflüssige wurde übersehen, alles Gute stattdessen zusammengeworfen, auf den neuesten Stand gebracht und kräftig poliert dem Volke präsentiert. Große Überraschungen hätte man nach "Common existence" von den Mannen aus New Brunswick nicht mehr erwarten müssen, auch weil die Band bereits einige Jahre auf dem Buckel hat und so etwas wie Altersruhe einkehren hätte können. Aber Thursday wären nicht Thursday, wenn sie nicht doch noch etwas im Köcher hätten. Et voilá: "No devolución", die neueste Evolution von Post-Hardcore, oder dem, was davon übrig blieb.
Thursdays Sound war ja noch nie so ganz einfach zu greifen, und bereits auf ihrem wichtigsten und wohl besten Album "Full collapse" war evident, dass es hier auch verstärkt um Atmosphäre ging. Darum also, Stimmungen in alle möglichen Richtungen auszuloten. Simplizität war selten das, was Thursday vorschwebte. Und auch "No devolución" bleibt dieser Maxime im Kern treu, mäandert nun im Sound zwischen großen Flächen, heruntergeschraubten Gitarren und einem sehr charakteristischen Drumming. Die Produktion wirkt zunächst, als sei dort etwas schiefgelaufen. Der Opener "Fast to end" beginnt zwar mit typischer Thursday-Gitarre, die dann aber umgehend in den Hintergrund verschwindet. Dort, wo sich auch Sänger Geoff Rickly aufhält, und zwar auf Hall, so als würde er sich jeden Moment irgendwohin auflösen. Dass zuallererst das Schlagzeug und vor allem Synthesizer hier das Sagen haben, ist zwar etwas irritierend. Mit der Länge des Albums entknäuelt sich "No devolución" jedoch, obwohl das Augenmerk deutlicher als sonst auf der Breite der Songs und deren Atmosphäre liegt. Und die ist ziemlich düster.
Die größte Grabesstimmung kommt bei "Empty glass" auf. Ricklys immer noch auf Hall gesetzte Stimme legt sich über einen sakralen Hintergrundsound, der sich über mehr als drei Minuten erstreckt, nur um für die zweite Hälfte ein traurig vor sich hin klapperndes Schlagzeug und etwas Psychedelia leise anzudeuten. "Empty glass" ist damit der schauderhafte Ruhepol eines Albums, das bis dahin nicht wusste, in welche Richtung es ausschlagen soll. "No answers" sucht sein Heil in einer ausladenden Melodie, die keine Erlösung in einem Refrain findet. Demgegenüber steht "Sparks against the sun", dass sich hervorragend auf einer großen Bühne machen dürfte und so etwas wie der heimliche Hit des Albums ist - wäre es nicht rund fünf Minuten lang. "A darker forest" quält sich durch eine dunkle Welt hin zum dramatischen Finale, und "Magnets caught in a metal heart" lässt zwischendurch einmal so etwas wie Sonnenstrahlen durch die undurchlässige Decke aus dichtem Soundwaber. Das Album schließt mit dem epischen, weil fast acht Minuten langen "Stay true", eine Aufforderung, die sich Thursday stets selbst zu Herzen genommen haben.
Denn natürlich ist auch bei "No devolución" trotz der Entwicklung hin zu mehr Wave jederzeit klar, welche Band hier am Werke ist. Dafür ist Geoff Ricklys Stimme zu prägnant, sind die Melodien und die vereinzelt eingestreuten Shout-Parts zu vertraut und ein Song wie "Past and future ruins" einfach zu sehr Thursday. Es ist schon eine klasse Leistung dieser Band, über all die Jahre hinweg seit Gründung Ende der 1990er nie wirklich im Stillstand verharrt zu sein. "No devolución" knüpft an diese Tradition an und könnte zunächst für etwas Verwunderung sorgen. Dabei ist es doch nur eines dieser schönen, schwierigen Alben, in die man sich hinein hören muss, um wirklich fassen zu können, was dort passiert. Vielleicht wächst Thursdays sechstes Studioalbum sogar noch mehr, als es bisher andeutet. Die Zeit wird dies zeigen, aber das Fundament dazu ist gelegt.
Highlights
- Fast to the end
- Sparks against the sun
- Empty glass
Tracklist
- Fast to the end
- No answers
- A darker forest
- Sparks against the sun
- Open quotes
- Past and future ruins
- Magnets caught in a metal heart
- Empty glass
- A gun in the first act
- Millimeter
Gesamtspielzeit: 53:08 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Affengitarre User und News-Scout Postings: 11233 Registriert seit 23.07.2014 |
2016-03-28 01:48:20 Uhr
Letztens wieder die Platte entdeckt. Für mich waren Thursday schon immer eine Art Hardcoreversion von The Cure, aber mit diesem Album sind sie atmosphärisch echt sehr nah dran. Dunkle Synthies, Soundwände, depressive Lyrics. Ich kann zwar nicht sagen, ob es ihre beste Platte ist, da die vorherigen irgendwie doch anders waren und mir auch sehr gefallen. Aber vor der Auflösung nochmal so ein Knalleralbum herauszubringen, Respekt! Mal sehen, ob durch die Reunion neues Material erscheint. Wenn ja, dann müssen sie sich echt wahnsinnig ins Zeug legen, um qualitativ Ähnliches zu schaffen. |
The MACHINA of God User und Moderator Postings: 33912 Registriert seit 07.06.2013 |
2013-08-02 10:53:26 Uhr
Ich hab jetzt erst bemerkt, dass das Ding ja von Dave Fridmann (Tame impala, FLaming Lips, etc.) produziert ist. Gewagter Schritt, der sich aber auszahlt, wie ich finde. |
h1ghfiv3 |
2011-06-12 18:24:49 Uhr
Hervorragendes Album. Ich bin mir aber immer noch unschlüssig darüber, ob es mich nicht stört, dass die (bewusst) verwaschene Produktion die technische Versiertheit der Musiker in den Hintergrund drängt. |
h1ghfiv3 |
2011-06-12 18:24:48 Uhr
Hervorragendes Album. Ich bin mir aber immer noch unschlüssig darüber, ob es mich nicht stört, dass die (bewusst) verwaschene Produktion die technische Versiertheit der Musiker in den Hintergrund drängt. |
chucky |
2011-05-03 18:14:43 Uhr
So, das neue Album zum ersten mal durchgehört und ich bin überrascht, dass es nach dem eher sperrigen Common Existence wieder so eingängig zur Sache geht. Wobei man eingängig im Thursday-Kontext sehen muss. Nach Sparks Against the Sun musste ich das Album nochmal von vorne hören, so großartig sind die Songs. Meiner Meinung nach das beste Thursday-Album bislang, da Full Collapse nur so wirklich knallt, wenn auch das ganze Drumherum stimmt. |
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Referenzen
Glassjaw; The Bled; Poison The Well; Fear Before The March Of Flames; Underoath; Hopesfall; The Receiving End Of Sirens; At The Drive-In; Emery; From Autumn To Ashes; Envy; Scary Kids Scaring Kids; Trophy Scars; Every Time I Die; United Nations; As Cities Burn; Drop Dead, Gorgeous; Sparta; Circle Takes The Square; Boysetsfire; The Number Twelve Looks Like You; Saetia; Funeral Diner; I Would Set Myself On Fire For You; Orchid; The Chariot; These Arms Are Snakes; Between The Buried And Me; Idiot Pilot; Curl Up And Die; Devil Sold His Soul; The Appleseed Cast; The Gloria Record
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