James Blake - James Blake
Polydor / Universal
VÖ: 04.02.2011
Unsere Bewertung: 9/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
Artificial love
Es ist schon merkwürdig, wenn Kritiker und Musikliebhaber bereits im Januar ihr Album des Jahres verkünden. Noch absurder wird es, wenn es sich beim Künstler um einen weitestgehend unbekannten jungen Mann handelt. Dabei hat James Blake seit 2009 immerhin schon vier EPs veröffentlicht, auf denen der Brite bereits vor seinem selbstbetitelten Debüt sein Gespür für Feinheiten und Details bewies. Für die kleinen elektronischen Spielereien, das Jonglieren mit der eigenen Stimme, die diversen Verzerrungen und die Minimalisierung der einzelnen Teile, um maximale Stärke daraus zu erlangen. Allerdings stellt sich die Frage, ob das alles auch von Bestand sein kann und es sich nicht um die Meinung ein paar weniger Lautsprecher handelt. Die Antwort: Ganz und gar nicht. Zum Glück.
Wer genau aufgepasst hat, konnte bei Blakes erster Single "Limit to your love" schon die erste kleine Inspiration ausfindig machen: Dem 2007er Original von Feist steht seine Version in nichts nach, was zu größten Teilen daran liegen dürfte, dass sie in keiner Weise nach ebendiesem klingt. Blake macht "Limit to your love” zu seinem eigenen Song, einem eigenen Meisterwerk. Seine Besonderheit bezieht er dabei nicht nur aus der Düsternis, dem Klavier im Hintergrund und dem immerwiederkehrenden, pulsierenden Refrain. Es ist Blakes Stimme, die das Stück so besonders macht. War diese auf den EPs oft bis zur Unkenntlichkeit verzerrt und verzogen, ist sie hier von allen Zusatzstoffen und damit verbundenen Nebenwirkungen befreit. Und nicht nur hier.
"I never learnt to share" erblickte bereits im Sommer 2010 das Licht der Welt - eher zu Blakes Leidwesen, der den Song darum für das Album hier und da verfeinerte und um gut eineinhalb Minuten verlängerte. Etwa beim Einstieg, wo sich die Sätze "My brother and my sister don't speak to me / But I don't blame them" ständig wiederholen - erst einstimmig, dann zweistimmig, irgendwann in einem irren Chor, gefolgt vom stampfenden Rhythmus des Drumcomputers, bis der Song seinen Höhepunkt in einem wahnsinnigen Zusammenkommen verschiedener, kaum definierbarer Soundelemente findet.
"James Blake" beginnt mit "Unluck" und "The Wilhelm scream" auffallend soulig, wobei sich der Opener zur Mitte hin zu einem an Thom Yorke erinnernden Rhythmusfeuerwerk aufschwingt. Die Handclaps kommen kaum hinterher, bis auch dieser Song in einer stetigen Wiederholung verschiedener Sounds und in mehrstimmigem Gesang mit variierenden Schattierungen gipfelt. "Why don't you call me" und "Give me my month" hingegen beschränken sich auf die einfachen Elemente: Zu Klavierbegleitung siegt hier das allzu menschliche Gefühl in Blakes Stimme über jeden artifiziell hergestellten Ton. "I never told her where the fear comes from", singt er in "Give me my month", man leidet mit ihm - und wünscht sich dabei, der Song wäre länger als knapp zwei Minuten.
"Lindisfarne I" erinnert im A-Capella-Stil nicht nur dank des Harmonizer-Effektes in der Stimme und des kühl-gefühlvollen Hauchs von Traurigkeit an Imogen Heaps "Hide and seek", während der zweite Teil mehr an How To Dress Well gemahnt, mit Akustikgitarre und ein paar sorgfältig abgestimmten Beats im Hintergrund in der Melodie dennoch ähnlich minimalistisch bleibt. Das abschließende "Measurements" beweist dann einmal mehr die Innovation dieses Albums: Wenn man schon glaubt, nun könne einen nichts mehr überraschen, zückt der Brite hier seine Gospel-Karte. Und genau diese Überraschungsmomente machen "James Blake" aus. Stimme, Klavier, technische Spielereien - alles ist Blake recht, um Emotionen aufzubauen. Und die wohlige Erschöpfung nach dem Hören rechtfertigt jeden Hype. Grund genug, im Januar bereits vom Album des Jahres zu sprechen. Oder zumindest davon zu träumen.
Highlights
- The Wilhelm scream
- Lindisfarne I
- Limit to your love
- Give me my month
- I mind
Tracklist
- Unluck
- The Wilhelm scream
- I never learnt to share
- Lindisfarne I
- Lindisfarne II
- Limit to your love
- Give me my month
- To care (like you)
- Why don't you call me
- I mind
- Measurements
Gesamtspielzeit: 38:00 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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captain kidd |
2013-02-28 19:51:07 Uhr
hehe, ja, oder? im ernst: hatte damals mal so reingehört - fand es immer okay, aber nicht mehr. für sechs euro dachte ich jetzt: mal kaufen. ist schon ein gutes album mit wirklich ein paar neuen sounds. aber leider arbeitet er manchmal die songs nicht konsequent aus. so für mein empfinden. |
IFart |
2013-02-28 09:38:17 Uhr
Der Captain....immer am Puls der Zeit ;-) |
captain kidd |
2013-02-28 06:43:28 Uhr
habe es jetzt doch mal für sechs euro gekauft, weil ich bei satan über 20 euro kommen wollte... ein wirklich hübsches album, mit ungewöhnlichen sounds und ideen. und er singt wirklich wunderschön. die reinen klavier-stücke find ich nicht so stimmig im albumfluss, obwohl sie allein für sich auch gut sind. ein elektro-album für leute, die kein elektro mögen. oder: eine soulalbum für elektromusic-nerds... 7,5/10 |
James Blake Fan |
2012-08-16 19:16:43 Uhr
haben die abns (anti blake nerds) sich eigentlich auch mal andere platten von ihm angehört? klavierwerke, cmyk oder love what happened here? alles klasse platten. also weniger den hype mitmachen (james blake dissen) und mehr musik hören. |
|
2012-08-16 00:32:28 Uhr
die trends 2012: Hipsters hassen und james blake dissen. scheiße seid ihr individuell! |
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Referenzen
Mount Kimbie; How To Dress Well; Darkstar; Actress; Burial; The xx; Boards Of Canada; Aphex Twin; Sepalcure; Deadboy; Xela; Bonobo; Zomby; Wookie; Flying Lotus; Gonjasufi; Tua Und Vasee; Kevin Saunderson; Floating Points; Joy Orbison; Autechre; Squarepusher; Samiyam; Untold; Dntel; Theo Parrish; Lukid; Joker; Morphosis; James Pants; Throbbing Gristle; Architeq; Massive Attack; Tricky; Portishead; Unkle; Joe; Thom Yorke; Antony & The Johnsons; Bon Iver; Imogen Heap
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