White Lies - Ritual

Fiction / Polydor / Universal
VÖ: 28.01.2011
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

Die drei Ausrufezeichen
Pop geht seine eigenen Wege. Das entschuldigt zwar wenig, erklärt aber vielleicht, warum das Debütalbum von White Lies überraschend an die Spitze der britischen Album-Charts schoss. Der Kalender zeigte schließlich das Jahr 2009 und nicht 1983. Damals hätte die polierte Todessehnsucht von "To lose my life..." den Zeitgeist mit einem satten Kopfschuss zielsicher erlegt, und die überraschende Platzierung kann nicht nur am verkaufsschwachen Januar gelegen haben. Doch bevor diese Rezension zum tausendsten Diskurs darüber verkommt, was derartige Nostalgie über die Lebenslust dieser Generation aussagt, schieben wir den Erfolg lieber komplikationslosen Ohrwürmern wie "Death" oder dem Titelsong in die Schuhe.
Warum White Lies zudem schnell zum leichten Ziel für die schreibende Zunft wurden, lässt sich auch anhand der Vorabsingle zu ihrem zweiten Album ausrechnen: Die heißt "Bigger than us" und klingt sogar noch ein gutes Stückchen größer. Mit der gefüllten Portokasse konnte sich der Dreier für "Ritual" nämlich die angemessen fette Produktion leisten, auf die "To lose my life..." schon spekuliert hatte. Alan Moulder gelang an den Reglern ein euphorisierendes Meisterstück, das selbst seinen ehemaligen Kunden The Killers Respekt abnötigen sollte. Dabei bremsen die Arrangements allzu jubilierenden Postpunk gekonnt aus. Industrieller Hall trifft für "Is love" auf Acid-Bleeps. "Holy ghost" beginnt mit dem Bild einer im Sirup strampelnden Motte und lässt dazu den Bass grollen und Metallstangen klirren. "Streetlights" hadert mit "bad sex and ethanol" und lässt den Synthesizer Grüße an Gary Numan ausrichten.
Nicht nur in Charles Caves Lyrics wartet jenes ganz große Drama, das Bruce Darnells Handtasche vor Freude Feuer fangen lässt. Wenn sich die Songs vom Tod ab- und der Liebe zuwenden, zeigt der Titel "Ritual" den mulmigen Blickwinkel. Im Opener schwelgt Harry McVeigh "The only thing I've ever found / That's greater than it always sounds / Is love" und kann es nicht recht glauben. Doch sein bebender Bariton wischt in "Strangers" jede Zurückhaltung beiseite. "I've got a sense of urgency / I've gotta make something happen / No stone unturned." Und bevor der Kajalstift ein Ausrufezeichen dahinter malen kann, hebt sich der Refrain schon auf die nächste Stufe: "Strangers don't hide / The morning hunts you down / But there's nothing stranger than to love someone." Darunter machen sie's nicht.
Dass man den schattigen Pop von White Lies auch weiterhin mit Joy Division und den üblichen Verdächtigen in Verbindung bringen wird, ist kaum mehr als ein Missverständnis. Schließlich flirrt hier bei allem Ungemach hoffnungsfrohes Dur durch die Strophen, und die Refrains rühren keinen Finger, wenn es nicht zur faustdicken Hymne reicht. Deswegen zitiert der Dreier mit "The power & the glory" seine Helden Ultravox, die ihre großen Gesten ebenfalls nicht grundsätzlich mit Tiefgang ausstatteten. "Ritual" wuchert wie schon das Debüt mit einer diskutablen Stärke: Zwischen den verwaschenen Keyboards lauern schlichte, aber deswegen umso einprägsamere Melodien. "Ritual" wird daher weiterhin keine Fans unter den Indiespießern finden, die derlei für verwerflich halten. Halten müssen. White Lies dürfen die zu erwartende Flut von "Gefällt mir"-Klicks bei Facebook selbstbewusst dagegen halten. Denn Pop geht seine eigenen Wege.
Highlights
- Is love
- Strangers
- Bigger than us
- Holy ghost
Tracklist
- Is love
- Strangers
- Bigger than us
- Peace & quiet
- Streetlights
- Holy ghost
- Turn the bells
- The power & the glory
- Bad love
- Come down
Gesamtspielzeit: 49:37 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
---|---|
Christoph |
2011-01-30 16:31:04 Uhr
ist das neue zu poppig mit zuviel pathos, dass es hier so schlechte beiträge bekommt, oder sind die songs wirklich schlecht. ersteres wäre nämlich genau mein ding (U2-fan). |
musie |
2011-01-28 14:17:19 Uhr
am besten hörst du das album, statt kritiken zu suchen. und wenns dir nicht passt, dann hörst es nicht. auch nicht weiter schlimm und basta. |
Fremdschämer |
2011-01-28 14:08:25 Uhr
suche verzweifelt noch eine gute Kritik, jemand die brigitte oder tv movie zur Hand |
David |
2011-01-27 18:26:07 Uhr
Na ja, ich dachte der Absatz zwischen beiden Aussagen reicht als Trennung der Themen aus... aber das ist ja jetzt eh geklärt.Was die Texte angeht, so bin ich da vielleicht etwas altersmilde, weil ich jungen Bands das schonmal nachsehe. Ich nehme den Text/Gesang dann mehr als zusätzliche Instrumentation wahr... das hilft! |
Demon Cleaner |
2011-01-27 10:28:43 Uhr
Wobei sich dein Beitrag schon so liest, dass jeder, der das Album nicht mag, ein Indiespießer wäre.Mir rollen sich einfach allein bei den klischeeüberladenen Texten die Fußnägel auf, das ist eine Frage des Geschmacks. |
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Referenzen
Ultravox; Tears For Fears; The Teardrop Explodes; Echo & The Bunnymen; Hurts; The Killers; The Bravery; Editors; The Cinematics; Customs; The Departure; Secret Machines; The Cure; Visage; Howard Jones; Nik Kershaw; Real Life; Thompson Twins; Simple Minds; Duran Duran; Bauhaus; Japan; U2; New Order; Joy Division; Interpol; Julian Plenti; O. Children; Diego; The Airborne Toxic Event; Hypernova; She Wants Revenge; Boy Kill Boy; VHS Or Beta; The Faint; Blancmange; Furniture; Orchestral Manœuvres In The Dark; Depeche Mode; Camouflage; My Bloody Valentine; Curve; Garbage; Gary Numan; Nine Inch Nails; Zoot Woman; Delphic; We Are Scientists; The Maccabees; Muse; Placebo; The Boxer Rebellion; The Courteeners; Fear Of Flying
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