Wir Sind Helden - Tausend wirre Worte - Lieblingslieder 2002-2010 (Special Edition)
Reklamation / Labels / EMI
VÖ: 21.01.2011
Unsere Bewertung: 8/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
Mehr als nur ein Oh
"An einem Helden ist alles verzeihlich, nur nicht die Schwächen", heißt es. Klingt hart, ist aber so. Zugegeben, 2010 war ein komisches Jahr für Wir Sind Helden. Deren viertes Album "Bring mich nach Hause" war anders als die Vorgänger: Nicht nur die Musik wirkte komisch, sondern auch die Aufmachung. Waren die Wahl-Berliner vorher bekannt für möglichst verrückte Spielchen, quietschbunte Farben und quasi jetzt schon legendäre Musikvideos - man erinnere sich nur an den 2-Mark-Clip zu "Guten Tag" oder die Bob-Dylan-Gedächtnis-Verfilmung von "Nur ein Wort" -, wurde es im letzten Jahr plötzlich ruhiger. Das Albumcover in dunklen Tönen gehalten und die erste Single "Alles" war zwar an sich ganz hübsch, aber so ... ernst. Die Zeit der verrückten Bande um Sängerin Judith Holofernes schien vorbei, man war ja auch irgendwann in den vergangenen Jahren erwachsen geworden, und Wir Sind Helden gehörten zu dem Volk der Großen, die irgendwie auf einen Schlag humorlos geworden waren.
Komisch war aber vor allem, dass der Hype um "Bring mich nach Hause" ausblieb. Wurde in der Vergangenheit jedes neue Album der Helden im Vorfeld frenetisch abgefeiert, erreichten sie diesmal zwar auch die Spitze der Charts - nur juckte das kaum einen. Was also kann man machen, um schnell auf sich, seine Originalität, aufmerksam zu machen, bevor man verfrüht den Heldentod stirbt? Richtig. Gut fünf Monate nach der Veröffentlichung von "Bring mich nach Hause" kommt die erste große Best-Of-Sammlung der Band auf den Markt. Mehr noch. Bei "Tausend wirre Worte - Lieblingslieder 2002-2010" handelt es sich um eine Ansammlung der persönlichen Favoriten der Mitglieder. Und noch mehr: Zusätzlich gibt es in der "Special Edition" eine Bonus-CD, auf der sich B-Seiten und Raritäten der vergangenen Jahre finden. Und in der Box steckt sogar noch mehr: Der Hörer wird zum Seher, und auf der DVD finden sich neben sämtlichen Musikvideos zusätzlich zu fast alle dazugehörigen Making Ofs und das "Heldendokumentationsvideo", eine 45-Minuten-Doku über den Touralltag als Held.
Eines muss man ihnen ja zugestehen: Auf den Kopf gefallen sind die Herren mit der Dame in der Mitte nicht. Und so wundert es kaum, dass sich auf der ersten CD mit den Lieblingsliedern zusammen zwölf Songs von den ersten beiden Alben "Die Reklamation" und "Von hier an blind" befinden, immerhin noch vier von "Soundso" und nur drei vom neuesten Werk. Naja, man will ja gar nicht weiter drauf rumreiten. Fakt ist, dass sich natürlich all die großen Kracher vereinen, von der ersten Single "Guten Tag" über die Konzertlieblinge "Denkmal" und "Nur ein Wort" bis zum damals schon so andersartigen, noch immer swingenden "Gekommen um zu bleiben". Dazwischen ein angenehmer Überblick über die letzten Jahre, wie etwa das vibrierende "Echolot" und das hyperaktive "Müssen nur wollen". Natürlich bleiben Holofernes' wahnwitzige Wortspiele niemals unbemerkt, und das nicht nur im Titel von "Die Zeit heilt alle Wunder". Auch diese kleinen, aber feinen Zeilen, die man fast vergessen hatte, werden wiederbelebt: "Ich erkenn hier nichts wieder / Alles müde und alt / Und ich male uns beide / Als Umriss aus Kreide / Auf den Asphalt", singt sie in "Du erkennst mich nicht wieder", dem Schlusslicht der ersten CD, und läutet damit nur die wildere und abenteuerreichere Fahrt ein.
Denn die zweite CD hat es in sich. Da wird der Hörer mit der japanischen Version von "Von hier an blind", "Sâ itte miyô", konfrontiert, mit der chinesischen (aber gleichnamigen) Version von "Kaputt", mit allerlei Französischkeiten, mit der deutschen (Oha!) Version eines +44-Songs - wenngleich "Wenn Dein Herz zu schlagen aufhört" das mausetote Original auch nicht mehr beleben kann - und mit diversen Liveaufnahmen. Und während Judith sich in fremden Sprachen durchquatscht, Songs wie "Außer Dir" live vorträgt und "Gekommen um zu bleiben" durch den Moonbootica-Remixwolf gezogen wird, verliert man fast den Überblick. 21 Songs, die man teilweise in anderer Form schon gehört hat, teils hier erst kennenlernt, da darf man gerne auch mal aus der Puste kommen. Ausruhen kann man dann bei der liebevoll gestalteten DVD, der kleinen Doku und den ganzen Zusatz-Infos zu den Musikvideos im Audiokommentar, den man vielleicht nicht gebraucht hat, den man aber trotzdem bekommt. Ist doch auch eine nette Geste. Und damit wären wir doch wieder bei den Helden von früher, die man mochte, obwohl man sie nur aus dem Fernseher kannte, mit denen man ein Bierchen zischen und Tränchen wegwischen wollte, die in vielen, komischklingenden Worten doch eigentlich genau das ausgedrückt haben, was man gerade noch sagen wollte. Also, lasst uns verschwinden, denn diese Welt - natürlich die eine - dreht sich doch längst von alleine. Vorher spülen wir aber noch schnell die Kreide auf dem Asphalt weg. Auf dass sie nie mehr wiederkommen, die Umrisse.
Highlights
- Wenn es passiert
- Denkmal
- Die Träume anderer Leute
- Nur ein Wort
- Alles
- Du erkennst mich nicht wieder
- Kompass
- Außer Dir (live)
- Lass uns verschwinden (FM4-Akustik-Version)
- In mir drin
Tracklist
- CD 1
- Wenn es passiert
- Denkmal
- Guten Tag
- Echolot
- Die Träume anderer Leute
- Die Zeit heilt alle Wunder
- Elefant für Dich
- Von hier an blind
- The geek (Shall inherit)
- Gekommen um zu bleiben
- Ist das so?
- Die Konkurrenz
- Nur ein Wort
- Müssen nur wollen
- Hände hoch
- Alles
- Labyrinth
- Bring mich nach Hause
- Du erkennst mich nicht wieder
- CD 2
- Wenn Dein Herz zu schlagen aufhört
- Popstar
- Replikanten
- Sâ itte miyô
- Streichelzoo
- Heldenzeit (live)
- Alphamännchen
- Halt Dich an Deiner Liebe fest (live)
- Kompass
- Gekommen um zu bleiben (Moonbootica Remix)
- Guten Tag (Ich bin Jean)
- Panique
- T'es comme ça
- Gekommen um zu bleiben (Demo)
- Kaputt (Chinesische Version)
- Außer Dir (live)
- Lass uns verschwinden (FM4-Akustik-Version)
- Keine Angst mehr
- Friede, Freude, Lagerfeuer
- In mir drin
- Amore
- DVD: Tausend wirre Bilder - Heldendokumentationsvideos
- Guten Tag
- Müssen nur wollen
- Aurélie
- Denkmal
- Gekommen um zu bleiben
- Von hier an blind
- Wenn es passiert
- Nur ein Wort
- Endlich ein Grund zur Panik
- Soundso
- Kaputt
- Die Konkurrenz
- Alles
- Bring mich nach Hause
Gesamtspielzeit: 302:34 min.
Referenzen
Klee; Anjaka; Juli; Toni Kater; Ideal; Quarks; Wolke; Erdmöbel; Angelika Express; Silbermond; Spillsbury; Paula; Jens Friebe; Neonbabies; Etwas; Britta; Anajo; Kettcar; Karpatenhund; Fertig, Los!; Tele; Katze; Viktoriapark; Nachlader; Superpunk; 2raumwohnung; Locas In Love; Hansen Band; Tomte; Mein Mio; The Cardigans; Niels Frevert; Hund Am Strand; Element Of Crime; Wunder; Mia.; Virginia Jetzt!; Die Sterne
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