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The Mighty Stef - TMS and The Baptists

The Mighty Stef- TMS and The Baptists

Tonetoaster / Al!ve
VÖ: 14.01.2011

Unsere Bewertung: 6/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Keine Lösung

Nie wieder Alkohol. Aber diesmal wirklich. Hat sich bestimmt jeder schon einmal gesagt, der zu fortgeschrittener Tageszeit mit dickem Schädel und bedauernswertem Allgemeinbefinden aufgewacht ist. Womöglich auch Stefan Murphy, der raue, aber herzliche irische Folk-Punk mit der vermeintlich whiskygeschädigten Stimme. Und wenn man am nächsten Tag vom Kopfschmerz geplagt die Bilanz der letzten, durchzechten Nacht zieht, ist die Versuchung zuweilen schon groß, zwecks Besserung mit höheren Mächten zu mauscheln. "I have sinned and I want redemption", fleht The Mighty Stef dann auch gleich zu Beginn seines dritten Albums den heiligen Johannes an - da die Iren ein trinkfestes Völkchen sind, dürfte der nämlich gerade ohnehin mit dem Weihwasserwerfer in den Straßen Dublins unterwegs sein.

Das Problem dabei: Murphy weilt gar nicht in Dublin, sondern in Berlin, wo er vor einiger Zeit seine Landsleute Humanzi traf. Die hatten 2005 mit "Fix the cracks" einen kleinen Hit und hocken seitdem in der Hauptstadt bis jetzt erfolglos an ihrem zweiten Album. Mit The Mighty Stef ging es schneller: Unter seiner Leitung wurde aus dem elektrifizierten Indie-Vierer kurzerhand The Baptists und damit eine Backingband, die melancholische Suffhymnen und kumpelige Pub-Rocker spielt, als hätte sie nie etwas anderes gemacht. Da schunkeln die Songs in meist gediegenem Tempo, johlen die Lads im Hintergrund zu traditionellen Bluesrock-Motiven und jubiliert ein Gospelchor in so hohen Tönen, dass es nicht nur dem Herrgott ein Wohlgefallen ist.

Die Themen auf "TMS and The Baptists" bleiben jedoch durch und durch ir(d)isch. Die grandiose Single "We want blood" protestiert lautstark gegen die fehlgeleiteten Investoren, die Murphys Heimat zur Insel der maroden Banken gemacht haben, "Blood and whiskey" erörtert einmal mehr die fatale Wirkung von zu viel Spirituosen, und "Hollywood" erteilt zu gemütlicher Pedal Steel dem Starrummel eine charmante Absage. Wie The Mighty Stef überhaupt meist den galanten Schlawiner gibt, wenn er sein "Georgia girl" anschmachtet und in "Jeffrey Lee Pierce" einer platonischen Freundin klarmacht, dass es wohl beim gemeinsamen Saufen auf dem Balkon und Gun-Club-Hören bleiben wird: "You look like shit, you smell like piss, but you've got a warm heart." (Sozial-)Romantik pur.

Dazu passt, dass Murphy bei "Social science" zu düsterem Swamp-Blues mit Grabesstimme einen galligen Abgesang auf die Gesellschaft anstimmt: "Social science, you are my best friend / But that's not much because the competition was so slim." Einer der wenigen wirklich übelgelaunten Momente dieses Albums, dem insgesamt ein wenig Tiefenschärfe und Punkrock-Appeal des Vorgängers "100 midnights" abgehen. Doch die schulterzuckende Kapitulation vor dem eigenen verpfuschten Dasein in "The harbour song" kommt wie gerufen, bevor man The Mighty Stef beginnende Zahnlosigkeit oder gar arg verfrühte Altersmilde vorwerfen kann: "All my troubles will prevail." Und Alkohol ist keine Lösung, sondern ein Destillat.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights

  • We want blood
  • Social science
  • Jeffrey Lee Pierce

Tracklist

  1. John the baptist (Part 1)
  2. We want blood
  3. Blood and whiskey
  4. Georgia girl
  5. Hollywood
  6. John the baptist (Part 2)
  7. Social science
  8. Jeffrey Lee Pierce
  9. The harbour song

Gesamtspielzeit: 43:46 min.

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