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Anna Calvi - Anna Calvi

Anna Calvi- Anna Calvi

Domino / GoodToGo
VÖ: 14.01.2011

Unsere Bewertung: 6/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Das Mädchen mit der Gitarre

Es war eine der ganz großen Fragen der Achtziger Jahre: Welche Musik würden die Grazien mit den streng nach hinten frisierten Haaren und den gefährlich roten Lippen, denen man aus Versehen eine Gitarre anstatt der "Businessfrau des Jahres"-Scherpe umgehängt hatte, wohl machen, wenn sie nicht in Robert Palmers "Addicted to love"-Video herumstehen müssten? Anna Calvi, eine Halbitalienerin aus London, war damals gerade vier Jahre alt. Aber heute sieht sie aus wie eine dieser Damen. Bloß, dass man nicht auf die Idee käme, ihre Telecaster sei nur zufällig in ihren Händen gelandet. Zu symbiotisch scheint ihre Beziehung zu diesem Instrument zu sein, das sie gerne als nicht wegzudenkendes Körperteil glorifiziert. Und tatsächlich entlockt sie ihrer Gitarre schon im instrumentalen Opener "Rider to the sea" Klänge, die man zumindest den Damen aus dem Robert-Palmer-Video nicht zugetraut hätte: mysteriös und atmosphärisch, romantisch und dramatisch, morbide und hingebungsvoll.

"The biggest thing since Patti Smith", lobhudelte Brian Eno, Nick Cave wünschte sich die junge Engländerin ins Vorprogramm seiner Grinderman-Europatour, Interpol taten es ihm gleich. Das renommierte Label Domino nahm Calvi mit Kusshand unter Vertrag, PJ-Harvey-Stammproduzent Rob Ellis widmete sich ihrem selbstbetitelten Debütalbum, und die BBC sagt ihr in der höchst relevanten "Sound of 2011"-Liste eine große Zukunft voraus. Wer nun meint, dass diese reichlich mit Vorschusslorbeeren dekorierte Euphorie kompetenter Instanzen Erwartungen schürt, die Calvi nicht erfüllen kann, dem muss man an dieser Stelle leider recht geben. Es ist zwar außerordentlich beeindruckend, wie in diesen knapp 40 Minuten die schillerndsten Einflüsse miteinander vermählt werden - von Jimi Hendrix über Maria Callas bis hin zu Ennio Morricone und Maurice Ravel - das Ergebnis ist allerdings nicht mehr als eine Zweckehe. Wenn auch eine überdurchschnittlich gute. Manchmal.

Die Gitarre hat ganz klar die Hosen an: Sie klingt majestätisch und geheimnisumwoben; die Töne durchschreiten würdevoll eine mitternächtliche Kathedrale, werfen große Schatten, horchen in sich hinein und gehen aus sich heraus. Es verwundert nicht, dass Calvi sich zunächst ausschließlich als Saitenartistin betrachtete und erst viel später den Mut fand, zu singen. Wobei sie entweder sinnlich haucht, wie in "No more words", oder operettenhaft röhrt, wie in "Suzanne and I". Im heimlichen Stadionrocker "Desire" könnte man sie auch für Amy Macdonald halten. Das spricht immerhin für eine gewisse stimmliche Vielseitigkeit. So berührend wie ihr Gitarrenspiel ist Calvis Gesang jedoch nur selten, und auch dem Songmaterial fällt es nicht immer leicht, zu konkurrieren. "First we kiss" spürt die düsteren Seiten der Sixties auf, "I'll be your man" ergötzt sich an rhythmischen Frivolitäten, "The devil" huldigt dem Flamenco, und der Gitarre im Mittelteil gelingt das Kunststück, wie die Streicher aus einem Hitchcock-Film zu klingen. Das pompöse Finale heißt übrigens "Love won't be leaving". Also immer noch addicted to love. War ja klar.

(Ina Simone Mautz)

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Highlights

  • Rider to the sea
  • Desire
  • First we kiss

Tracklist

  1. Rider to the sea
  2. No more words
  3. Desire
  4. Suzanne and I
  5. First we kiss
  6. The devil
  7. Blackout
  8. I'll be your man
  9. Morning light
  10. Love won't be leaving

Gesamtspielzeit: 39:21 min.

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