The Avett Brothers - Live, volume 3

Columbia / Sony
VÖ: 08.10.2010
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10

So glücklich
Livealben können ein schönes, aber auch vor allem ein schwieriges Unterfangen darstellen. Entweder sie schaffen es, den Hörer einzufangen in all den kleinen Momenten, jedem einzelnen Aufatmen des Sängers, jedem Schrei aus dem Publikum, jeder noch so kleinen Reaktion, die ein Konzert eben ausmachen. Auf dass sich genau dieser Hörer dann wünscht, beim nächsten Mal auch dabei sein zu können, um bei dieser Erfahrung dabei sein zu können. Oder aber Livealben verschrecken mit Krächztönen, kleinen Umgereimtheiten, die den eben noch so geschätzten Lieblingssong für immer verderben, und überhaupt, kann das verdammte Publikum jetzt endlich mal ruhig sein?! Bei Konzerten der Avett Brothers Seth und Scott geht es auch nicht gerade ruhig zu, weder vor noch auf der Bühne. Eingefangen wird der Hörer umso mehr, oder gerade deshalb. Und nein, beim Konzert im August 2009 in North Carolina, der Heimat der Jungs, ging es auch alles andere als ruhig zu.
Das pumpende "Talk on indolence" liefert gleich zu Beginn einen hämmernden Beweis dafür, warum man den Stil der Brüder gerne als punkige Bluegrass-Variante bezeichnet. Der treibende Harmoniegesang wechselt sich schon in den Strophen ab mit einem schnellen Trommelfeuer, das zur Mitte des Songs hin fast eine Art Regentanz heraufbeschwören mag. Der Titeltrack vom aktuellen Album "I and love and you" auf der anderen Seite bewegt sich in sanfteren Gewässern, und Piano, Cello und Geigen begleiten dieses kleine Highlight, während "I killed Sally's lover" dem südstaatentreuen Bluegrass-Liebhaber einen Grund zu Freudentränen geben dürfte. Die trocknen auch nicht, wenn auf "Head full of doubt / Road full of promise" zwar der Cowboyhut wieder zurecht gerückt wurde, im Hintergrund aber scheinbar ein ganzes Streichorchester den Ton anzugeben scheint.
Einer der schönen Songs des neuen Albums, "Kick drum heart", darf auf dem nunmehr dritten Livealbum der Avett Brothers natürlich nicht fehlen. Da wird das Publikum gleich als Begleitklatschband einbezogen, und wer spontan ein schöneres Schlagzeugsolo nennen kann, hebe bitte nicht die Hand. Bei den Brüdern wird eben nichts beschönigt oder retuschiert, und so darf es auch nicht verwundern, dass "Ballad false start" schlicht der erste Versuch vom gleich darauffolgenden "The ballad of love and hate" ist, bei dem Seth Avett bemerkt: "I'm so happy I can barely stand it" - und einfach von vorne anfängt. In einem ähnlichen Gefühlszustand fühlt sich der Hörer spätestens beim ebenfalls vom Piano begleiteten "The perfect space", das zwar romantisch-selig beginnt, letzten Endes aber doch noch die Keule auspackt und ordentlich zuschlägt. Live sind die Avett Brothers sicher kein Schmuckstück, das man von außen lieblich nur betrachten kann. Sie sind ein Erlebnis, ein Abenteuer, und, wie in "Colorshow" dank Seth Avetts permanenten Schreien, manchmal sogar ein wenig anstrengend. Macht aber nichts - so läuft es eben ab und zu in Beziehungen, die für die Ewigkeit gemacht sind.
Highlights
- Talk on indolence
- I and love and you
- Head full of doubt / Road full of promise
- The perfect space
- Kick drum heart
Tracklist
- Pretty girl from Matthews
- Talk on indolence
- Ballad false start
- The ballad of love and hate
- Colorshow
- I and love and you
- Shame
- When I drink
- Murder in the city
- I killed Sally's lover
- Head full of doubt / Road full of promise
- The perfect space
- Paranoia in B flat major
- Distraction #74
- Kick drum heart
- Salvation song
Gesamtspielzeit: 67:05 min.
Referenzen
The Low Anthem; The Felice Brothers; Pelle Carlberg; Badly Drawn Boy; Fanfarlo; Arcade Fire; My Morning Jacket; Mumford & Sons; Babybird; The Beautiful South; Bonnie 'Prince' Billy; Monsters Of Folk; Langhorne Slim; Fleet Foxes; Noah And The Whale; Iron & Wine; Bon Iver; Ben Folds; The Fray; Danny And The Champions Of The World; Townes Van Zandt; Neil Young; Crosby, Stills, Nash & Young; Dave Matthews Band; Ben Kweller; Adam Green; Sparklehorse
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