Ben Weaver - Mirepoix & smoke

Bloodshot / Indigo
VÖ: 05.11.2010
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

Das Fenster zur Welt
Nur ein kleines Guckloch als Verbindung zur Außenwelt. Mehr traute sich Weaver bisher nicht nach seinen zunächst begeisternden, später dann einschüchternden Erfahrungen in Berlin, die er auf seinem letzten Album "The ax in the oak" verewigte. In der Kiste sitzend ließ sich Weaver wieder in die gute alte Heimat Minneapolis schiffen und in sein Appartement dicht ans Fenster stellen. Von innen schaut Weaver nun hinaus auf das bunte Treiben dort unten in den Straßen, auf die Menschenmengen, die sich ihren Weg durch die Straßen und Geschäfte bahnen. Es dauerte eine Weile, bis Weaver sich von den Eindrücken in Deutschland und der anschließenden Schreibblockade, die es anders als besagte Kiste tatsächlich gab, erholen konnte. Aus der Einsamkeit entstand sein siebtes Studioalbum "Mirepoix & smoke".
Spröder, rauer und erdiger, ja traditioneller gab es Ben Weaver bisher nicht. Reduziert auf die akustische Gitarre oder ein Banjo sowie hier und dort stimmlich begleitet von Erica Froman, ehemals Mitglied der Dream-Popper Anathallo, legt der Folkbarde sein intimstes Album vor. Wo auf den Vorgängeralben elektronische Einsprengsel und Einflüsse aus dem Indie-Rock zuweilen eine Distanz zu den poetischen, innigen Lyrics schufen, entledigt sich Weaver auch der letzten Steine aus dieser Mauer zwischen "ich" und "ihr". Eine neue, viel tiefere Verletzlichkeit macht sich breit. An der auch und vor allem Froman als Gegenpart zu Weavers knarzend raumgreifendem Timbre großen Anteil hat. Ähnlich wie Emmylou Harris für Conor Oberst bereitet Froman erst den fruchtbaren Boden, auf dem Weavers Skizzen über das "City girl", "The rooster's wife" oder die ergreifende Liebesgeschichte von "Grass doe" sich voll entfalten können. Der stilistische Rahmen ist eng gewebt, die rund 30 Minuten von einer bestechenden Homogenität.
"Mirepoix & smoke" konnte das Multitalent Weaver erst schreiben, nachdem er sich der Musik komplett entledigt hatte, endlich einmal einer richtigen Arbeit nachging und sich einer ganz anderen Passion widmete: dem Kochen. Daher der Titel des Albums, eine kleine Referenz an ein französisches Röstgericht aus allerhand Gemüse, das als Basis für Soßen und Suppen dienen kann. Und nie wäre es wohl naheliegender gewesen, in einer Rezension darüber zu schreiben, dass sich Weaver auf dieser Grundlage und mit den neuen Erfahrungen sein eigenes Süppchen kochte. Darüber, dass "Mirepoix & smoke" ein wahres Gericht geworden ist, etwas trocken und zäh zwar, dafür aber mit ganzem Herzen zubereitet und exzellent verfeinert. Den Brei verderben nur viele Köche.
Highlights
- Grass doe
- City girl
- While I'm gone
Tracklist
- Grass doe
- City girl
- Drag the hills
- East Jefferson
- While I'm gone
- Maiden Cliff
- Split ends
- 22 shells
- Rooster's wife
Gesamtspielzeit: 29:33 min.
Referenzen
Tom Waits; Mark Lanegan; Boy Omega; Bonnie 'Prince' Billy; Timesbold; Woven Hand; 16 Horsepower; Richard Buckner; Townes Van Zandt; Bright Eyes; Conor Oberst; Monsters Of Folk; Mark Eitzel; William Elliott Whitmore; The Handsome Family; Steve Earle; Bob Dylan; Willard Grant Conspiracy; Songs:Ohia; Brendan Benson; Magnolia Electric Co.; Blanche; Fred Neil; Josh Ritter; John Martyn; Howe Gelb; John Frusciante; Silver Jews; Scud Mountain Boys; Eels; Jim White; Leonard Cohen; Alejandro Escovedo; Cat Power; Jack Logan; Souled American; Hayden; Calexico; Kristofer Åström & Hidden Truck; Bart Davenport; Great Lake Swimmers; Nina Nastasia; Joe Henry
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- Ben Weaver (4 Beiträge / Letzter am 28.10.2010 - 11:31 Uhr)