The Daredevil Christopher Wright - In deference to a broken back
Amble Down / Almost Musique / Affairs Of The Heart / Indigo
VÖ: 29.10.2010
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
Das Würdelos
Wenn es eine Sache gibt, die die neuere Generation spinnerter Folkmusiker beherrscht, dann ist es sicherlich ... aussehen. Ungeziefer-Bärte, zottelige Mähnen, seltsame Hüte, gestreifte Nicki-Oberteile mit abgekautem Saum, Matrosenanzüge, Karotten-Cord, weiße Sportsocken auf käsigen Unterschenkeln, Bootcut-Jeans zwischen ein wenig mehr Fußfreiheit und Schlag in die Fresse. The Daredevil Christopher Wright lümmeln dazu auf dem Cover von "In deference to a broken back" auf einem Blümchensofa, vor einem Krepp-Lampenschirm und S.O.S. funkenden Topfpflanzen-Schabracken herum, während sie ihre Mauken in Siebziger-Orange sonnen. Bei so viel Worst Taste sollte die Rezension eigentlich im Armani-Zweireiher fertiggeschrieben werden, um der modischen Entropie entgegenzuwirken und dem Universum wenigstens einen Grundstock an Würde wiederzugeben.
Ganz klar: Bei Outfittests.de würden The Daredevil Christopher Wright abstinken wie sonst nur Dittsche oder Barney Geröllheimer. Und auch musikalisch bestehen die ersten Songs ihres Debüts die Aufnahmeprüfung in den Rumpel-Folk-Zirkus mit Eins-plus-Filc-Flacs. Da wird die Flöte aus- und in die Arrangements gepackt, schreddern die Drums und Gitarren, krachen Seemanns-Walzer zu Promille-Brummkreiseln zusammen, und schlittern die Vocal-Harmonien vom klagenden Solo zu Squaredance-Chorälen hinüber. Bis "A conversation about cancer" zu Shuffle-Rhythmus und der links angetäuschten Gesangsmelodie von "Una paloma blanca" scheinbar vollkommen den Verstand verliert. Zwar bleibt das harmonisch überaus korrekt, wird jedoch auch typisch beschwipst präsentiert, mehrmals durchbrochen, angehalten und dann wieder wie Konfettikanonen über sich selbst abgeschossen.
In der Folge mildern The Daredevil Christopher Wright ihre Waghalsigkeit jedoch nach und nach ab. "We're not friends" und "Clouds" gönnen sich melancholische Indie-Riffs und bauen sie auch mal bis zu euphorischem Gitarrenlärm aus. "War stories" und "The Daredevil Christopher Wright" präsentieren sich als vollkommen geerdete Trauerfolk-Miniaturen. Und "Stewardess" schunkelt die Platte zu bekümmertem Duett gütig aus. Doch selbstverständlich werden die Songverläufe auch hier noch durch allerlei Handklatschen, Hintergrund-Gebrabbel oder auch ein wenig gespielte Orientierungslosigkeit unterbrochen. Und die Texte bleiben apodiktische kleine Gemeinheiten in großen Trösterworten. Kennen keine Berührungsängste vor Missverständnissen, kein Zurückschrecken vor christlichen Grundsatzfragen, tief versenkt in persönlichen Dramen und sozialkritischem Kommentar. Oder auch andersherum.
Das klingt vielleicht immer noch zu sehr nach Cordsakko zu Ballonseide und Jutesack-Puschen. In Wahrheit jedoch kreuzt "In deference to a broken back" die Hinterbänkler-Melancholie von "Garden State" oder "Juno" mit dem kaputten Hyper-Realismus eines Harmony Korine und ein wenig Trari Trara aus der Fußgängerzone. Hört sich zwar besser an, als es aussieht - doch ihre ganz eigene Würde haben sich The Daredevil Christopher Wright damit in jedem Fall erspielt.
Highlights
- The east coast
- We're not friends
- Clouds
- Stewardess
Tracklist
- Hospital
- The east coast
- Acceptable loss
- A conversation about cancer
- Bury you alive
- We're not friends
- Clouds
- War stories
- A near death experience at sea
- The Daredevil Christopher Wright
- Stewardess
Gesamtspielzeit: 40:41 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
---|---|
mike |
2009-07-23 17:08:58 Uhr
Insgesamt beschissener Film, auch wenn Jennifer Garner mitspielt. |
bee |
2009-07-23 16:57:17 Uhr
wirklich empfehlenswert - reichlich versponnene Ideen von Noise bis Beach. |
äffchen |
2009-06-11 00:09:07 Uhr
Vor zwei Sekunden drüber gestolpert. Scheint mir was sehr Feines zu sein... |
Kilian |
2009-06-10 23:43:39 Uhr
bzw Justin Vernon... |
Kilian |
2009-06-10 23:43:06 Uhr
ich werf mal noch BON IVER in die Runde, um den Hype anzukurbeln, der hat bei dem Album ja mitgemischt ;-) |
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Referenzen
Violent Femmes; The Shins; Bright Eyes; Nervous Nellie; Bonnie 'Prince' Billy; Caz Mechanic; Animal Collective; O'Death; Neutral Milk Hotel; The Stanley Brothers; Bill Monroe; Osborne Brothers; Norman Blake; Tony Rice; Hank Williams; Gram Parsons; Reno Brothers; Jim & Jesse; Buck Owens; Roger Miller; Big Star; Teenage Fanclub; Alfie; Chewy; Death Cab For Cutie; Ben Folds; The Go-Betweens; The New Pornographers; Six.By Seven; Ben Kweller; Magoo; Eels; Pixies; Eskobar; Echo & The Bunnymen; The Wedding Present; The Goo Goo Dolls; Ladybird; Ryan Adams; The Decemberists; The Delgados; The Folk Implosion; Youth Group; James; Stephen Malkmus; Pavement; Weezer; The Rentals; Sonic Youth; Pixies; Yo La Tengo; Pavement; Built To Spill; Modest Mouse; 764-Hero; Field Music; Frightened Rabbit; Throw Me The Statue
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- The Daredevil Christopher Wright - In deference to a broken back (7 Beiträge / Letzter am 23.07.2009 - 17:08 Uhr)