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Envy - Recitation

Envy- Recitation

Rock Action / PIAS / Rough Trade
VÖ: 22.10.2010

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Techniken der Überwältigung

Envy arbeiten schon eine Weile nicht mehr an der Neujustierung ihres Sounds, Envy setzen sich seit etwa zehn Jahren das Ziel, schlicht den perfekten Song zu schreiben. In jenen Momenten, in denen dies schon gelungen ist, hinterlässt die Musik von Envy nackte Gefühlsklumpen und packt in acht bis zehn Minuten die Verwerfungen eines Menschenlebens. Envy-Songs bäumen sich auf wie Naturgewalten, türmen Schicht über Schicht für den effektvollen Kollaps. Sechs Minuten Warten auf den einen Anschlag, den einen Ton.

Auf dem neuen Werk "Recitation" weichen die konzeptuelle Geschlossenheit und die introvertierte Schwermut des letzten Albums "Insomniac doze" nun einigen freudenstrahlenderen Songs. Ein kleiner Schritt zurück zu den früheren, Hardcorepunk-infizierten Platten. Envy reißen ab und an das Fenster auf, anstatt das Dach abzudecken. Melancholie und Optimismus stehen gleichberechtigt nebeneinander.

"Last hours of eternity" schmeichelt mit vertrauten Melodielinien und schürt die Gewissheit, dass all die drapierte Sozialromantik des Postrock bei Envy einfach nicht zu dieser Stimme passen will. Envys Sehnsucht flieht und wütet, anstatt sich narzisstisch der eigenen Traurigkeit als abgeschmackte Geste hinzugeben. Envy vermessen die Grenzen harter Musik mit Melancholie hin zum Kitsch-Abgrund. Einen Schritt weiter nur, da sind Mono. "Light and solitude" jedoch macht sie kurzzeitig zu Gleichen unter gleich Biederen. Musik unter Kontrollzwang bei einer Band, die im Windenden und Flehenden stets ihre Stärken ausspielt. Eine gruselig schunkelige Melodie zergeht erst unter einem hyperaktiven Schlagzeug, um sich schlussendlich wieder durch die Ritzen der Wall Of Sound zu pressen. Die späte Wut versöhnt, aber der Zweifel ist genährt.

Den zuvor entfalteten Pathos allerdings schluckt "Dreams coming to an end" mit der Dreistigkeit von gutgelauntem Indierock und bereitet eine zweite Albumhälfte vor, die sich vom leisen Unbehagen zuvor endgültig freizumachen weiß: "Worn heels and the hands we hold" spielt die Genealogie des Envy-Konzepts von Postrock und Screamo im Zeitraffer ab. Envy spannen flirrende Gitarren über ein voraneilendes Schlagzeug, Bassdrum und Gesang verausgaben sich, holen kurz Luft, um sich zur Raserei zu steigern. Die direkt folgende Großtat "A hint and the incapacity" wankt durch eine verträumt-naive Melodie und hält kurz inne: Hier, in diesem Moment, wagt sich eine Gitarre vor, schraubt sich über einem Trommelwirbel empor, hakt nach, verklingt. Der Rest ist ohrenbetäubende Stille.

(Nicklas Baschek)

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Highlights

  • Worn heels and the hands we hold
  • A hint and the incapacity
  • A breath clad in happiness

Tracklist

  1. Guidance
  2. Last hours of eternity
  3. Rain clouds running in a holy night
  4. Pieces of the moon I weaved
  5. Light and solitude
  6. Dreams coming to an end
  7. Incomplete
  8. Worn heels and the hands we hold
  9. A hint and the incapacity
  10. A breath clad in happiness
  11. 0 and 1
  12. Your hand

Gesamtspielzeit: 65:58 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

hideout

Postings: 1843

Registriert seit 07.06.2019

2019-08-03 18:18:02 Uhr
Ich höre es auch gelegentlich, will aber nach Song 4 gleich zum Vorgänger wechseln. "Last hours" wäre hinter dem dumpfen "Dreams coming..." besser aufgehoben. Nichts gegen eine längere Laufzeit, nur bei "harten" intensiven Platten muss man da ein wenig aufpassen, dass der Übermüdungspunkt nicht überschritten wird.

Affengitarre

User und News-Scout

Postings: 11188

Registriert seit 23.07.2014

2019-08-03 18:00:40 Uhr
Haha, deine Kritik ist aber auch völlig berechtigt. Zu lang ist es auf jeden Fall, und schwächer als die paar Vorgänger auch. Trotzdem mag ich das recht gerne.

hideout

Postings: 1843

Registriert seit 07.06.2019

2019-08-03 17:58:07 Uhr
"Pieces of the moon" (zweitbester Song) wollte ich erst eine 9, dem Album eine 7,5 geben. Im Anschluss habe ich aber noch zur Selbstkontrolle 2 Songs vom Vorgänger gehört und mich dann für die niederen Bewertungen entschieden. Ja, die Screamo-Parts sind deutlich dunkler und noch rauher, was ich nicht begrüsse. :D Denn Envy mag ich eher wegen dem anderen, kann aber mit den Screamos, wenn sie gut eingebaut sind, sehr gut leben.

Desweiteren finde ich die Platte (in diesem Genre) ein bisschen zu lang (für mich), "Dreams coming to an end" hätte es definitiv nicht gebraucht. Und an zweiter Stelle, auch wenn der Song einen guten Aufbau hat, dauert alles ein bisschen zu lang, aber nur weil dem ja ein langes, ruhiges Intro vorgeschoben wurde. "Rain clouds" an Position wäre besser, aber das ist jetzt Erbsenzählerei und Geschmackssache. ^^

Affengitarre

User und News-Scout

Postings: 11188

Registriert seit 23.07.2014

2019-08-03 13:19:54 Uhr
Das ist halt irgendwie ihr Einschlafalbum. Extrem ruhig, sehr postrockig und viel Spoken Word. Finde aber schon, dass die Mischung ganz gut aufgeht. "Pieces of the moon..", einer der greifbaren Stücke, profitiert ja von seinem Ausbrüchen und der Gewalt im Vergleich zu den sanften "Spoken Word"-Parts. Auch cool finde ich, dass das Geschrei hier (glaube, das ging mit der "Abyssal" oder der Split mit Jesu los) tiefer und dunkler klingt, sehr mächtig.

Schon nicht so gut wie der Vorgänger, aber trotzdem stark.

hideout

Postings: 1843

Registriert seit 07.06.2019

2019-08-03 00:21:08 Uhr
1.Guidance*
2.Last hours of eternity 7/10
3.Rain clouds running in a holy night 8/10
4.Pieces of the moon I weaved 8/10
5.Light and solitude 7/10
6.Dreams coming to an end 5/10
7.Incomplete*
8.Worn heels and the hands we hold 7/10
9.A hint and the incapacity 7/10
10.A breath clad in happiness 8/10
11.0 and 1 7/10
12.Your hand*


Dem Vorgänger "Insomniac doze" habe ich ja eine 9,5/10 gegeben. Hier gibt es mehr Songs, die viel weniger miteinander harmonieren und das Album sackt in der Mitte sogar spürbar ab. Die Postrock-Passagen finde ich deutlich gelungener (und streckenweise sehr stark) als den Screamo-Gegenpart und beides zusammen funktioniert nicht mehr auf dem Niveau, wie es beim Vorgänger noch der Fall war. Vor allem deshalb nicht, weil die Scremo-Passagen die aufgebaute Atmosphäre nicht sicher tragen kann und in gewisser Hinsicht von einer Kälte durchzogen sind. Die Umrandung des Album mit Intro & Outro ist spannungstechnisch aber sehr gelungen.
Leider nur
7/10
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