O. Children - O. Children
Deadly People / Rough Trade
VÖ: 15.10.2010
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Experiment gelungen
Stellen wir uns für einen kurzen Moment einmal vor, uns sei alles schnuppe, scheißegal oder sonstwie gleichgültig, bevor diese Rezension in einem unflätigen Wortschwall versinkt. Stellen wir uns vor, wir haben nur diesen einen Augenblick, versehentlich das selbstbetitelte Debütalbum von O. Children als einzige Beschallung auf die berüchtigte einsame Insel mitgenommen und hören diese Musik als reizvolles Gedankenexperiment in vollkommener Isolation. Vergessen wir kurz jeglichen Vergleich des Londoner Quartetts mit Joy Division, Interpol und den Editors und nehmen die elf Songs in Einzelhaft. Nur gedanklich, versteht sich.
Der Einstieg mit "Malo" gelingt ausgezeichnet, die Drums ballern vor sich hin, die Synthesizer sind sofort am Anschlag und geben dem Hörer mit voller Lautstärke die Dröhnung. Die Achtziger Jahre hat es in unserer Vorstellung nicht gegeben, da auf einer einsamen Insel so etwas wie Zeit genausowenig existiert wie ein kollektives Musikgedächtnis. "Dead disco dancer" knüpft nahtlos an, Übergänge zwischen einigen Songs sind kaum auszumachen. Tobi O'Kadis greinender Bariton treibt das Stück und das gesamte restliche Album vor sich her, alle anderen folgen ihm bereitwillig. Wer hier nicht das Tanzbein schwingt, muss schon so fest angekettet sein, dass ihm alle Glieder abfallen, sobald er wieder losgemacht wird.
Doch immer mit der Ruhe. Das anschließende "Heels" nimmt dem ganzen Treiben ein wenig Fahrt, und O'Kadi lässt den Instrumenten ein wenig mehr Raum. Das ausgebreitete Keyboard erkennt dabei freilich keine Kitschgrenze an, so dass der Hörer stets Angst hat, dass hier ein Kajalstrich zuviel gezogen wird und Gestik sowie Mimik überstrapaziert werden. Das ändert an der großen Klasse allerdings rein gar nichts, denn Songs wie "Ruins" gehen unmittelbar in die Gehörgänge, verbreiten sich wie ein Virus und werden sich dort lange festsetzen. Nach weiteren Hördurchgängen nimmt man nicht einmal mehr die eigene Außenwelt wahr. Eine somnambule Wirkung ist gewiss.
Doch dann heißt es doch irgendwann "Runter von der Insel": Dem Hörer wird bewusst, dass ihm das alles irgendwie irgendwoher bekannt vorkommt. Joy Division, Interpol, Editors - scheißegal! Man liebt sie doch alle. Sowohl im Herzen als auch auf der Tanzfläche bleibt zwischen ihnen allen für O. Children aber noch Platz zum positiven Auffallen. Dabei ist der größte Kracher der Ghosttrack "Lilly's man", der sich hinter dem offiziell abschließenden "Don't dig" versteckt. Bitte weitersagen.
Highlights
- Dead disco dancer
- Heels
- Ruins
- Lilly's man
Tracklist
- Malo
- Dead disco dancer
- Heels
- Fault line
- Smile
- Ezekiel's son
- Ruins
- Radio waves
- Pray the soul away
- Don't dig
- Lilly's man
Gesamtspielzeit: 50:34 min.
Referenzen
Joy Division; Interpol; Editors; The National; Bauhaus; Nick Cave & The Bad Seeds; The Birthday Party; Gang Of Four; The Fall; Catpeople; She Wants Revenge; The Departure; The Cure; Hypernova; The Mary Onettes; Echo & The Bunnymen; The Mission; The Killers; The Bravery; Elefant; Aveo; The Chameleons; Ride; Death From Above 1979; Chapel Club; The Social; The Sound; VHS Or Beta; Bat For Lashes; I Love You But I've Chosen Darkness; Film School; Escapologists; White Lies; The Cinematics; Diego; Stellastarr*; I Am X; The Boxer Rebellion; The Stills; British Sea Power; Deerhunter; Bloc Party; New Order; The Sisters Of Mercy; Fields Of The Nephilim; Depeche Mode
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