Maroon 5 - Hands all over
Octone / A & M / Universal
VÖ: 17.09.2010
Unsere Bewertung: 2/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Schlechte Zeiten, schlechte Zeiten
Der soziologische Funktionalismus geht davon aus, dass jedes System eine Funktion für die Gesellschaft hat. Dies lässt sich auch auf musikschaffende Systeme - Künstler und Bands - übertragen. Slayer kanalisieren beispielsweise Wut und wirken wie ein reinigendes Blutbad, sie nehmen dem Hörer die bitter nötige Beichte ab. Arcade Fire erinnern mit all ihren sepia-farbenen Impressionen an die Kindheit und evozieren Déjà-vu-Erlebnisse. Und The National operieren dem Hörer das pochende Herz aus dem Körper und stopfen mit Flickzeug die Lecks darin, um ein melancholisches, aber schönes Leben zu ermöglichen. Hier stellt sich selbstredend die Frage: Welche Funktion übernehmen Maroon 5? Nun ja, sie sorgen dafür, dass man vor lauter Wut über diesen fürchterlich belanglosen Poprock das Autoradio aus der Verankerung reißt und mitten unter Fahrt auf den Asphalt schmettert. Ergo kurbeln die fünf Kalifornier die Radio-Industrie an. Immerhin etwas.
"Hands all over" ist tatsächlich ein reines Ärgernis. An die Stelle früherer Plastikpopnummern wie dem harmlos-netten "She will be loved" treten nun funk-infizierte Pop-Sperenzchen, die selbst Rooney zu trivial gewesen wären: Die erste Single "Misery" liefert einen treffenden Beweis für die schöpferische Taubstummheit dieser Herren. Auf "Hands all over" sind sämtliche Refrains noch eine Spur breiter, wobei insbesondere der nasale Halbsprechgesang von Adam Levine auf die Dauer sauer aufstößt. Uuuuh Babe. Die pseudo-funkigen Gitarren sind eine Beleidigung für das Genre, das einst von James Brown und Sly Stone populär gemacht wurde. Selbst Stefan Raabs Blödel-Dada-Komposition "Wadde hadde dudde da?" war von mehr Glaubwürdigkeit geprägt. Maroon 5 verlassen sich nicht nur im maximal unterbelichteten Titelsong auf ihr angestammtes Erfolgsrezept: anzügliche Texte, rhythmisch-stotternde Gitarren und Melodien für den Ein-Dollar-Shop. Kaugummi aufs Trommelfell. Wobei: Das wäre vielleicht eine Hilfe.
Nicht einmal die obligatorischen Halbballaden wissen zu gefallen: "Just a feeling" ist repetitiver Schmuse-Nonsens, der gehörig Zahnschmerzen bereitet. Und selbst die sind angenehmer als die verwegene Überlegung, ob Maroon 5 jemals ein halbwegs innovativer Song gelingen könnte. Immerhin darf der gequälte Hörer gegen Ende des Albums für drei Minuten durchatmen und den Ärger vergessen: Die Cover-Version des Queen-Klassikers "Crazy little thing called love" ist ein Maximum an Peinlichkeit, aber immerhin kompositorisch kein Fehlgriff. Mit "Hands all over" werden Maroon 5 kommerziell wieder einschlagen wie ein Wagenheber Schneidezähne. Die Melange aus Pop, Rock, Funk und den kleinen Soul- und R'n'B-Versatzstücken so unverfänglich ist wie eine Folge "Gute Zeiten, schlechte Zeiten". Das emotionale Auf und Ab der Texte ist vorhersehbare Alltagslyrik, Spannungsbögen sind kaum vorhanden. Hier ist alles Mittel zum Zweck. Unsägliche Beliebigkeit für eine Zielgruppe, die eigentlich gar keine Musik mag. Nur der Autoradiohersteller freut sich. Aber der muss diesen Müll ja auch nicht hören.
Highlights
- -
Tracklist
- Misery
- Give a little more
- Stutter
- Don't know nothing
- Never gonna leave this bed
- I can't lie
- Hands all over
- How
- Get back in my life
- Just a feeling
- Runaway
- Out of goodbyes
- Crazy little thing called love (Acoustic)
Gesamtspielzeit: 43:40 min.
Album/Rezension im Forum kommentieren (auch ohne Anmeldung möglich)
Teile uns Deine E-Mail-Adresse mit, damit wir Dich über neue Posts in diesem Thread benachrichtigen können.
(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
---|---|
besser |
2010-11-17 17:14:59 Uhr
In the mix |
Oliver Ding |
2010-10-03 17:00:36 Uhr
In einer gerechten Welt wäre das Video zu "Misery" nicht gespielt, sondern handfest. |
wat |
2010-10-03 15:48:48 Uhr
wat |
Der letzte große Wal |
2010-10-03 15:13:34 Uhr
Du stellst dir vor, dass in allen Winkeln der Welt Menschen wohnen, und nur durch die Länge der Schatten unterschiedlich sind... |
squander |
2010-10-03 15:04:11 Uhr
haha :D |
Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.
Referenzen
OneRepublic; James Morrison; Justin Timberlake; Rooney; Mika; Train; John Mayer; The Script; The Fray; James Blunt; Keane; Matchbox Twenty; Rob Thomas; Coldplay; John Legend; Daniel Powter; Plain White T's; Daughtry; Jesse McCarthy; Robbie Williams; Backstreet Boys; Taio Cruz; Chris Brown; Scouting For Girls; Kara's Flowers; Brandon Flowers; Savage Garden; Dashboard Confessional; Jamie Cullum; The Feeling; Daniel Merriweather; The Hoosiers; Jamiroquai; Chris Cornell; Blue October; Goo Goo Dolls; Our Lady Peace; Dishwalla; Third Eye Blind; The Verve Pipe
Bestellen bei Amazon
Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv
Threads im Plattentests.de-Forum
- Maroon 5 - Jordi (7 Beiträge / Letzter am 10.02.2022 - 14:01 Uhr)
- Maroon 5 feat. Kendrick Lamar - Don't wanna know (4 Beiträge / Letzter am 17.10.2016 - 20:38 Uhr)
- Maroon 5 - Singles (3 Beiträge / Letzter am 04.12.2015 - 21:03 Uhr)
- Maroon 5 - V (14 Beiträge / Letzter am 06.09.2014 - 14:17 Uhr)
- Maroon 5 - Songs about Jane (166 Beiträge / Letzter am 08.10.2011 - 17:54 Uhr)
- Maroon 5 - Hands all over (29 Beiträge / Letzter am 17.11.2010 - 17:14 Uhr)
- Maroon 5 - It won\'t be soon before long (36 Beiträge / Letzter am 10.11.2007 - 14:14 Uhr)