Brian Wilson - Brian Wilson reimagines Gershwin
Disney Pearl / EMI
VÖ: 17.09.2010
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
Der Bessermesser
Eine Frage der Ehre. Fragt sich nur für wen. Brian Wilson, der immer mal wieder versehentlich als Erfinder der modernen Popmusik ausgerufen wird, hat sich an die Kompositionen des legendären Pianisten George Gershwin herangemacht, der wiederum immer mal wieder vorsichtig als größter amerikanischer Komponist aller Zeiten betitelt wird. Um es auf den Punkt zu bringen: Mit Wilson und Gershwin vereinen sich ein Pionier der modernen Popmusik und ein Visionär von Jazz-, Klassik- und Broadway-Kompositionen. Schade nur, dass der eine sich schon seit mehr als 70 Jahren nicht mehr gegen seine musikalische Ausschlachtung wehren kann.
Doch Wilson weiß um die Bürde und geht ganz behutsam an die Sache ran. Zunächst kramte er mit Gershwins Nachlassverwaltern in dessen Archiv und fand eine ganze Menge Roh-Material: Piano-Arrangements, Melodie-Ideen und Partituren. Dann schneiderte er daraus zwei Songs, die sich hören lassen können: "The like in I love you", das beschwingter Sixties-Pop ist und der so auch überraschenderweise von den Beach Boys hätte komponiert werden können. Der andere Song, "Nothing but love", ist ein fideler Rock'n'Roll-Song, der ordentlich swingt und dem die Sonne aus der Saxofon-Öffnung scheint.
Die großen Gershwin-Hits kommen der Reihe nach: "Summertime", ein Swing, so golden wie einst Berlin. "I've got a crush on you", fidel und freundlich, mit Männerchor und Gitarren-Solo. Da lächelt man selig und schaut den Blättern beim Kampf gegen den Herbstwind zu. Wilson stülpt den Songs einen leichten, beinahe vergnüglichen Sound über, kann die ureigene Melancholie, die Sanftheit und Vorsicht der Gershwin-Songs damit aber nicht überpinseln. Man möchte sagen: Das passt zusammen. Erst recht, wenn der Hörer hinter "I got rhythm" zunächst irritiert einen waschechten verschollenen Beach-Boys-Song vermutet.
"Rhapsody in blue", die heimliche Erkennungshymne New Yorks, wird zur stark verkürzten A-capella-Nummer und lehnt sich damit weit aus dem Fenster: So kannte man Lennons "Because", im Gershwin-Kosmos ist das neu. Als Intro des Albums funktioniert das gut, als Outro übrigens ebenfalls. "Brian Wilson reimagines Gershwin" trifft den richtigen Ton zwischen der Ursprünglichkeit von Popmusik und der Verwebung von Jazz mit Klassik. Wilson sagt dazu: "Neben Irving Berlin hat George Gershwin eigentlich den Popsong erfunden, aber das ist nicht alles. Er hatte eine spezielle Gabe für Melodien, an die niemand anders heranreicht." Der alte Beach Boy muss sich immer mit den Besten messen. Damals, wie heute.
Highlights
- I've got a crush on you
- 's wonderful
- Someone to watch over me
Tracklist
- Rhapsody in blue / Intro
- The like in I love you
- Summertime
- I loves you, Porgy
- I got plenty O'Nuttin
- It ain't necessarily so
- 's wonderful
- They can't take that away from me
- Our love is here to stay
- I've got a crush on you
- I got rhythm
- Someone to watch over me
- Nothing but love
- Rhapsody in blue / Reprise
Gesamtspielzeit: 39:18 min.
Referenzen
George Gershwin; Benny Goodman; Glenn Miller; Duke Ellington; Billy Taylor; Dizzy Gillespie; Miles Davis; John Coltrane; Dave Brubeck; Louis Armstrong; Frank Sinatra; Sammy Davis Jr.; Dean Martin; Peter Lawford; Joey Bishop; Tony Bennett; Perry Como; Johnny Mercer; Tommy Dorsey; Bobby Darin; Bing Crosby; Nat King Cole; Fats Waller; Cab Calloway; James Darren; Harry Connick Jr.; Cherry Poppin' Daddies; Squirrel Nut Zippers; Big Bad Voodoo Daddy; The Quarrymen; The Beatles; Beach Boys
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