Eminem - Recovery

Interscope / Universal
VÖ: 21.06.2010
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

Wie jetzt?
Etwas bizarr wirkte es ja schon, dass Eminems Plattenfirma bereits im März 2009 das übernächste Album des Rap-Megastars ankündigte, nämlich dieses hier. Es geht aber noch seltsamer: Das, was jetzt als "Recovery" erscheint, hätte zunächst "Relapse 2" heißen sollen und die logische Fortführung jener "Relapse"-Scheibe bilden sollen, mit der Marshall Mathers vor einem Jahr spektakulär vom Rap-Altenteil zurückkehrte. Irgendwann wurde dieser Plan jedoch komplett über Bord geworfen. Die Fortsetzung erschien nicht wie geplant im Winter, sondern eben erst jetzt im darauffolgenden Sommer, und dann auch noch unter anderem Titel und ohne die vorab angekündigten Songs und Gastfeatures. Hä?
Aber Eminem wäre nicht der weißeste Bad Boy im Rap-Biz, hätte er nicht auch für diese Verwirrungstaktik eine Erklärung parat: Ohne Pause war er seit der Veröffentlichung von "Relapse" im Studio. Und mit jedem neuen Song, der dabei aus seinem losen Mundwerk hervorpreschte, ergab eine reine Fortsetzung weniger Sinn. Vor allem da der Künstler selbst sein letztes Machwerk mittlerweile mit gemischten Gefühlen sieht. Das klingt fast so, als hätte Eminem für "Recovery" eine komplett neue Richtung eingeschlagen. Und in gewisser Weise stimmt das tatsächlich.
Nicht weniger als sieben Produzenten hatten bei der Entstehung des Albums ihre Finger im Spiel, Haus- und Hofproduzent Dr. Dre durfte bei lediglich zwei Songs die Regler drehen. Rap-übliche Skits? Fehlanzeige. Mathers lässt fast 77 Minuten lang nur die Musik sprechen. Und die ist ausgefeilter denn je. Zwar werden immer noch bekannte Themen angeschnitten, etwa Eminems alles überstrahlender Status in der Rap-Szene oder die Liebe zu seiner mittlerweile pubertären Tochter. Über "Recovery" liegt jedoch, trotz einiger aggressiver Power-Raps, ein hoffnungsvoller Grundtenor, der bei früheren Alben des Meisters so nicht herauszuhören war. Zum Rap-Seelsorger mutiert Eminem zwar nicht, aber viele Texte vermitteln die Zuversicht, Rückschläge wegstecken und aus Misserfolgen gestärkt hervorgehen zu können. Irgendwie passend, dass er sich immer öfter traut, richtig zu singen, etwa bei der gelungenen Single "Not afraid".
Entsprechend der Thematik steht bei den Beats Eingängigkeit ganz oben auf der Prioritätenliste. Dass eingängig aber nicht gleich dumpf ist, beweist etwa der lässige Kopfnickergroove des Openers "Cold wind blows". Gastfeatures gibt es natürlich auch, aber auch die überraschen: P!nk röhrt den Refrain zum Testosteron-Stampfer "Won't back down", R'n'B-Püppchen Rihanna darf hingegen ihr zartes Stimmchen der Ballade "Love the way you lie" leihen. Den Vogel schießt aber der Gastauftritt von Lil' Wayne bei "No love" über ein Sample von Haddaways Eurodance-Gassenhauer "What is love" ab.
Die Auswahl der Gaststars steht durchaus symbolisch für das gesamte Album. Mal sind die sanften Neuerungen gelungen, mal peinlich. Zweiteres trifft auf die beiden letztgenannten Duette, aber vor allem auf das fast schon unsägliche "Going through changes" zu, das Black Sabbaths alten Kitschklumpen noch zusätzlich verschnulzt. Eminems sechstes Studioalbum ist ein Kessel Buntes, das vielfältigste seiner Werke, aber gewiss nicht das beste. An die Intensität des düsteren Meisterwerks "The Marshall Mathers LP" kommt "Recovery" nicht einmal in Ansätzen heran. Fest steht: Slim Shady hat immer noch etwas zu sagen. Was genau? Tut nicht immer etwas zur Sache.
Highlights
- Cold wind blows
- Not afraid
- Cinderella man
- So bad
Tracklist
- Cold wind blows
- Talkin' 2 myself (feat. Kobe)
- On fire
- Won't back down (feat. Pink)
- W.T.P.
- Going through changes
- Not afraid
- Seduction
- No love (feat. Lil Wayne)
- Space bound
- Cinderella man
- 25 to life
- So bad
- Almost famous
- Love the way you lie (feat. Rihanna)
- You're never over
- Untitled
Gesamtspielzeit: 76:56 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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öminom |
2010-08-15 15:07:19 Uhr
mich kotzt bei der aktuellen single an, dass er die offensichtlich geschrieben hat, um in die charts zu kommen um von einer möglichst breiten schicht menschen gehört zu werden (r'n'b-sängerin im eingängigen refrain plus rap = so offensichtlich, so kalkuliert). |
|
2010-08-14 17:49:46 Uhr
the eminem show hat bei pitchfork eine mehr als gute Wertung abbekommen |
hm |
2010-08-14 17:36:21 Uhr
pitchfork ist schon komisch, kayne west wird "vergöttert" und eminem wird in den dreck gezogen. sorry, aber "the eminem show" ist für mich noch immer ein wirklich gutes album und auch wenn ich recovery bei weitem nicht so gut finde bleibt eminem einfach der beste weiße rapper auf unserem planeten. und ja, ich mag den mann. :-) |
Becker&Heller |
2010-06-20 00:20:27 Uhr
Eine Kritik von uns zu diesem Album findet ihr hier: http://www.youtube.com/watch?v=jKnQ06g2lRQ Es sei dem Kollegen Heller verziehen, dass er sein T-Shirt verkehrt herum angezogen hat (Innenseite nach außen) :D Viel Spaß wünschen Deutschlands härteste Musikkritiker |
Leatherface |
2010-06-18 17:09:24 Uhr
Weil ich das erwartet habe. Und vielleicht ist es auch berechtigt. Ich hab das Album zwar nicht gehört und nichts gegen Em, aber ich denke seine Zeit ist einfach abgelaufen. |
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Referenzen
D12; Dr. Dre; Obie Trice; 50 Cent; G-Unit; Stat Quo; Bizarre; Proof; Asher Roth; Bubba Sparxxx; Ca$his; Xzibit; Cex; Sage Francis; Non-Prophets; P.O.S.; Jay-Z; Ludacris; Mystikal; Snoop Dogg; Method Man; Ol' Dirty Bastard; Wu-Tang Clan; DMX; 2Pac; The Notorious B.I.G.; Nas; Busta Rhymes; Flipmode Squad; N.W.A.; Smut Peddlers; Lil' Jon; Masta Ace; Fabulous; Joe Hill; Lil' Wayne; Naughty By Nature; 2 Live Crew; Nelly; Ghostface Killah; The Game; Kanye West; Akon
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